Sozialmedizinische Beurteilung
Die sozialmedizinische Begutachtung krankheitstypischen Beeinträchtigungen im Erwerbs- und Alltagsleben sowie zur Rehabilitationsbedürftigkeit wird bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen erschwert durch die sehr variablen Verläufe, das unterschiedliche Ansprechen auf therapeutische Maßnahmen, den individuellen Umgang der Betroffenen mit Schmerzen und die enge Verzahnung von Funktionsstörungen am Bewegungsapparat und an den inneren Organen.
Grundlagen der sozialmedizinischen Beurteilung
Wegweisend für die sozialmedizinische Beurteilung eines Menschen mit RA sind:
- Einordnung des klinischen Längsschnittverlaufs
- Objektivierbare (bildgebende / laborchemische) Untersuchungsbefunde hinsichtlich des
- Entzündungsniveaus
- Ausmaßes der Funktionsstörungen der betroffenen Gelenke und/oder Wirbelsäulenabschnitte (Bewegungskette, Gebrauchshand)
- Ausmaßes der Funktionsstörungen infolge begleitender viszeraler Manifestationen (Vaskulitiden), Nerven oder Sinnesorgane bei Manifestationen außerhalb des Bewegungsapparates und
- Bewertung des Therapieregimes: Pharmakotherapie (DMARDs, symptomatische analgetische Therapie oder Physiotherapie)
- Ausmaß der Beeinträchtigung durch chronische Schmerzen
Diagnosen
Gelenkbefallmuster
- Diagnostisch und funktionell spielen die Hände bei Menschen mit rheumatoider Arthritis eine besondere Rolle: Typisch ist der distal-symmetrische Befall beider Handgelenke, sehr häufig erkranken - ebenfalls distal symmetrisch - die Metakarpophalangeal- (MCP-) Gelenke und die Interphalangeal- (PIP-) Gelenke
- Initial sind auch oft die Zehengrund- (MTP-) und -mittelgelenke (PIP-) betroffen
- In absteigender Häufigkeit erkranken ebenso Knie-, Ellenbogen-, Sprung- und Hüftgelenke, selten betroffen sind die Temporomandibulargelenke
Achsenbeteiligung
- Die rheumatoide Arthritis der Wirbelsäule betrifft in der Regel die Halswirbelsäule, dabei ist das Ausmaß der HWS-Beteiligung abhängig von der Aktivität der rheumatoiden Arthritis (siehe hierzu Entität: RA > Diagnostische Maßnahme > Fachspezifischer Untersuchungsbefund): Bei einem chronisch-progredienten Verlauf kommt es in 60-70 % zur Arthritis der Atlantookzipital- und der Atlantoaxialgelenke. Dabei sind vor allem die ventrale Dislokation (25-40 %) und die seltenere vertikale Dislokation (0,9-3,7 %, pseudobasiläre Impression) von Atlas und Dens prognostisch relevant.
- Dabei kann es zu Nacken- und Hinterkopfschmerzen, Schädigungen kaudaler Hirnnerven und einem zervikalen Wurzelsyndrom sowie zur Symptomatik einer vertebrobasilären Insuffizienz (mit Symptomen wie Drehschwindel, Tinnitus, Sehstörungen, perioralen Parästhesien, Schluck- und Sprechstörungen, etc.) kommen.
- Im Bereich von HWK 3-7 kann es zur Spondylodiszitis, und Spondylarthritis mit Step-ladder- Dislokation (Stufenleiterphänomen) kommen.
Extraartikuläre und viszerale Manifestationen sowie Komorbiditäten
(siehe hierzu Entität: RA > Diagnostische Maßnahme > Apparative Diagnostik):
Die Krankheitsprognose wird wesentlich durch die Komorbiditäten bestimmt. Diese treten koinzident auf, als Manifestationen der Erkrankung oder infolge von Therapiekomplikationen und Erkrankungen in der Vorgeschichte. Für die Folgeerkrankung gilt, dass das Risiko für deren Auftreten an die Erkrankungsschwere und an die Kontrolle der Krankheitsaktivität gekoppelt ist.
Eher auf den Krankheitsprozess selbst zurückzuführen ist die Zunahme interstitieller Lungenerkrankungen bei RA, die somit die zweithäufigste Todesursache von an RA erkrankten Menschen bedingen. Die kardiovaskuläre Komorbidität ist auf das 1,5- bis 2-fache erhöht und damit einer diabetogenen Stoffwechsellage vergleichbar, das Risiko für eine Herzinsuffizienz ist sogar verdoppelt.
Schmerzen
Bei vorliegenden Funktionseinschränkung an Wirbelsäule und Gelenken ist eine genaue Differenzierung notwendig, ob diese schmerzreflektorisch oder infolge ossär destruierender Prozesse zu erklären sind. Viele Betroffene können auch chronische Schmerzpatienten sein. Infolge ihres individuellen und variablen Verlaufs ist eine Betrachtung im Querschnitts- und Längsschnittverlauf erforderlich, siehe hierzu Leistungsvermögen sowie Chronischer Schmerzen.
Beschreibung der Funktionsstörungen und daraus resultierende Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Teilhabe
Beeinträchtigung von Köperfunktionen und -strukturen
In Zusammenhang mit Erkrankungen der oberen oder unteren Extremität können sich deutliche Einschränkungen der körperlichen Funktionen ergeben:
- Funktion des Auges, des Ohres und mit ihnen in Zusammenhang stehende Strukturen
- Strukturen der Kopf- und Halsregion
- Strukturen der oberen Extremitäten: Ellenbogengelenk, Handgelenk, Struktur der Hand, Gelenke der Hand und Finger, Muskeln der Hand
- Strukturen der unteren Extremitäten: Hüftgelenk, Kniegelenk, Struktur der Knöchelregion und des Fußes
- Struktur des Rumpfes
- Struktur der Wirbelsäule
- Halswirbelsäule
- Weitere mit der Bewegung in Zusammenhang stehende muskuloskelettale Strukturen
- Struktur der Hautregion
Auch die Körperstrukturen können von allgemein anerkannten Normen abweichen:
- Funktionen des Schlafes
- Emotionale Funktionen
- Selbstwahrnehmung und die Zeitwahrnehmung betreffende Funktionen
- Körperschema
- Schmerzen: Generalisierter Schmerz, Schmerz in einem Körperteil, Kopf- und Nackenschmerz, Rückenschmerz, Schmerz in den oberen Gliedmaßen, Schmerz in den unteren Gliedmaßen, Gelenkschmerz
- Funktionen des hämatologischen Systems
- Funktionen der kardiorespiratorischen Belastbarkeit
- Funktionen der Nahrungsaufnahme
- sexuelle Funktionen
- Funktionen der Gelenkbeweglichkeit
- Funktionen der Gelenkstabilität
- Funktionen der Muskelkraft
- Funktionen der Muskelausdauer
- Funktionen der Bewegungsmuster beim Gehen
- Empfindungen von Muskelsteifigkeit
Die aktive Nutzung der oberen wie unteren Extremität sowie des Achsenskelettes ist für eine selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unabdingbar. Einschränkungen auf diesem Gebiet können ein Gefühl von Hilflosigkeit auslösen.
Auswirkungen auf Teilhabe und Aktivität
- Nutzung von Kommunikationsgeräten und-Techniken
- Einnehmen von elementaren Körperpositionen und in einer Körperposition verbleiben können
- Anheben und Tragen von Gegenständen
- Feinmotorischer Handgebrauch
- Hand- und Armgebrauch
- Tragen, Bewegen und Handhaben von Gegenständen
- Gehen und andere Fortbewegungsweisen, Fortbewegung in verschiedenen Umgebungen, Fortbewegungsmöglichkeit unter Verwendung von Geräten/Ausrüstung
- Nutzung von Transportmitteln
- Bedienung eines Fahrzeugs
- Körperhygiene: Körpertoilette, Toilettennutzung, Ankleiden
- Nahrungsaufnahme
- Beschaffung von Waren und Dienstleistung des täglichen Gebrauchs
- Vorbereitung von Mahlzeiten
- Beschaffung von Waren und Dienstleistung des täglichen Gebrauchs
- Zubereitung von Mahlzeiten
- Erledigung von Hausarbeiten
- Aufrechterhaltung von Familienbeziehungen
- Pflege von intimen Beziehungen
- Erholung und Freizeitaktivitäten
- Ausübung von Arbeit und Beschäftigung
- Teilnahme an Aktivitäten des Gemeinschaftslebens
Hier ist darauf zu achten, dass die objektivierbaren Untersuchungsbefunde und das bildmorphologische Material keinen stringenten Hinweis auf die Beeinträchtigung der Teilhabe und Aktivität bieten müssen. Die Schädigung oder Beeinträchtigung einer Extremität oder des Achsenskeletts ist keine statische Diagnose, sondern ein dynamischer Prozess, der durch die fördernde Ausweitung positiver Kontextfaktoren beeinflusst werden kann.
Eine Schlüsselfunktion spielt dabei auch die individualisierte und wirkungsvolle Therapie mit dem Erlangen einer Remission zum Erhalt oder Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit. Ziel sollte dabei sein, Outcome-orientiert die Funktionsfähigkeit einer Person trotz einer Funktionseinbuße einer Extremität oder des Achsenskeletts wieder herzustellen und zu entfalten, wie es von gesunden Menschen erwartet wird. Alltägliche Funktionsabläufe können unter Zuhilfenahme adäquater Hilfsmittel wieder ermöglicht werden.
Wenn die daraus resultierenden Funktions- und Teilhabestörungen die Ausübung der beruflichen Tätigkeit zu beeinträchtigen drohen oder die Erwerbsfähigkeit bereits gefährdet ist, ist die Einleitung einer medizinischen Rehabilitation indiziert. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (siehe unter LTA) wie bspw. die Anpassung des Arbeitsplatzes durch die Nutzung entsprechender Arbeitshilfsmittel oder das Umrüsten eines Kraftfahrzeugs können bei rheumatoid bedingter eingeschränkter Funktion der Extremitäten und des Achsenskeletts dazu beitragen, weiterhin erwerbsfähig bleiben zu können.
Berücksichtigung von umwelt- und personbezogenen Kontextfaktoren
Diese Kontextfaktoren können in förderliche (Förderfaktoren) als auch in hinderliche (Barrieren) unterteilt werden.
Hierbei sind Umweltfaktoren wie materielle Möglichkeiten, Sozialstatus oder die Einstellung der direkten Umwelt zur Erkrankung zu beachten und zu erfragen.
Die personbezogenen Faktoren inkludieren allgemeine und physische Merkmale wie z. B. Alter, Geschlecht oder Gewicht. Diese Faktoren spielen sowohl für die Muskelkraft als auch für die kompensatorischen Möglichkeiten der kontralateralen Extremität eine wichtige Rolle. Ethnische Zugehörigkeit, andere Gesundheitsprobleme, Fitness, Lebensstil, Gewohnheiten, sozialer Hintergrund und die berufliche Tätigkeit sind zu berücksichtigen. Mentale Faktoren wie Persönlichkeit und kognitive Leistung beeinflussen die Einstellung von Gesundheit und Krankheit und beeinflussen die Möglichkeit, körperliche Behinderung zugunsten einer Teilhabe auf allen Ebenen zu kompensieren.
Zu den Kontextfaktoren zählen:
- Einfügen in die individuellen und gesellschaftlichen Wertevorstellungen zu Gesundheit / Krankheit und damit einhergehend die Leistungsfähigkeit (Ist die Einschränkung sichtbar? - führt dies eher zu Unterstützung oder Stigmatisierung?)
- Verfügbarkeit von Hilfsmitteln (Gehhilfen, Orthesen, Prothesen wie orthopädische Schuhzurichtungen und Arbeits- und Lagerungsschienen der Hände bei rheumatoider Arthritis), Umschulungen und betriebsinterne Umsetzungen, Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (ergonomisch angepasst, Sitzschalen und Hocker, Spezialmaus/ ergonomische Tastatur, Stabilitätsgurte, Winkeladaptierte Sitzflächen, Diktiermöglichkeiten)
- Unterstützung durch Hilfspersonen (Begleitpersonen, Arbeitskollegen, Partner*in)
- Zugang zu Dienstleistungen von Verbänden und Vereinen
Siehe hierzu auch im Begutachtungsportal:
Verbindung von Querschnitts- und Längsschnittverlauf
Die Begutachtung erfasst im Verlauf einer chronischen Erkrankung immer nur ein Querschnittsbefund, der durch eine retrospektive und prospektive Längsschnittbetrachtung zu ergänzen ist. Auch bei Funktionsdefiziten (mit Ausnahme fortgeschrittener Fälle mit irreversiblen Gelenkdestruktionen) ist zu unterscheiden, ob diese das Resultat einer längeren Krankheitsentwicklung oder einer Momentaufnahme der aktuellen (sub-) akuten Krankheitssituation sind. Es gilt zu beurteilen, wie sich eine Funktionseinschränkung über Monate bzw. Jahre entwickelt hat und ob es episodisch zu Verschlechterungen kommt.
Allerdings steht die sichtbare und objektiv quantifizierbare Veränderung nicht immer in direktem Zusammenhang mit der empfundenen Symptomschwere.
Bei einer deutlichen Diskrepanz zwischen der Einschränkung des Bewegungsumfanges und der Bildmorphologie sollten auch psychische bzw. psychosomatische Gründe und eine Schmerzchronifizierung in Betracht gezogen werden.
Ausschöpfung therapeutischer Optionen
Alle Patienten sollten von Beginn an bedarfsgerecht in Form einer koordinierten, multidisziplinären Behandlung versorgt werden, die die individuellen medizinischen, psychosozialen, arbeitsbezogenen, verhaltenstherapeutischen und ggf. krankheitsbezogenen finanziellen Probleme aufgreift. Dies erfordert die Zusammenarbeit aller Sektoren (ambulant, stationär) und Einrichtungen. Eine qualifizierte Behandlung muss über Sektorengrenzen hinaus gewährleistet sein. Der Gesetzgeber hat dafür ein Disease Management Programm (DMP) Rheumatoide Arthritis geschaffen (DMP-Anforderungen-Richtlinie, Letzter Aufruf: 05.06.2025).
Bei der Evaluation aller zur Verfügung stehenden Therapieoptionen sollen insbesondere auch nicht medikamentöse Therapieverfahren (Physiotherapie, physikalische Therapie, Sport- und Bewegungstherapie sowie Eigenübungen), wie auch Therapiemodifikationen oder -intensivierungen sowie Komorbiditäten bedacht werden. Ebenso sollten bisherige Leistungen zur Teilhabe (z.B.: medizinische Rehabilitation, Funktionstraining, Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben) auf Ihre (Re-) Indikation geprüft werden.
Krankheitsbewältigung
Bei Funktionseinschränkungen von Extremitäten oder chronischen Schmerzsyndromen ist ein psychotherapeutischer Ansatz zur Verarbeitung der Krankheitssituation von großer Bedeutung. Weiterhin sind schmerz- und psychotherapeutische Behandlungen zu erfragen.
Medizinische Rehabilitation
Eine medizinische Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung sollte durchgeführt werden bei gefährdeter oder bereits geminderter Erwerbsfähigkeit und, wenn diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgewendet oder wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Der konzeptionelle Schwerpunkt sollte hierbei auf nicht akut entzündlichen Funktionsdefiziten liegen. Dies kann zutreffen bei anhaltenden rheumatologisch bedingten Funktionsstörungen, die trotz fachspezifischer adäquater Behandlung im Rahmen ambulanter oder stationärer Akutversorgung fortbestehen. Eine medizinische Rehabilitation bei Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sollte krankheitsbegleitend und -adaptiert durchgeführt werden und kann im Verlauf dieser chronischen Erkrankung auch wiederholt indiziert sein.
Menschen mit RA haben oftmals einen hohen und frühzeitigen Bedarf an Leistung zur medizinischen Rehabilitation, da sie häufig noch im Erwerbsleben stehen und einem hohen Risiko dauerhafter Einschränkungen von Funktion und Aktivitäten im Alltag sowie der sozialen Teilhabe ausgesetzt sind. Das multimodale Therapiekonzept der medizinischen Rehabilitation ist daher besonders geeignet, da neben der Behandlung der Grunderkrankung sowie resultierenden Funktionseinschränkungen häufig die Eingewöhnung /Erprobung von Hilfsmitteln bis zur ergonomischen Arbeitsplatzausstattung eingeleitet werden, aber auch eine Arbeitsplatzerprobung durchgeführt werden kann und so Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben optimal ineinandergreifen können.
Auch Komorbiditäten der rheumatoiden Arthritis treten sowohl koinzident auf als auch als Manifestation der Erkrankung. Soweit noch nicht geschehen, sollte im Rahmen der rheumatologischen Rehabilitation daher das Vorhandensein und das Ausmaß komorbider Erkrankungen (insbesondere kardiovaskulär, interstitiell-pulmonal, diabetogen, osteologisch-osteoporotisch und psychologisch) erhoben werden sowie im interdisziplinären Setting aufgeklärt, geschult und mitbehandelt werden (siehe hierzu auch Entität: RA > Diagnostische Maßnahme > Extraartikuläre und viszerale Manifestationen und Komorbiditäten). Im Rahmen der Rehabilitation sind neben Funktionstraining und Ergotherapie auch eine Schulung sowie eine psychosoziale Betreuung obligatorisch, in der u. a. Schmerzbewältigungsstrategien vermittelt werden. Die Bewegungstherapie verfolgt das Ziel, den negativen Effekten der RA in Hinblick auf eine abnehmende Muskelkraft sowie einer reduzierten kardiopulmonalen und muskulären Ausdauer (Belastbarkeit) durch die planmäßige und gezielte Anwendung von dynamischen Trainingsprogramme entgegenzuwirken (siehe hierzu Entität: RA > Therapie > Nicht-medikamentöse Interventionen in der multidisziplinären Behandlung > Bewegungstherapie und Sporttherapie).
Rehabilitationsbedarf
Anhaltspunkte zur Beurteilung des Rehabilitationsbedarfs ergeben sich aus:
- Ausbleiben einer wesentlichen Besserung hinsichtlich funktioneller Einschränkungen im Alltag, hinsichtlich der Mobilität und Gelenkfunktion innerhalb der ersten sechs Monate der Erkrankung unter laufender Therapie
- hohe Anforderungen an die Handgeschicklichkeit, Einschränkungen der Greifkraft und Feinmotorik
- Länge der möglichen Gehstrecke, Einschränkungen beim Treppensteigen und bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel
- Bestehende Risikoindikatoren für Funktionsstörungen oder Beeinträchtigung:
- Viele betroffene Gelenke, Gelenkbefallsmuster (obere und/oder untere Extremitäten, kleine und/oder große Gelenke, Befall der Gebrauchshand), Früherosivität
- Befall des Achsenorgans (HWS, BWS, LWS, ISG), über das Altersmaß hinausgehende Funktionseinschränkungen im Bereich der HWS
- Extraartikuläre und viszerale Manifestationen wie subkutane Rheumaknoten, Sehnenscheidenentzündungen, Sehnenrupturen, Karpaltunnel- und Tarsaltunnelsyndrom, Pleuritis, Perikarditis, Amyloidose (Niere)
- Begleiterkrankungen (z. B. Osteoporose, kardiovaskuläre Erkrankungen, Depressionen oder Diabetes mellitus) die Behandlung und Funktionsfähigkeit zusätzlich erschweren
- Komplexem Schulungsbedarf
Rehabilitationsfähigkeit
Die Rehabilitationsfähigkeit zählt zu den sozialmedizinischen Voraussetzungen, die für die Gewährung einer Rehabilitationsmaßnahme herangezogen werden. Unter Rehabilitationsfähigkeit versteht man die Fähigkeit zur Teilnahme an einer geeigneten Rehabilitationsmaßnahme. Diese umfasst zwei Bereiche:
- Körperliche Voraussetzungen: Dazu zählen die Reisefähigkeit (Mobilität), die Fähigkeit zur selbstständigen Versorgung in der Rehabilitationseinrichtung sowie die körperliche Belastbarkeit.
- Psychische Voraussetzungen: Dazu zählen sowohl die Bereitschaft an der Rehabilitation mitzuwirken, die Rehabilitationsmotivation als auch die psychische Belastbarkeit.
Die Beurteilung der Reha-Fähigkeit ergibt sich aus den Beeinträchtigungen in den Aktivitäten und bei der Teilhabe unter Einschluss von Kontextfaktoren.
Auch bei höhergradigen Funktionseinschränkungen und anhaltenden (aber nicht immobilisierenden) Schmerzen mit Bedarf einer multimodalen Schmerztherapie kann Reha-Fähigkeit vorliegen. Dagegen sind Patientinnen mit einem akut-floriden Krankheitsgeschehen nicht Reha-fähig, sodass zunächst ambulant die Einleitung eines effektiven Therapieregimes erfolgen sollte. Auch schwere kardiovaskuläre oder andere unkontrollierte Organkomplikationen bei extraartikulären Manifestationen stehen dieser entgegen.
Die medizinischen Voraussetzungen der Anschlussrehabilitation (AHB) der DRV gelten im AHB-Indikationskatalog (Stand: 09/2024) für die Indikationsgruppe 3 der entzündlich-rheumatische Krankheiten für Arthritiden aus dem rheumatischen Formenkreis bei Funktionseinschränkungen, komplexem Schulungsbedarf, und anhaltenden Schmerzen mit Bedarf einer multimodalen Schmerztherapie sowie nach rheuma-chirurgischem Eingriff (z.B. einem endoprothetischen Gelenkersatz). Dabei ist die Reha-Fähigkeit von besonderer Bedeutung, denn nur dann sind die Patient*innen in der Lage, das therapeutische Angebot der Rehabilitation wahrnehmen zu können.
Rehabilitationsprognose
Für eine eher günstige Rehabilitationsprognose sprechen
- kurzer Erkrankungsverlauf
- fehlende oder geringe Krankheitsaktivität
- gutes Ansprechen auf die Medikation oder noch nicht ausgereizte medikamentöse Therapie
- geringe Gelenk- oder Sehnendestruktionen
- fehlender Befall der Wirbelsäule
- fehlende viszerale Manifestation
Für eine eher ungünstige Rehabilitationsprognose sprechen
- langwieriger oder progressiv destruierender Verlauf
- schwere Beeinträchtigungen der Hand- und/oder Fußfunktion
- nur geringes Ansprechen bei ausgereizter medikamentöser Therapie und damit eingeschränkter Rehabilitationsfähigkeit
- hoher Bedarf an Kortikosteroiden
- Mehrfachversorgung mit Endoprothesen
- Befall der Halswirbelsäule mit Spondylodiszitis und/oder Instabilität
- viszerale Manifestationen an Pleura und/oder Perikard
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stellen den Bereich der Leistungen zur Teilhabe dar, der die Leistungen zur Erhaltung oder zur Erlangung eines Arbeitsplatzes, zur beruflichen Anpassung, Berufsvorbereitung, Fort- und Weiterbildung, Ausbildung und Qualifizierung sowie finanzielle Hilfen umfasst.
Durch entsprechende ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und Versorgung mit technischen Hilfsmitteln wie bspw. einer ergonomischen Tastatur / Maus, einem Diktiergerät oder einem elektrischen Locher kann in vielen Fällen der Verbleib am alten Arbeitsplatz erreicht werden. Mittels entsprechender Kraftfahrzeughilfen kann Mobilität erhalten werden und die Erreichbarkeit (und damit der Erhalt) des Arbeitsplatzes sichergestellt werden. So können bspw. Schwierigkeiten beim Drehen des Kopfes mit Einschränkungen des Blickwinkels durch Installation eines Videoassistenzgeräts kompensiert werden oder Ein- und Ausstiegshilfen eine eingeschränkte Hüftgelenksmobiltät beim Führen eines Kraftfahrzeugs ausgleichen.
Sind die qualitativen Einschränkungen beispielsweise bezüglich der Arbeitsschwere und der Feinmotorik nicht mehr mit den Anforderungen am Arbeitsplatz zu vereinbaren, ist zu prüfen, ob eine Umsetzung innerhalb der Arbeitsstätte möglich ist (bspw. vom Außendienst in den Innendienst), oder ob eine ausreichende Belastbarkeit für eine Qualifizierung durch Fort-, Aus- und Weiterbildung besteht.
Weitere Möglichkeiten zum Verbleib am Arbeitsplatz sind zu erwägen (beispielsweise Arbeitszeitregelungen, Minderleistungsausgleich oder Budget für Arbeit).
Leistungsvermögen
- Zuletzt ausgeübte Tätigkeit
- Herkunftsberuf
- Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
Grundsätzlich gilt:
Das Leistungsvermögen im Erwerbsleben kann bei entzündlichen Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems beeinträchtigt sein durch:
- Einschränkungen des Greifraums, der Greifkraft und Feinmotorik
- Einschränkungen beim Heben und Tragen
- Einschränkungen des Geh- und Stehvermögens
- Einschränkungen beim Sitzen, Hocken, Knien und Treppensteigen und
- Einschränkungen beim Bücken, beim Drehen des Rumpfes und Kopfes und Einschränkungen des Blickwinkels
Einschränkungen von spezifischen Organfunktionen im Rahmen der Systembeteiligung (zum Beispiel kardial, pulmonal) sind bei der Beurteilung des Leistungsvermögens mit zu berücksichtigen.
Für die Auswirkungen auf das muskuloskelettale Systems der oberen und unteren Extremität in der Indikation Rheumatoide Arthritis gibt es übergreifend sieben Begutachtungskriterien (Stabilität, Beweglichkeit, Muskulatur, Gelenkflächen, Achsenabweichungen, Längendifferenz, Reizzustände), welche sowohl in das qualitative als auch quantitative Leistungsvermögen einbezogen werden müssen.
Obere und untere Extremität
Stabilität
- Obere Extremität
- Geringere Gewichtsbelastung an der oberen Extremität: Auffällige Weichteilbefunde haben deswegen eine höhere Relevanz als knöcherne Veränderungen.
- (Teil-) Instabilitäten können damit eher zu Einschränkungen des qualitativen als des quantitativen Leistungsvermögens führen.
- Untere Extremität
- Hohe axiale Gewichtsbelastung der unteren Extremität, dadurch hohe Relevanz für Knochen-/ Knorpel-/ Gelenk – Veränderungen
- Obere Extremität
Beweglichkeit
- Obere Extremität
- Wichtig ist der Greifraum der Arme vor dem Körper, dabei ist der Einsatz bis ca. zur Horizontalen im Schultergürtel von Bedeutung.
- Für Büro- / Schreibtischtätigkeiten reicht eine horizontale Elevation im Schultergelenk von 60 Grad.
- Die Motorik der Hände ist nur schwer zu kompensieren und sollte individuell auf das Tätigkeitsfeld betrachtet werden.
- Untere Extremität
- Eine ausreichende Funktionalität von Hüft- und Kniegelenken ist auch für sitzende Körperhaltungen zu fordern
- Ein Extensionsdefizit schränkt das Gangbild ein.
- Bei einer Beugefähigkeit von über 80° ist das Sitzen im Allgemeinen nicht wesentlich eingeschränkt.
- Ein Streckdefizit im Knie kann bis zu 5° gut kompensiert werden, ab 20° kommt es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gangabwicklung.
- Eine Beugefähigkeit von 90° im Hüftgelenk und im Kniegelenk reicht für den Einsatz im alltäglichen Leben.
- Bei einer erheblichen Einschränkung der Beugefähigkeit in Hüft- und Kniegelenk gibt es Einschränkungen beim Treppensteigen, bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie beim Einnehmen des tiefen Hocksitzes.
- Beim Sprunggelenk ist die Stabilität bedeutsamer als die endgradige Beweglichkeit.
- Eine leichte Beeinträchtigung der Dorsalextension im oberen Sprunggelenk von 10° wird gut toleriert, darüber hinaus kann es zu Schwierigkeiten des Abrollvorgangs des Fußes kommen.
- Bis zu 25°-30° Flexion im Sprunggelenk genügen für ein unauffälliges Gangmuster.
- Beeinträchtigung im unteren Sprunggelenk führen zur Behinderung der Fußkantung und damit zur Beeinträchtigung beim Gehen auf unebenem Gelände.
- Eine Streckbehinderung im Großzehengrundgelenk und auch in den langen Zehengrundgelenken beeinträchtigen das Abrollen des Fußes in der letzten Gangphase.
- Obere Extremität
Muskulatur
- Obere Extremität
- Die Differenz der Umfänge am Oberarm kann bei starkem körperlichen Einsatz bis zu 1,5 cm - und am Unterarm bis zu 1 cm betragen.
- Der Muskelumfang ist ein empfindlicher Parameter für den zeitlichen Einsatz der betroffenen Extremität.
- Die Tonus-Bestimmung ist immer abhängig von der Mitarbeit des Patienten.
- Untere Extremität
- Der Muskelumfang ist ein empfindlicher und im Seitenvergleich objektivierbarer Parameter für den zeitlichen Einsatz der betroffenen Extremität.
- Die Tonus-Bestimmung ist immer abhängig von der Mitarbeit des Patienten.
- Auch klinisch deutlich sichtbare Defekte der Oberschenkelmuskulatur, z. B. bei Zustand nach Muskelfaserriss, sind bezüglich der Belastbarkeit in den meisten Fällen irrelevant.
- Obere Extremität
Für das Führen eines Kraftfahrzugs ist eine ausreichende Kraftentwicklung als auch Gelenkbeweglichkeit im rechten Sprunggelenk Voraussetzung für das Bedienen des Gas- und Bremspedals.
Gelenkflächen
- Obere Extremität
- Eine Inkongruenz ist aufgrund der geringen axialen Belastung weniger bedeutungsvoll als bei der unteren Extremität.
- Prädilektionsstellen des rheumatischen Formenkreises: Ulnaköpfchen, Langfingergrundgelenke und -mittelgelenke
- Charakteristische Deformitäten der Hand bei aggressivem Krankheitsverlauf oder unzureichender Therapie werden als rheumatische Hand bezeichnet, siehe Kapitel 1.2.1.2., fixierte Deformitäten im Fingerbereich:
- Ulnardeviation der Finger
- Knopflochdeformität
- Schwanenhalsdeformität
- Atrophie der Musculi interossei, des Hypo- und des Hyperthenars
- Verkürzung der Handwurzel
- Subkutane Rheumaknoten
- Nagelfalz-Vaskulitis
- An den Füßen können ebenfalls Deformitäten auftreten, dazu gehören:
- Hallux valgus
- Hammerzehen
- Krallenzehen
- Untere Extremität
- Inkongruenzen sind bei der unteren Extremität aufgrund der hohen axialen Belastung von großer Bedeutung.
- Es kommt zu belastungsabhängigen Schmerzen und zu einem Auftreten bzw. Fortschreiten einer Arthrose.
- Obere Extremität
Achsenabweichungen
- Obere Extremität
- Für den täglichen Einsatz in der Regel ohne wesentliche Relevanz
- Für den täglichen Einsatz in der Regel ohne wesentliche Relevanz
- Untere Extremität
- Meist idiopathisch oder posttraumatisch
- Aufgrund der axialen Belastung häufig konsekutiv asymmetrische Gelenksbeanspruchung mit Begünstigung einer sekundären Arthrose.
- Durch resultierende vermehrte muskuläre Kraftanforderung kann es auch gehäuft zu Insertionstendinopathien kommen.
- Obere Extremität
Längendifferenzen
- Obere Extremität
- Unterschiede bis zu 2-3 cm sind ohne wesentliche Relevanz
- Unterschiede bis zu 2-3 cm sind ohne wesentliche Relevanz
- Untere Extremität
- Beinlängenunterschiede ab 1 cm sind ausgleichsbedürftig. Sie führen zu einer asymmetrischen Belastung der Iliosakralgelenke und Kompensation der Wirbelsäule und damit zu entsprechenden Schmerzbildern.
- Beinlängendifferenzen bis zu 3 cm sind durch entsprechende Schuhzurichtungen problemlos ausgleichbar.
- Obere Extremität
Reizzustände
- Obere Extremität
- Insertionstendinosen können in den Kontext der beruflichen Tätigkeit eingebettet werden.
- Insertionstendinosen können in den Kontext der beruflichen Tätigkeit eingebettet werden.
- Untere Extremität
- Zeigen sich durch Funktionseinschränkungen mit Druckschmerzempfindlichkeit der entsprechenden Gelenke, häufige und rezidivierende Schwellungen oder Insertionstendinopathien.
- Obere Extremität
Für die Auswirkungen auf die Wirbelsäule werden neben den Funktionen Stabilität, Beweglichkeit und Muskulatur auch die Kriterien Schutzfunktion, Reizzustände, Schmerzempfinden und Mobilität berücksichtigt.
Siehe hierzu auch im Begutachtungsportal:
Wirbelsäule
Stabilität
- Störungen der Stabilität gehen überwiegend von der Brust- und Lendenwirbelsäule aus.
- Abweichungen in der Wirbelsäulenausrichtung (Hohl- oder Rundrücken, Flachrücken, Skoliose) mindern die Tragfähigkeit des Achsenorgans.
- Instabilitäten der Wirbelsäule führen zu Schmerzen bei Haltungskonstanz, z. B. bei längerem Stehen oder Sitzen. Sie können daher zu Beeinträchtigungen des qualitativen Leistungsvermögens führen.
Beweglichkeit
- Durch eine Störung des Zusammenspiels von Muskulatur, Bandapparat, Bandscheiben und Gelenken kommt es zur Beeinträchtigung der dynamischen Funktion der Wirbelsäule, betroffen sind hauptsächlich HWS und LWS.
- Bewegungseinschränkungen der HWS vermindern die rasche Orientierung im Raum, wodurch einige Tätigkeiten eingeschränkt sein könnten, z. B.: Arbeiten am Bau, Führen eines Kraftfahrzeugs, Montagearbeiten, Überkopfarbeiten etc..
- Bewegungseinschränkungen der BWS und LWS können das Heben, Tragen, Ziehen und Schieben von Lasten, das Bücken und das Arbeiten in Zwangshaltungen beeinträchtigen. Bei schweren Bewegungseinschränkungen können ebenfalls das Gehen, Stehen und das Steigen auf Leitern und Gerüsten eingeschränkt sein.
- Nach Fusionsoperationen an der HWS und bei persistierenden Lähmungen der Arm- oder Beinmuskulatur sollten Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie das Arbeiten auf unebenen Geländen vermieden werden.
- Schonhaltungen und Meidung von Bewegung führen zu weiterer Immobilität.
- Kälte, Nässe und Zugluft können Verspannungen der Rückenmuskulatur auslösen oder verstärken und damit die Beweglichkeit negativ beeinflussen.
Muskulatur
- Durch vorwiegend statische Bewegungen im Alltag kommt es zu einer fehlerhaften oder ausbleibenden Ausbildung einer adäquaten Rückenmuskulatur.
- Rückenschmerzen sind die Folge von falscher Belastung oder mangelnder Leistungsfähigkeit der Muskulatur.
- Psychischer Stress kann zu Verspannungen führen und damit die Muskelkraft beeinflussen.
- Die Symmetrie der Muskulatur gibt Aufschluss über die aktuelle Funktion des Halteapparates.
- Die Funktion der Kennmuskeln der Extremitäten lässt Rückschlüsse auf neurologische Komplikationen zu.
Schutzfunktion
- Die intakte Wirbelsäule schützt Rückenmark und Nervenwurzeln vor Beschädigungen.
- Druck auf die Nervenwurzeln kann Schmerzen und Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet der betroffenen Nervenwurzel auslösen. Die Muskeleigenreflexe können abgeschwächt sein oder ausfallen.
- Funktionsstörungen durch Affektion von Rückenmark oder Nervenwurzel manifestieren sich überwiegend an den Extremitäten. Es können an den oberen Extremitäten qualitative Einschränkungen für feinmotorische Tätigkeiten oder Tätigkeiten mit festem Griff resultieren. Für die unteren Extremitäten kann es zu zeitweisen Veränderungen der Gangsicherheit und der Gehstrecke kommen.
Reizzustände
- Zeigen sich meist durch Funktionseinschränkungen mit Druckschmerzempfindlichkeit der entsprechenden Wirbelsäulenabschnitte.
- Entsprechend der neuronalen Konstellationen können Läsionen der Halswirbelsäule zu zervikozephalen Syndromen mit entsprechenden Einschränkungen führen. Eine zusätzliche neuropsychologische Begutachtung kann in seltenen Fällen erforderlich sein.
Schmerzempfinden
- Es sei auf den Abschnitt „Chronische Schmerzstörungen“ verwiesen, in welchem dieses ausführlich erörtert wird. (Verlinkung)
- Der Einfluss psychosomatischer Aspekte auf die Schmerzwahrnehmung im Rücken kann von Bedeutung sein und sollte entsprechend berücksichtigt werden.
Mobilität
- Es ist zu prüfen, ob durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eine vorliegende Einschränkung der Mobilität wiederhergestellt werden kann.
Siehe hierzu auch im Begutachtungsportal:
Qualitatives Leistungsvermögen
Positives Leistungsvermögen
- Arbeitshaltung: überwiegendes Sitzen sollte möglich sein, je nach Gelenkbefall auch überwiegendes Gehen und Stehen.
- Arbeitsschwere: Bei ausgeprägten deformierenden und destruktiven, irreversiblen Veränderungen können mittelschwere bis schwere Tätigkeiten beeinträchtigt sein
- Arbeitsorganisation: Bei ausgedehnter Morgensteifigkeit kann es notwendig werden nur in Tagesschichten zu arbeiten. Nachtschicht sind in Abhängigkeit des Krankheitsverlaufs und der Nebenwirkungen der immunmodulierenden Therapie möglich
Negatives Leistungsvermögen
Einschränkungen können sich zum Beispiel bei den folgenden erwerbsrelevanten Anforderungen ergeben für:
- Tätigkeiten in Zwangshaltung (Vermeiden von monotonen Bewegungsabläufen, Möglichkeiten des Haltungswechsel nutzen)
- Belastungen durch Heben und Tragen von Lasten
- Arbeiten im Hocken, Knien und Überkopfarbeiten
- Treppensteigen am Arbeitsplatz
- Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten
- Begehen von unebenem Untergrund
- Arbeiten in Kälte und Nässe
- Arbeiten mit überdurchschnittlichen oder durchschnittlichen Anforderrungen an die Greifkraft und/oder die Feinmotorik der Hände
- Akkordarbeit
Quantitatives Leistungsvermögen
Einteilung
- sechs Stunden und mehr pro Tag
- drei bis unter sechs Stunden pro Tag
- unter drei Stunden pro Tag
Bei früh einsetzender Therapie mit anhaltender Remission gelingt es oft, das Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten zu erhalten.
Bei persistierend hohen Entzündungswerten ohne Krankheitsremission, bei bestehenden Kontraindikationen für eine effektive Therapie und dabei ausbleibender Remission, bei stark eingeschränkter Funktionsfähigkeit der Hände sowie multiplen endoprothetischen Eingriffen, kann das Leistungsvermögen aufgehoben sein.
Voraussichtliche Dauer der Leistungseinschränkung
Trotz deutlicher Fortschritte der medikamentösen Behandlung in den letzten Jahren kommt es bei etwa 30 % bis 40 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis zu alltagsrelevanten Einschränkungen der Funktionsfähigkeit und der Teilhabe am sozialen Leben, zu Arbeitsunfähigkeit und/oder Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Die rheumatische Entzündung verschiedener kardialer Strukturen kann eine Perikarditis, Myokarditis oder Endokarditis (auch mit Beteiligung des Erregungsleitungssystems mit AV-Blockierungen) bedingen. Funktionelle Auswirkungen, zum Beispiel in Form einer Herzinsuffizienz, kommen bei allen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vor. Die Mortalität rheumatischer Erkrankungen im Langzeitverlauf ist vor allem durch die Zunahme kardiovaskulärer Komplikationen erhöht. Deshalb sollte das kardiovaskuläre Risikoprofil in Kooperation mit der Primärversorgung regelmäßig, zum Beispiel alle 5 Jahre, evaluiert werden.