Deutsche Rentenversicherung

Rückenschmerzen

Sozialmedizinische Beurteilung
Stand: 04.03.2024

 

Grundlagen der sozialmedizinischen Beurteilung

Die sozialmedizinische Beurteilung erfolgt auf verschiedenen Grundlagen. Hierzu gehören insbesondere die (belastungsabhängigen) Bewegungseinschränkungen unter Berücksichtigung der kompensatorischen Möglichkeiten und therapeutischen Optionen und den daraus resultierenden Funktionseinschränkungen. Dabei sind Aktivität und Teilhabe immer in der Beeinflussung der individuellen Kontextfaktoren zu betrachten. Die Sachaufklärung soll so ausgerichtet sein, dass eine Aussage über das quantitative und qualitative Leistungsvermögen getroffen werden kann.

Als Grundlagen der sozialmedizinischen Beurteilung fungieren:

  • Diagnosen benennen
  • Beschreibung der Funktionseinschränkungen und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Aktivitäten
  • Ausprägungsgrad der Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Anforderungen am Arbeitsplatz
  • Ausschöpfung therapeutischer Optionen
  • Hinweise auf bislang eingeschränkte Durchführung von Therapieoptionen

Beschreibung der Funktionseinschränkung und daraus resultierende Beeinträchtigung der Aktivitäten

Eine alleinige biomedizinische Betrachtung von Rückenschmerzen und der daraus resultierenden Befunde ist für die Begutachtung von Versicherten nicht ausreichend.

Die Altersstruktur hat erheblich zugenommen und damit auch das Spektrum der Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems, vor allem in Hinsicht auf die Chronifizierung. Davon sind auch die Erwerbstätigkeit, die Selbstversorgung und sämtliche andere Lebensbereiche betroffen. Somit gewinnt der biopsychosoziale Aspekt bei der medizinischen Begutachtung zunehmend an Bedeutung.

Um die Versicherten vollumfänglich zu begutachten, spielt die Kenntnis des gesamten Lebenshintergrundes mit Blick auf das berufliche Spektrum innerhalb der persönlichen Alltagsbedingungen eine wichtige Rolle. Die Nutzung des ICF ermöglicht eine ergebnisorientierte Möglichkeit, die Auswirkungen von Rückenschmerzen auf verschiedenen Ebenen zu beschreiben. Der Ausgangspunkt bleibt eine Störung von Struktur und / oder Funktion des Rückens. Dieses Gesundheitsproblem, welches mittels ICD 10 bei jedem Menschen gleich kodiert wird, kann sowohl in verschiedenen Stadien als auch im Kontext unterschiedlicher Menschen stark variierende Auswirkungen haben. Deswegen inkludiert die ICF zu den Störungen von Struktur und Funktion auch Störungen von Aktivität und Teilhabe. Die Teilhabe beschreibt dabei das Einbezogensein in verschiedenen Situationen wie Freizeit-, Familien- und Arbeitsleben. Da für alle Bereiche die aktive Nutzung des Rückens zur Bewegung und Fortbewegung unabdingbar ist, ist hier eine genaue und differenzierte Betrachtung erforderlich. Gerade die Anpassung und der Ausbau der eigenen Wohnung, des Kraftfahrzeuges und des eigenen Haushaltes nehmen dabei eine Schlüsselrolle bei Erkrankungen des Rückens ein, um weiter Teilhabe an einem selbstbestimmten Leben zu haben. Bei der Betrachtung der Teilhabe müssen die positiven und negativen Aspekte differenziert werden. Positiv wäre beispielsweise, dass trotz einer Skoliose mit Korsettversorgung der Versicherte einen vergleichbar normalen Bewegungsumfang hat und damit weiter seinem sportlichen Hobby nachgehen kann. Negativ wäre eine eingeschränkte Beweglichkeit, beispielsweise aufgrund einer komplikationsbehafteten Korsettanpassung und damit einhergehend der Verlust der Teilhabe an Sportaktivitäten.

In Zusammenhang mit Erkrankungen des Rückens ergeben sich in Abhängigkeit der speziellen Diagnose deutliche Einschränkungen der körperlichen Funktionen:

  • Funktionen der Gelenkbeweglichkeit
  • Funktionen der Gelenkstabilität
  • Funktionen der Muskelkraft (Kraft der Rumpfmuskeln)
  • Funktionen des Muskeltonus
  • Mit den Funktionen der Muskeln und der Bewegung in Zusammenhang stehenden Empfindungen
  • Funktionen der Bewegungsmuster beim Gehen und Gehstrecke prüfen

Auch die Körperstrukturen können von allgemein anerkannten Normen abweichen:

  • Struktur des Rumpfes
  • Struktur der Halswirbelsäule
  • Struktur der Brustwirbelsäule
  • Struktur der Lendenwirbelsäule

Beeinträchtigung der Teilhabe und Aktivität

  • Beeinträchtigung der Fortbewegung (Isolation)
  • Aufrechterhalten persönlicher Beziehungen / Sozialkontakte (Eheprobleme)
  • Mobilitätsbedingte Einschränkungen (Rückzugstendenzen)
  • Beeinträchtigung bei Haus- / Gartenarbeit
  • Selbstversorgung (Essen, Trinken, Körperpflege)

Im zweiten Schritt steht die Eruierung der Kontextfaktoren. Diese können ebenfalls positive als auch negative Auswirkungen auf die Situation haben. Grundsätzlich sind Schreibtischarbeitsplätze entsprechend der Vorgaben der DGUV ergonomisch gestaltet. Positiv kann darüber hinaus ein höhenverstellbarer Schreibtisch sein, um einen Haltungswechsel vom Sitzen zum Stehen zu ermöglichen, sofern Arbeitsgeräte auf dem Schreibtisch stehen. Ansonsten kann für den Wechsel zwischen Sitzen und Stehen auch ein Stehpult dienen. Negativ wären eine fehlende Hilfsmittelversorgung und damit einhergehende Probleme bei der Bewältigung des Arbeitsweges und anderer Aktivitäten.

Zu den Kontextfaktoren zählen: 

  • Die Verfügbarkeit von Hilfsmitteln (Orthesen)
  • Die Möglichkeit, Hilfsmittel am Arbeitsplatz zu integrieren (z. B.: spezielle Stühle, höhenverstellbare Schreibtische, Stehpulte)
  • Die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (ergonomische Formschalen für Stühle)
  • Unterstützung durch Hilfspersonen
  • Zugang zu Dienstleistungen von Verbänden und Vereinen (Barrierefreiheit)
  • Einfügen in die individuellen und gesellschaftlichen Wertevorstellungen, was Gesundheit / Krankheit und die damit einhergehende Leistungsfähigkeit bedeutet (Ist die Einschränkung sichtbar? Falls ja, führt dies eher zu Unterstützung oder Stigmatisierung?)

Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Kontextfaktoren sowohl Umweltfaktoren als auch personbezogene Faktoren sind. Hierbei sind Umweltfaktoren, wie z. B. materielle Möglichkeiten, Sozialstatus oder die Einstellung der direkten Umwelt zur Erkrankung, zu beachten und zu erfragen. Des Weiteren sind die personbezogenen Faktoren anamnestisch zu eruieren. Dies inkludiert allgemeine und physische Merkmale wie z. B. Alter, Geschlecht oder Gewicht. Mentale Faktoren wie Persönlichkeit und kognitive Leistung beeinflussen stark den Willen trotz einer körperlichen Beeinträchtigung eine adäquate Teilhabe zu erleben. In diesem Zusammenhang ist auch die Einstellung von Gesundheit und Krankheit wichtig, da es gerade optimistischen und extrovertierten Menschen leichter fällt, sich an neue Situationen zu gewöhnen und trotz körperlicher Einschränkungen ihr Leben vollumfänglich anzupassen. Eine wichtige Aufgabe besteht darin, die Schädigung der Körperfunktionen und die Schädigung der Körperstruktur in Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der Aktivität zu bringen. Damit ist gemeint, inwieweit der Versicherte bei der Durchführung seiner berufsbezogenen Aktivitäten und Freizeitaktivitäten eingeschränkt ist oder in gewissen Lebenssituationen oder -bereichen nicht mehr teilhaben kann. Zu berücksichtigen ist dabei das Erleben des Versicherten im Alltag, welches keine Korrelation mit dem bildmorphologischen Befund haben muss. Hier ist darauf zu achten, dass die objektivierbaren Untersuchungsbefunde und das bildmorphologische Material keinen stringenten Hinweis auf die Beeinträchtigung der Teilhabe und Aktivität bieten müssen. Es geht vielmehr darum, möglichst objektiv aus der Zusammenschau aller beschriebenen und beobachteten Tatsachen eine realistische individuelle Einschätzung bezüglich der erlebten Beeinträchtigung der Teilhabe zu treffen. Die Schädigung oder Beeinträchtigung durch Rückenschmerzen ist keine statische Diagnose, sondern ein dynamischer Prozess, der beeinflusst werden kann durch die fördernde Ausweitung positiver Kontextfaktoren. Ziel sollte dabei sein, outcome-orientiert die Funktionsfähigkeit einer Person trotz rezidivierender Funktionseinschränkungen des Rückens wieder herzustellen und zu entfalten, wie es von gesunden Menschen erwartet wird. Der Einsatz der statischen und dynamischen Funktion des Rückens wird von Menschen als eine solche bedingungslose Selbstverständlichkeit wahrgenommen, dass Einschränkungen auf diesem Gebiet das Gefühl von Hilflosigkeit auslösen können. Alltägliche Bewegungen, wie das spontane Hinsetzen oder Aufstehen, werden gegebenenfalls nur noch mit Schwierigkeiten verrichtet, woraus Rückzugstendenzen resultieren können.

Verbindung von Querschnitt- und Längsschnittverlauf

Bei Funktionseinschränkungen des Rückens gibt es gute objektivierbare Möglichkeiten bestehende Pathologien mit technischen Verfahren darzustellen. Allerdings steht die sichtbare und objektiv quantifizierbare Veränderung nicht immer in direktem Zusammenhang mit der empfundenen Symptomschwere. Gerade bei nichtspezifischen Rückenschmerzen ist der Verlauf sehr individuell. Deshalb ist es umso wesentlicher, die aktuellen Befunde in einen Verlaufskontext zu setzen und im Rahmen der Gesamtentwicklung der Funktionsstörung zu sehen. Momentaufnahmen können erhebliche Abweichungen zeigen.

Es gilt zu beurteilen, wie sich eine Funktionseinschränkung über Monate bzw. Jahre entwickelt hat und ob es episodisch zu Verschlechterungen kommt.

Bei einer deutlichen Diskrepanz zwischen der Einschränkung des Bewegungsumfanges und der Bildmorphologie sollten auch psychische bzw. psychosomatische Gründe und eine Schmerzchronifizierung in Betracht gezogen werden.

Ausschöpfung therapeutischer Optionen

Es ist zu evaluieren, ob alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Dies bedeutet, auch die nicht-medikamentöse Therapieverfahren (z. B.: Physiotherapie, Akupunktur, Ergotherapie, Sportgruppen, medizinische Trainingstherapie und Eigenübungen, Rückenschule) und bisherige Leistungen zur Teilhabe (z. B.: medizinische Rehabilitation) zu erfragen und zu dokumentieren und deren Ergebnisse darzulegen. Des Weiteren sollte nach dem Gebrauch von Hilfsmitteln gefragt werden (Rumpforthesen, Bandagen, Schuheinlagen, Pufferabsätze, Schuhinnen- oder Schuhaußenranderhöhung, Peroneusschiene). Gerade bei Funktionseinschränkungen des Rückens besteht ein großes Potenzial, diese im Rahmen einer qualifizierten Rehabilitation zu verbessern. Weiterhin sind schmerz- und psychotherapeutische Behandlungen zu erfragen. Gerade bei einem chronischen Schmerzsyndrom und nichtspezifischen Rückenschmerzen ist ein psychotherapeutischer Ansatz zur Verarbeitung der Krankheitssituation und insbesondere zur Verhaltensmodifikation von großer Bedeutung. Dabei hat die medizinische Rehabilitation durch die optimale Zusammenführung medikamentöser und nicht-medikamentöser Therapien eine bedeutende Schlüsselrolle und kann somit erhebliche klinische Verbesserungen zutage bringen. Dabei sollte im Anschluss an die medizinische Rehabilitation auf eine Übertragung und Integration der erlernten und genutzten Strategien in den Alltag geachtet werden.


 

Feststellung von Rehabilitationsbedarf für Leistungen zur Teilhabe

Die Funktionsfähigkeit des Rückens kann sich im Lauf eines Lebens durch Unfall- oder Erkrankungsfolgen, aber auch durch den normalen Alterungsprozess sowie durch übermäßige Beanspruchung verändern. Die Folgen können sich in einer Kraftminderung oder in einer Einschränkung des Bewegungsumfanges oder der Bewegungskoordination zeigen. Es kann auch zu einer schnelleren Ermüdung kommen. Werden diese Einschränkungen ignoriert oder nur durch Medikamenteneinnahme, Schonhaltungen oder Ausweichbewegungen kompensiert, kann dies zu einer Symptomverschlechterung führen oder den Allgemeinzustand zusätzlich reduzieren. Gerade bei chronischen Schmerzsyndromen sollte hier auch an medikamentöse unerwünschte Begleiteffekte oder gar an die Entwicklung einer Abhängigkeitsentwicklung (z. B. Opiate) gedacht werden.

Medizinische Rehabilitation

Versicherte mit Erkrankungen des Rückens sollte eine medizinische Rehabilitation angeboten werden, wenn trotz leitliniengerechter fachärztlicher Betreuung weiterhin körperliche, soziale und / oder psychische Krankheitsfolgen bestehen, die die Möglichkeit normaler Aktivitäten bzw. der Teilhabe an der Gesellschaft beeinträchtigen.

Der Rehabilitationsbedarf aus Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung ist gegeben, wenn die Folgen einer Erkrankung des Rückens zu Funktionsstörungen mit einer erheblichen Gefährdung oder bereits bestehenden Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die Teilhabe am Erwerbsleben geführt haben. Für die Beurteilung des Rehabilitationsbedarfs, ebenso der Rehabilitationsfähigkeit und -prognose sind objektivierbare Parameter (z. B. Röntgenbilder, CT-Bilder, Ultraschall, Messung des Bewegungsmaßes) und subjektive Parameter (beschriebene Schmerzstärke / Sensibilitätsstörungen, Angst) zu berücksichtigen. Maßgeblich sind jedoch die vorliegenden Funktionseinschränkungen, die zur Beeinträchtigung der Teilhabe am Erwerbsleben geführt haben.

Da es sich bei Erkrankungen des Rückens um vielfältige Entitäten mit häufig chronischen Verläufen handelt, kann die Indikation für eine medizinische Rehabilitation beim selben Patienten wiederholt bestehen.

Bei Erkrankung des Rückens besteht Rehabilitationsbedarf, sofern eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind (unter Berücksichtigung psychosozialer Komorbiditäten):

  • Chronifizierung der Schmerzen
  • zunehmendes, therapieresistentes Funktionsdefizit
  • Gefährdung der Erwerbsfähigkeit
  • Notwendigkeit rehabilitationsspezifischer nicht-medikamentöser Therapieverfahren, wenn diese ambulant nicht ausreichend sind (Bewegungstherapie, Physiotherapie, Ergotherapie, Schulung und psychosoziale Hilfen)

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stellen den Bereich der Leistungen zur Teilhabe dar, der Leistungen zum Erhalt oder zur Erlangung eines Arbeitsplatzes umfasst.

Auch nach einer medizinischen Rehabilitation kann, zur beruflichen Wiedereingliederung, eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sein.

Insgesamt sind Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben besonders dann indiziert, wenn Symptome der Erkrankung der Wirbelsäule in Korrelation mit der Tätigkeit oder den Arbeitsbedingungen auftreten oder die Tätigkeit nicht mehr durchführbar ist.

Die wesentlichen Leistungsarten bestehen in: 

  • Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes
  • Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen zur Berufsausübung
  • Kraftfahrzeughilfe (Einsteighilfe, z.B.: Drehkissen)
  • Wohnungshilfen (außerhalb des Wohnbereiches)
  • Inanspruchnahme von Integrationsfachdiensten
  • Berufliche Bildung und Förderung (Qualifizierungsmaßnahmen)
  • Leistungen an Arbeitgeber (Eingliederungszuschüsse, Zuschüsse für technische Arbeitshilfen)

Eine detaillierte Darstellung der LTA-Möglichkeiten kann dem entsprechenden Rahmenkonzept der DRV entnommen werden (www.deutsche-rentenversicherung.de).


 

Sozialmedizinische Beurteilung des Leistungsvermögens

Klinische Begutachtungskriterien

Begutachtungskriterien für eine Beurteilung der Funktion und das damit verbundene Leistungsvermögen.

 

Stabilität der Wirbelsäule

  • Störungen der Stabilität werden überwiegend an der Hals- und Lendenwirbelsäule beobachtet.
  • Abweichungen in der Wirbelsäulenausrichtung (Hohl- oder Rundrücken, Flachrücken, Skoliose) mindern die Tragfähigkeit des Achsenorgans.
  • Instabilitäten der Wirbelsäule führen zu Schmerzen bei Haltungskonstanz, z. B. bei längerem Stehen oder Sitzen. Sie können daher zu Beeinträchtigungen des qualitativen Leistungsvermögens führen.
  • Längere monotone Haltungen sind daher zu vermeiden und die Möglichkeit zum Haltungswechsel sollte gegeben sein.
  • Vibrationsbelastungen sind bei einer gestörten Pufferfunktion der Bandscheibe zu vermeiden.

Beweglichkeit

  • Durch eine Störung des Zusammenspiels von Muskulatur, Bandapparat, Bandscheiben und Gelenken kommt es zur Beeinträchtigung der dynamischen Funktion der Wirbelsäule. Betroffen sind hauptsächlich Hals- und Lendenwirbelsäule.
  • Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule vermindern die rasche Orientierung im Raum, wodurch einige Tätigkeiten eingeschränkt sein könnten, z. B.: Arbeiten am Bau, Führen eines Kraftfahrzeugs, Montagearbeiten, Überkopfarbeiten etc.
  • Bewegungseinschränkungen der Brust- und Lendenwirbelsäule können das Heben, Tragen, Ziehen und Schieben von Lasten, das Bücken und das Arbeiten in Zwangshaltungen beeinträchtigen. Bei schweren Bewegungseinschränkungen können ebenfalls das Gehen, Stehen und das Steigen auf Leitern und Gerüsten eingeschränkt sein.
  • Nach Fusionsoperationen an der Halswirbelsäule und bei persistierenden Lähmungen der Arm- oder Beinmuskulatur sollten Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie das Arbeiten auf unebenen Geländen vermieden werden.
  • Schonhaltungen und Meidung von Bewegung führen zu weiterer Immobilität.
  • Kälte, Nässe und Zugluft können Verspannungen der Rückenmuskulatur auslösen oder verstärken und damit die Beweglichkeit negativ beeinflussen.

Muskulatur

  • Durch vorwiegend statische Bewegungen im Alltag kommt es zu einer fehlerhaften oder ausbleibenden Ausbildung einer adäquaten Rückenmuskulatur.
  • Rückenschmerzen können die Folge von falscher Belastung oder mangelnder Leistungsfähigkeit der Muskulatur sein.
  • Psychischer Stress kann zu Verspannungen führen und damit die Muskelkraft beeinflussen.
  • Die Symmetrie der Muskulatur gibt Aufschluss über die aktuelle Funktion des Halteapparates.
  • Die Funktion der Kennmuskeln der Extremitäten lässt Rückschlüsse auf neurologische Komplikationen zu.

Schutzfunktion

  • Die intakte Wirbelsäule schützt Rückenmark und Nervenwurzeln vor Beschädigungen.
  • Druck auf die Nervenwurzeln kann Schmerzen und Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet der betroffenen Nervenwurzel auslösen. Die Muskeleigenreflexe können abgeschwächt sein oder ausfallen.
  • Funktionsstörungen durch Affektion von Rückenmark oder Nervenwurzel manifestieren sich überwiegend an den Extremitäten. Es können an den oberen Extremitäten qualitative Einschränkungen für feinmotorische Tätigkeiten oder Tätigkeiten mit festem Griff resultieren. Für die unteren Extremitäten kann es zu zeitweisen Veränderungen der Gangsicherheit und der Gehstrecke kommen.

Reizzustände

  • Zeigen sich meist durch Funktionseinschränkungen mit Druckschmerzempfindlichkeit der entsprechenden Wirbelsäulenabschnitte.
  • Entsprechend der neuronalen Konstellationen können Läsionen der Halswirbelsäule zu zervikozephalen Syndromen mit entsprechenden Einschränkungen führen. Eine zusätzliche neuropsychologische Begutachtung kann in seltenen Fällen erforderlich sein.

Schmerzempfinden

  • Es sei auf den Abschnitt "Entität: Chronische Schmerzen" verwiesen, in welchem dieses ausführlich erörtert wird.
  • Der Einfluss psychosomatischer Aspekte im Bereich der Wirbelsäule, insbesondere bei chronischen Schmerzpatienten, können von Bedeutung sein und sollten entsprechend berücksichtigt werden.

Mobilität

  • Bei Claudicatio spinalis zum Beispiel ist die Beurteilung der maximal zu bewältigenden Gehstrecke erforderlich. Für das Erreichen des Arbeitsplatzes ist es erforderlich, viermal täglich eine Strecke von mehr als 500 Metern, gegebenenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln, (z.B. Gehstütze, Gehstock) in weniger als 20 Minuten zurücklegen zu können, um zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zur Hauptverkehrszeit benutzen zu können. In diesem Kontext ist es erforderlich, den Besitz eines Führerscheins und eines PKWs zu erfragen. Es ist zu prüfen, ob durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eine vorliegende Einschränkung der Mobilität wiederhergestellt werden kann.

Arbeitsschwere bei Einschränkungen der Funktionalität des Rückens

Die qualitativen Einschränkungen bestimmen das quantitative Leistungsbild. Sind die tätigkeitsbezogenen Belastungsfaktoren nicht mit den qualitativen Einschränkungen vereinbar, beeinflusst dies das Leistungsvermögen negativ. Erwerbsfähigkeit bedeutet im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) die physische und psychische Leistungsfähigkeit, eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben zu können. Reduzierte physische und / oder psychische Belastbarkeit durch Begleiterkrankungen sowie frühzeitige muskuläre Ermüdung können zu einer Leistungsminderung führen. Anamnese, Befunde und Therapie sollten auf Konsistenz, Plausibilität und Vollständigkeit geprüft werden.

Die körperliche Arbeitsschwere bezeichnet bei der sozialmedizinischen Beurteilung des Leistungsvermögens im Erwerbsleben nur die körperlichen Belastungen bei der Ausübung einer Tätigkeit. Die Arbeitsschwere wird u. a. definiert durch den Energieaufwand für die geforderten Verrichtungen und deren Dauer sowie Häufigkeit. Unterschieden wird in leichte, leichte bis mittelschwere, mittelschwere und schwere Arbeit. Belastende Körperhaltungen (Haltearbeit, Zwangshaltungen) können die Arbeitsschwere erhöhen.

Körperlich leichte Tätigkeiten

Als leichte Arbeit werden Tätigkeiten bezeichnet wie Handhaben leichter Werkstücke und Handwerkszeuge, Tragen bis 10 kg, Bedienen leichtgehender Steuerhebel und Kontroller oder ähnlicher mechanisch wirkender Einrichtungen und lang dauerndes Stehen oder ständiges Umhergehen (bei Dauerbelastung). Es können auch bis zu 5 % der Arbeits- zeit (oder zweimal pro Stunde) mittelschwere Arbeitsanteile enthalten sein.

Bei leichter bis mittelschwerer Arbeit ist der Anteil mittelschwerer Arbeit auf 50 % begrenzt. Dies ist möglich bei rezidivierenden Nervenwurzelirritationen ohne bleibende sensible oder motorische Ausfälle, wie z.B. bei

  • anhaltenden Paresen der Fußheber- oder Fußsenkermuskulatur
  • muskulär kompensierter, klinisch unauffälliger Segmentinstabilität.

Körperlich mittelschwere Tätigkeiten

Als mittelschwere Arbeit werden Tätigkeiten bezeichnet wie Handhaben von etwa 1 - 3 kg schwergehender Steuereinrichtungen, unbelastetes Begehen von Treppen und Leitern (bei Dauerbelastung), Heben und Tragen mittelschwerer Lasten in der Ebene von 15 - 25 kg oder Hantierungen, die einen ähnlichen Kraft- oder Energieaufwand erfordern. Auch leichte Arbeiten mit zusätzlicher Ermüdung durch Haltearbeit mäßigen Grades sowie Arbeiten am Schleifstein, mit Bohrwinden und Handbohrmaschinen werden als mittelschwere Arbeit eingestuft. Es können auch bis zu 5 % der Arbeitszeit (oder zweimal pro Stunde) schwere Arbeitsanteile enthalten sein.

Dies ist möglich bei knöchernen Veränderungen mit fortgeschrittenen radiologischen Degenerationszeichen (Erniedrigung bis Aufhebung eines oder mehrerer Zwischenwirbelräume, überbrückende spondylotische Spangen, Verplumpung einzelner Wirbelgelenke) mit

  • fehlenden Instabilitätszeichen
  • fehlender neurologischer Symptomatik und
  • einer mittleren Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule.

Körperlich schwere Tätigkeiten

Als schwere Arbeit werden Tätigkeiten bezeichnet wie Tragen von bis zu 40 kg schweren Lasten in der Ebene oder Steigen unter mittleren Lasten und Handhaben von Werkzeugen (über 3 kg Gewicht), auch von Kraftwerkzeugen mit starker Rückstoßwirkung, Schaufeln, Graben und Hacken.

Dies ist möglich bei leichten knöchernen Veränderungen mit geringen Degenerationszeichen (z. B.: Erniedrigung des Zwischenwirbelraumes, spondylotische Randzackenbildung) mit

  • fehlenden Instabilitätszeichen,
  • fehlender neurologischer Symptomatik und
  • erhaltener Beweglichkeit der Wirbelsäule.

Aufgehobenes Leistungsvermögen

Das quantitative Leistungsvermögen auch für körperlich leichte Tätigkeiten kann vorübergehend aufgehoben sein, wenn trotz langfristiger adäquater Therapie folgende Befunde persistieren:

  • ein anhaltendes Conus-Cauda-Syndrom
  • dauerhafte bzw. persistierende funktionell bedeutsame motorische Ausfälle
  • Nachweis einer akuten oder subakuten Spondylodiszitis
  • Störungen der Tiefen-oder Oberflächensensibilität (großflächig)


 

Begutachtung Rückenschmerzen-assoziierter Krankheitsbilder

Die Prognose der spezifischen Krankheitsbilder ist vor allem von den gegebenen Therapiemöglichkeiten (siehe bei den nachfolgenden Krankheitsbildern) abhängig. Nichtspezifische Rückenschmerzen sind in aller Regel selbstlimitierend, aber ca. 2-7 % aller Betroffenen entwickeln ein chronisches Schmerzsyndrom. Dieses soll im ICD 11 nun als eigene Krankheitsentität gewertet werden und wurde im Kapitel "Entität: Chronische Schmerzen" gesondert betrachtet. Als wichtiger prognostischer Faktor hat sich die Erwartungshaltung des Versicherten erwiesen. Eine negative Erwartungshaltung führt zu deutlich verlängerten AU-Zeiten.

Das Risiko einer Chronifizierung wird aus individuell unterschiedlichen Faktoren moduliert. Allen gemeinsam ist, dass der häufigste Risikofaktor für Rückenschmerzen darin besteht, schon einmal davon betroffen gewesen zu sein.

  • Rückenschmerzen-assoziierter Krankheitsbilder
    • Nichtspezifischen Rückenschmerzen
    • Wirbelsäulen- und Rückenmark-Syndrome
    • Spondylose und Spondylarthrose
    • Bandscheibenprotrusion mit Bedrängung nervaler Strukturen
    • Bandscheibenprolaps
    • Degenerativ bedingte Spinalkanalstenosen
    • Skoliose
    • Kyphose
    • Spondylolyse und Spondylolisthesis
    • Osteoporotisch bedingte Deformitäten
    • Frakturen der Wirbelsäule

Nichtspezifischen Rückenschmerzen

In der Mehrzahl der Fälle ist der Rückenschmerz auf Wechselbeziehungen körperlicher, psychischer, sozialer, beruflicher und auch iatrogener Faktoren zurückzuführen. Damit sind unter Umständen komplexe Behandlungsansätze gefordert.

In der Regel ergibt sich aus nichtspezifischen Rückenschmerzen keine Minderung der Leistungsfähigkeit, da dieser zumeist Therapien gut zugänglich ist.

Wirbelsäulen (WS)- und Rückenmark (RM)-Syndrome

Mit den Bezeichnungen Wirbelsäulen- und Rückenmarksyndrom werden unterschiedliche Beschwerdekomplexe mit dem Leitsymptom Schmerz zusammengefasst. Rund ein Drittel der WS-Syndrome sind im Bereich der HWS lokalisiert. Die überwiegende Anzahl von WS-Beschwerden finden sich im Bereich der LWS, die BWS ist nur selten betroffen.

Ätiologie

  • am häufigsten durch Muskelverspannungen
  • arthrotische und degenerative Veränderungen an den Wirbelgelenken
  • Bandscheibendegeneration (akute Schmerzen können kurzzeitig nach plötzlichen Bewegungen auftreten)
  • monotone Körperhaltungen, wie z. B. Computerarbeitsplätze, wirken prädisponierend
  • prädisponierende anatomische Gegebenheiten (lumbo-sakrale Übergangsstörungen)
  • posttraumatische Fehlstellungen

Symptome

  • Vom jeweiligen Wirbelsäulenabschnitt ausgehende Schmerzen.
  • Wenn die HWS betroffen ist, sind zusätzlich Drehschwindel und Spannungskopfschmerzen möglich.

Therapie

  • eine konservative Behandlung ist meist ausreichend:Physikalische Therapien (Physiotherapie, manuelle Therapie) sowie
  • medikamentöse Behandlungen (orale Analgetika, Muskelrelaxantien sowie lokale Injektionsbehandlungen).

Qualitative Einschränkung

  • Ergeben sich aus der eventuellen Funktionseinschränkung bei Schmerzchronifizierung. Dies ist im Rahmen der Beurteilung des Leistungsvermögens zu berücksichtigen.

Spondylose/Spondylarthrose

Im Alterungsprozess verlieren die Bandscheiben an Flüssigkeit und werden schmaler. Der Abstand zwischen den Wirbeln verringert sich, dadurch kann eine segmentale Instabilität entstehen. Die Wirbel lassen sich dadurch verschieben oder verändern ihre Position, was zu einer Überlastung der Wirbelgelenke und schließlich zu deren Abnutzung führt. Es resultiert ein Facettensyndrom. Erst wenn sie Nerven im Neuroforamen oder den Spinalkanal direkt beengen, drohen neurologische Störungen und Nacken- oder Rückenschmerzen.

Ätiologie

  • degenerativ (schlechte Körperhaltung, Adipositas, defizitäre Ernährung)
  • traumatisch

Symptome

  • leichtgradige Bewegungseinschränkung (in Beugung, Streckung und Rotation)
  • muskuläre Verspannungen
  • zunehmende Schmerzen
  • nicht fixierte Fehlhaltungen: Hyperlordose, Hyperkyphose, Skoliose, Flachrücken, Steilstellung
  • Radikulopathie bei spondylogener Foramenstenose.

Therapie

  • konservativ (Physiotherapie, Entspannungsübungen, Rückenschule und muskulärer Aufbau)
  • Antiphlogistika
  • Facetteninfiltration ggf. Facettendeneravtion
  • Medizinische Rehabilitation

Qualitative Einschränkung

  • Schwere körperliche Arbeiten können eingeschränkt sein.
  • Nach muskulärem Aufbau sind keine quantitativen Einschränkungen zu erwarten.

Bandscheibenprotrusion mit Bedrängung nervaler Strukturen

  • Vorwölbung des Nucleus pulposus bei intaktem Anulus fibrosus

Ätiologie

  • altersbedingte Degeneration
  • falsche Belastung / falsche Körperhaltung
  • traumatisch

Symptome

  • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung
  • Ausstrahlender Schmerz. Je nach Richtung und Ausprägung der Vorwölbung kann eine Radikulopathie bis hin zu Taubheitsgefühl und Lähmungserscheinung resultieren.

Therapie

  • Physiotherapie, Osteopathie, Akkupunktur
  • Rückenschule
  • Medikamentöse Therapie
  • Wärme- und Elektrotherapie
  • Diagnostische/therapeutische Infiltration (z.B. periradikuläre oder epidurale Infiltration)

Qualitative Einschränkung

  • Schwere körperliche Arbeiten können beeinträchtigt sein.
  • Vermeiden von häufigem Bücken, Heben und Tragen.
  • Vermeiden von monotonen Bewegungsabläufen, Möglichkeiten des Haltungswechsel nutzen.
  • Im Bereich der HWS vermeiden von Überkopfarbeiten.
  • Häufig spontane Remission mit Wiedererlangen des kompletten schmerzfreien Bewegungsumfanges

Bandscheibenprolaps

Durch Einriss des Anulus fibrosus kommt es zu einer Verlagerung des Nucleus pulposus in den Spinalkanal (nach dorsal oder lateral), wodurch eine Kompression des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln möglich ist. Meistens ist der Bandscheibenprolaps in den unteren Abschnitten der LWS lokalisiert und führt zu verschiedenen Ausprägungen eines Nervenwurzelsyndroms. Wichtige Unterscheidung in radikuläre Symptomatik bzw. nichtradikuläre Symptome.

Ätiologie

  • Degeneration
  • Genetische Vorbelastung kann begünstigend sein.
  • Begünstigt durch Übergewicht, Rauchen und Diabetes.

Symptome

  • Starke Schmerzhafte Bewegungseinschränkung.
  • Ausstrahlender Schmerz, je nachdem welche Nerven betroffen sind bis hin zu Taubheitsgefühl und Lähmungserscheinung.
  • Gangstörung, Koordinationsstörung und Störungen der Feinmotorik sind ebenfalls möglich.
  • Blasen- und Mastdarmstörung, Reithosenanästhesie
  • Sexualfunktionsstörung

Therapie

  • Schmerztherapie
  • Physiotherapie, Wärmetherapie, Gymnastik
  • Infiltration
  • Operative Versorgung

Qualitative Einschränkung

  • Körperlich leicht-mittelschwere Tätigkeiten
  • Vermeiden von Arbeiten auf Gerüsten, Leitern oder unebenen Gelände.
  • Vermeiden von Bücken, Heben und Tragen.
  • Haltungswechsel anstreben und monotone Tätigkeiten reduzieren.
  • Bei rezidivierender radikulärer Symptomatik zusätzlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten meiden.
  • Bei einer deutlichen qualitativen Einschränkung der betroffenen anatomischen Bezugsregionen bei anhaltender radikulärer Symptomatik kann das quantitative Leistungsvermögen auf unter 3 Stunden gemindert sein.

Bei fehlender radikulärer Symptomatik siehe BandscheibenprotrusionMittelschwere körperliche Arbeiten können beeinträchtigt sein.

  • Vermeiden von häufigem Bücken, Heben und Tragen.
  • Vermeiden von monotonen Bewegungsabläufen, Möglichkeiten des Haltungswechsel nutzen.
  • Im Bereich der HWS vermeiden von Überkopfarbeiten.
  • Häufig spontane Remission mit Wiedererlangen des kompletten schmerzfreien Bewegungsumfanges.

Degenerativ bedingte Spinalkanalstenosen

Die Spinalkanalstenose ist eine Einengung des Spinalkanals und eine damit einhergehende Kompression des Rückenmarks/der Kaudafasern. Die Symptomatik ist von der Lokalisation und des Ausmaß der Kompression abhängig.

Ätiologie

  • Degenerationsprozesse führen zu knöchernen und ligamentären Einengungen des Spinalkanals, insbesondere im Bereich der LWS (aus den pathoanatomischen Veränderungen kann ein Nervenkompressionssyndrom resultieren).
  • Eine Querschnittsfläche von < 100 mm² kennzeichnet eine relative Stenose, eine Fläche von < 70 mm² eine absolute Stenose. Eine morphologische Einteilung der Stenoseart sowie der Verteilung der Nervenfasern und des intraduralen Liquors in
  • Grad A-D nach Schizas soll eine bessere Korrelation zwischen Stenose und klinischen Beschwerden Wieviel Etagen sind betroffen
  • Gehstrecke

Symptome

  • Rückenschmerz
  • Belastungsabhängige Symptome in den Beinen (Claudicatio) mit Reduktion der schmerzfreien Gehstrecke
  • Dysästhesien

Therapie

  • Konservativ (Physiotherapie, medikamentös, ggf. epidurale Infiltration)
  • Operative Therapie

Qualitative Einschränkung

  • Keine schweren und mittelschweren körperlichen Arbeiten.
  • Vermeiden von Heben und Tragen schwerer Lasten
  • Vermeiden von Arbeiten auf Gerüsten, Leitern oder unebenem Gelände.
  • Eventuell eingeschränkte Gehstrecke möglich.
  • Bei rezidivierender radikulärer Symptomatik zusätzlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten vermeiden.
  • Bei einer deutlichen qualitativen Einschränkung der betroffenen anatomischen Bezugsregionen bei anhaltender radikulärer Symptomatik kann das quantitative Leistungsvermögen auf unter 3 Stunden gemindert sein.

Skoliose

Die Skoliose bezeichnet eine Seitabweichung der Wirbelsäule von der Längsachse mit kombinierter Rotation der Wirbelkörper. Außerdem kommt es zu einer strukturellen Verformung der Wirbelkörper. Eine Skoliose ist definiert über eine fixierte Seitausbiegung der Wirbelsäule von mehr als 10° in der Frontalebene (Cobb Winkel).

Ätiologie

  • Am häufigsten, zu ca. 90 %, treten primäre bzw. idiopathische Skoliosen auf. Die häufigste Form stellt dabei die rechtskonvexe thorakale Adoleszenten-Skoliose bei Mädchen dar.
  • Degenerative Skoliosen entwickeln sich meist durch asymmetrische Degeneration, so dass die dabei entstehenden Höhenminderungen zwischen benachbarten Wirbeln zu einer Skoliose führen können.
  • Oftmals gleichzeitiges Vorliegen von Osteoporose, Spinalkanaleinengungen und / oder Segmentüberbeweglichkeit.

Symptome

  • Rückenschmerzen und Verspannung der Muskulatur
  • Schmerzen in den unteren Extremitäten
  • Radikuläre Symptome möglich
  • Organbeteiligung (durch Platzmangel) möglich

Therapie

  • Konservativ, möglichst multimodal (Erlernen des Verständnisses der eigenen Erkrankung, Bewegung, Aktivität, Physiotherapie, Kräftigung der Rumpfmuskulatur)
  • physikalische Therapiemaßnahmen
  • ilfsmittel (z. B. Korsett)
  • medikamentös
  • Operative Maßnahmen können bei einer schweren Skoliose erforderlich werden (Verschraubungen und Implantate sowie kombinierte ventrale und dorsale Eingriffe zur Rekonstruktion).

Qualitative Einschränkung

  • Vermeiden von ruck- und stoßartigen Bewegungen.
  • Keine schweren körperlichen Arbeiten bei leichter Skoliose.
  • Bei schweren Formen nur leichte körperliche Arbeit.
  • Vermeiden von Heben und Tragen schwerer Lasten.
  • Vermeiden von Arbeiten auf Gerüsten, Leitern oder unebenem Gelände.
  • Vermeiden von Vibrationen.
  • Bei eingeschränkter Lungenkapazität oder Cor pulmonale durch thorakale Enge ist eine quantitative Einschränkung möglich.

Kyphose

Die Kyphose ist eine in der Sagittalebene verstärkte Krümmung der Wirbelsäule nach ventral. Der Krankheitswert einer Kyphose ist in der Wissenschaft sehr umstritten. Zur besseren Übersicht soll hier trotzdem ein kurzer Überblick erfolgen.

Ätiologie

  • degenerative Erkrankungen, z. B. bei Arthritis oder Morbus Bechterew
  • Entwicklungsstörungen, z. B. Morbus Scheuermann
  • Posttraumatisch
  • Osteoporotische Wirbelkörperfrakturen
  • Bei Hyperkyphose im Bereich der BWS entwickelt sich ein Rundrücken, ein Buckel oder ein Gibbus mit häufig kompensatorischer Hyperlordose der Lendenwirbelsäule.

Klassifikation

  • Posturale Kyphose
    • Häufigste Form, tritt im Jugendalter auf. Durch Korrektur muskulärer Dysbalancen reversibel.
  • Degenerative Kyphose
    • durch Wirbelfrakturen und / oder dem Verlust von Muskel-Skelett-Integrität
    • durch Keilwirbelbildung (Z. n. Frakturen)
    • Osteoporose
  • Morbus Scheuermann
    • Wachstumsstörung der jugendlichen Wirbelsäule
    • Es werden sowohl angeborene Faktoren als auch mechanische Überlastungen als Ursachen diskutiert. In schweren Fällen können zudem Deckplatteneinbrüche auftreten, wodurch die Wirbelsäule in eine Fehlstatik gerät.
  • kongenitale Kyphose
    • embryonale Fehlentwicklung der Wirbelsäule
    • eine angeborene Kyphose kann auch erst im Jugendalter erkannt werden. Häufiger bei Kindern mit Zerebralparese und anderen neurologischen Erkrankungen.
  • posttraumatische Kyphose
    • nach unbehandelten oder frustran behandelten Wirbelkörperfrakturen

Therapie

  • konservativ (Physiotherapie, Rückenschule, muskulärer Aufbau)
  • Orthesenbehandlung
  • fusionierende aufrichtende Wirbelsäulenoperationen ggf. mit Osteotomie

Qualitative Einschränkung

  • Bei leichten bis mittelgradigen Formen ist keine qualitative Einschränkung zu erwarten.
  • Bei schweren Formen, welche u.U. operativ stabilisiert wurden, sollte auf schwere körperliche Arbeit verzichtet werden. Ebenso Vermeiden von Arbeiten auf Gerüsten und Leitern.

Spondylolyse und Spondylolisthesis

Spaltbildung in der Pars interarticularis eines Wirbelbogens (Spondylolyse). Dadurch Unterbrechung der Interartikularportion und Abgleiten möglich (Spondylolisthesis).

Ätiologie

  • In ca. 95 % der Fälle ist der Wirbelbogen von LWK 4 oder 5 betroffen.
  • Männer sind ungefähr doppelt so häufig betroffen wie Frauen.
  • kongenital (Dysplasie des Wirbelbogens)
  • erworben (degenerativ, traumatisch, Tumore)

Symptome

  • Kreuzschmerz mit oder ohne radikuläre Ausstrahlung, der vor allem nach langem Stehen oder langem Sitzen auftritt.

Therapie

  • Zunächst konservativ über eine gezielte muskuläre Stabilisierung durch Physiotherapie.
  • Pharmakologisch mit Nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR)
  • Bei therapieresistenten Fällen sollte eine chirurgische Intervention in Erwägung gezogen werden.

Qualitative Einschränkung

  • Es sind keine langfristigen Einschränkungen unter Stärkung der Rumpfmuskulatur zu erwarten.
  • In der Zeit der akuten Erkrankung sollte auf eine Beugung des betroffenen Wirbelsäulenabschnittes verzichtet werden.

Osteoporotisch bedingte Deformitäten

Es handelt sich hierbei um eine Systemerkrankung, die das gesamte Skelett betrifft, sich jedoch besonders häufig an der Wirbelsäule über charakteristische Deformitäten der Wirbelkörper manifestiert. Charakterisiert ist die Krankheit durch eine Abnahme der Knochendichte, die aufgrund eines übersteigenden Abbaus von Knochengewebe verursacht wird. Folgen sind Wirbelkörperfrakturen mit Hyperkyphose und Ausbildung eines Kugelbauchs.

Ätiologie

  • Genetisch
  • hormonell
  • mangelnde Bewegung
  • falsche Ernährung
  • Nebenwirkung von Medikamenten

Symptome

  • Schmerzen
  • Fehlhaltungen und muskuläre Verspannungen
  • Durch die Schmerzen entsteht ein Vermeidungsverhalten hinsichtlich Bewegung, welches durchbrochen werden muss, da der sonst resultierende Muskelverlust zu einem circulus vitiosus und somit zur Verstärkung der Instabilität und Immobilität führt.
  • Fraktur der Wirbelkörper (Sinterungsfrakturen)

Therapie

  • Konservativ (Physiotherapie, Muskelaufbau)
  • Konsequente Schmerztherapie, um Circulus vitiosus zu durchbrechen
  • Entspannungstechniken
  • Falls bisher unbehandelt Basistherapie (Vitamin D3- Gabe und Ca-reiche Ernährung) und spezifische Therapie nach DVO S3-Leitlienie
  • semirigide flexible Thorakolumbal-Orthesen mit positiven Effekten auf die Muskelkraft der Rückenstrecker und Abdominalmuskulatur (nach DVO-S3-Leitlinie)

Qualitative Einschränkung

  • Keine schweren und mittelschweren körperlichen Arbeiten.
  • Vermeiden von Heben und Tragen von Lasten über 10 kg
  • Bei leichten Verlaufsformen sind keine Einschränkungen zu erwarten.
  • Bei Sinterungsbrüchen oder radikulärer Symptomatik muss entsprechend dieser Symptome begutachtet werden.

Frakturen der Wirbelsäule

Bei Frakturen der Wirbelsäule liegt eine komplette oder inkomplette Kontinuitätsunterbrechung des Knochengewebes der Wirbelsäule vor. Bei der Wirbelsäule erfolgt die Einteilung vorwiegend durch den Pathomechanismus sowie nach vorderen Anteilen (Wirbelkörpern) und hinteren Anteilen Wirbelbögen).

Ätiologie

  • Typ A, Kompressionsfraktur
    • Verletzung der vorderen Anteile der Wirbelsäulenknochen durch Kompression.
  • Typ B, Distraktionsfraktur
    • Verletzung der vorderen und / oder hinteren Anteile der Wirbelsäule durch Distraktion.
  • Typ C, Rotationsfraktur
    • Verletzung der vorderen und hinteren Wirbelsäulenanteile durch Rotation.

Symptome

  • Schwellungen, Hämatome, Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen
  • Nervenschädigungen und damit verbundenen neurologischen Ausfälle

Therapie

  • Stabile Wirbelkörperfrakturen ohne neurologische Ausfälle werden konservativ behandelt (Analgetika, physikalischen Maßnahmen, Physiotherapie).
  • Instabile Frakturen werden i. d. R. operativ versorgt (Fixateur interne, ggf. ventrale Fusion).
  • Bei neurologischen Störungen besteht eine absolute Indikation für eine chirurgische Intervention mit Stabilisation und Dekompression.

Qualitative Einschränkung

  • Bei komplikationslosen Verläufen sind keine qualitativen Einschränkungen zu erwarten
  • Nach Spondylodese kann es abhängig von der Versteifungslänge und -lage zu Funktionseinschränkungen kommen. In der Mehrzahl der Fälle ist aber ein über sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vorhanden.
  • Bei mehreren versteiften Etagen reduziert sich die Leistungsfähigkeit deutlich