Deutsche Rentenversicherung

Chronisches Koronarsyndrom

Krankheitsbild, Anamnese, Diagnostik, Therapie, Krankheitsverlauf und Prognose
Stand: 05.03.2025

 

Störungsspezifische Beschreibung

Das Begutachtungsportal verwendet nicht mehr den Begriff der "chronischen koronaren Herzkrankheit", sondern – in Analogie zum akuten Koronarsyndrom – den des "chronischen Koronarsyndroms". Die Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Koronare Herzerkrankung (KHK) bleibt dagegen in ihrer aktuellen Auflage bei dem Begriff der chronischen koronaren Herzkrankheit. Demzufolge werden im Begutachtungsportal beide Begriffe synonym verwendet.

Durch die Umbenennung von "stabiler koronarer Herzerkrankung" in "chronisches Koronarsyndrom" (CCS) wird die chronische Progredienz der Atherosklerose betont und dem akuten Koronarsyndrom (ACS, "acute coronary syndrome") gegenübergestellt. Diese Änderung soll der Dynamik atherosklerotischer Plaqueveränderungen mit dem potenziell allgegenwärtigen Risiko der Plaqueinstabilität oder -ruptur mit Übergang in ein akutes Geschehen Rechnung tragen.

Das CCS umfasst demnach alle Manifestationsformen der KHK, die nicht dem ACS zuzuordnen sind und stellt eine chronische Erkrankung mit stabilen und instabilen Phasen dar. Unter dem Begriff "Akutes Koronarsyndrom" (ACS) werden dabei die Episoden der KHK zusammengefasst, die unmittelbar lebensbedrohlich sind; hierzu gehören die instabile Angina, der akute Myokardinfarkt und der plötzliche Herztod.

Koronare Makroangiopathie

Die koronare Makroangiopathie umfasst die epimuralen Koronararterien.

Für die sozialmedizinische Begutachtung ist es wichtig, dass die unter Ruhebedingungen diagnostizierte Stenose unter körperlichen Belastungen bei gestörter Endothelfunktion hämodynamisch höhergradig wirksam werden kann.

Bei noch erhaltener Endothelfunktion mit der Möglichkeit zur Vasodilatation kann eine in Ruhe diagnostizierte Stenose unter Belastungsbedingungen hämodynamisch jedoch auch von geringerer Bedeutung sein.

Koronare Mikroangiopathie

Die koronare Mikroangiopathie ist charakterisiert durch freie Koronarien in der Angiografie und durch eine eingeschränkte Vasodilatation während körperlicher Belastung. Die intramyokardiale Mikroangiopathie kleiner Koronararterienäste entwickelt sich als "small vessel disease" auf der Grundlage einer endothelialen Dysfunktion unabhängig von der Arteriosklerose an den Koronararterien (Makroangiopathie). Klinisches Korrelat dieser insbesondere bei Diabetes mellitus und arterielle Hypertonie auftretenden Veränderungen ist eine auch belastungsunabhängig auftretende Angina pectoris, ein meist hypertrophierter linker Ventrikel mit abnormem Ruhe-EKG-Befund und ein unauffälliges Angiogramm der epikardialen Koronargefäße. Die Verringerung der koronaren Reserve kann insbesondere bei Hypertonikern so ausgeprägt sein, dass diese Patienten über typische pectanginöse Beschwerden klagen, und belastungsinduziert signifikante ST-Streckensenkungen aufweisen, was im Sinne einer echten Hypoxiereaktion gewertet werden kann.

"Hibernating" (überwinternd) oder "stunned" (benommen) Myocardium bedeutet, dass die Kardiomyozyten ihre Hauptfunktion, die Kontraktion, regional eingestellt haben und ihre noch vorhandene, minimale Sauerstoffzufuhr und notwendigen Energiebedarf auf die Aufrechterhaltung der zellulären Stoffwechselvorgänge reduzieren, um den Zelltod zu vermeiden. Durch diese physiologischen Mechanismen kann ein zuvor als avital beschriebenes Myokardareal nach Reperfusion wieder "erwachen" und die kompatible Funktion erneut aufnehmen. Auch deshalb lassen sich hämodynamisch Resultate nach Revaskularisation mittels Katheterintervention oder Bypass-Chirurgie häufig erst nach einigen Wochen abschließend beurteilen.


 

Anamnese

Anbei finden Sie einen Link zu einem Muster für die Anamneseerhebung. Die dort gelisteten Punkte geben Hinweise auf eine vollständige Anamnese, müssen aber nicht bei jedem Krankheitsbild einzeln aufgeführt werden. Krankheitsspezifische relevante Punkte listen wir Ihnen nachfolgend auf.

 

Störungsspezifische Anamnese

Im ergebnisoffenen Anamnesegespräch sollten simultan zur Diagnostik einer möglichen KHK auch alternative Beschwerdeursachen gleichberechtigt in Erwägung gezogen werden. Psychische, somatische und soziale Informationen sind von Beginn an parallel zu erheben und zu verknüpfen, um eine vorschnelle Festlegung auf vorrangig somatische Ursachen zu vermeiden.

Weist die Symptomatik auf eine KHK hin (vor allem der Brustschmerz), sollten mit der Anamnese und der körperlichen Untersuchung zunächst die Patienten identifiziert werden, bei denen aufgrund einer niedrigen Wahrscheinlichkeit einer KHK eine andere Ursache der Beschwerden erwogen werden soll, bzw. eine weitere Diagnostik zur Abklärung einer KHK zunächst nicht indiziert ist. Siehe hierzu Differenzialdiagnostik.

Bezüglich der Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines CCS sollte zwischen der hausärztlichen und der kardiologischen (und im weiteren Verlauf der spezialfachärztlichen) Versorgungsebene unterschieden werden, in beiden Ebenen liegen etablierte quantitative Beurteilungskriterien vor.

  • Für die hausärztliche Versorgungsebene wird in der NVL Leitlinie zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeiten der Marburger Herzscore (MHS) empfohlen. Der MHS zeigt sich robust vor allem zum Ausschluss einer KHK als Ursache des Brustschmerzes. Bei der Interpretation ist stets auch das klinische Gesamtbild zu berücksichtigen (s. Tabelle 1).
  • Zur Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit auf kardiologischer Versorgungsebene wird der DISCHARGE Kalkulator (siehe Abbildung 1) herangezogen.

Von einem besonders hohen kardiovaskulären Risiko für eine schwere KHK ist bei relevanten Komorbiditäten (Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz) oder der Erfüllung angiographischer Kriterien (Hauptstammstenose, Mehrgefäßerkrankung, proximale RIVA-Stenose, unbefriedigendes Interventionsergebnis)  auszugehen.

 

Tabelle 1: Marburger Herz-Score – Kriterien und Bewertung
KriteriumPunktzahl
Geschlecht und Alter (Männer 55 Jahre und Frauen 65 Jahre)1
Bekannte vaskuläre Erkrankung1
Beschwerden sind belastungsabhängig1
Schmerzen sind durch Palpation nicht reproduzierbar1
Der Patient/die Patientin vermutet, dass der Schmerz vom Herzen kommt1

Für den Score werden die Punkte summiert. Interpretation:

  • Score-Wert 0-2: < 2,5 % Wahrscheinlichkeit einer stenosierenden KHK als Ursache des Brustschmerzes
  • Score-Wert 3: ca. 17 % Wahrscheinlichkeit einer stenosierenden KHK als Ursache des Brustschmerzes
  • Score-Wert 4-5: ca. 50 % Wahrscheinlichkeit einer stenosierenden KHK als Ursache des Brustschmerzes

Bei der Interpretation ist stets auch das klinische Gesamtbild zu berücksichtigen. Die Angaben zur Wahrscheinlichkeit einer stenosierenden KHK basieren auf zwei Validierungsstudien

Quelle: Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK, Langfassung, Version 7.0. 2024, https://register.awmf.org/assets/guidelines/nvl-004l_S3_Chronische-KHK_2024-09.pdf, S. 25, Tabelle 5, letzter Aufruf: 06.06.2025.

Abbildung 1: Diagnostisches Vorgehen bei (Verdacht auf) eine stabile stenosierende KHK

Diagnostisches Vorgehen bei (Verdacht auf) eine stabile stenosierende KHK Diagnostisches Vorgehen bei (Verdacht auf) eine stabile stenosierende KHK

1 Marburger Herz-Score, Kapitel 3.4 Anamnese und körperliche Untersuchung
2 Vortestwahrscheinlichkeit für eine stenosierende KHK, Kapitel 3.4 Anamnese und körperliche Untersuchung
3 CT-Koronarangiographie
4 Stress-Echokardiographie; Myokard-Perfusions-SPECT; Myokard-Perfusions-PET; Stress-Perfusions-MRT

Quelle: Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK, Langfassung, Version 7.0. 2024, https://register.awmf.org/assets/guidelines/nvl-004l_S3_Chronische-KHK_2024-09.pdf, S. 20, Abbildung 4, letzter Aufruf: 06.06.2025.

Störungsspezifische Beschreibung der Symptome

Ergibt sich aufgrund der ersten Einschätzung die Verdachtsdiagnose einer KHK, sind die weiteren Ziele der Anamnese:

  • Die Einschätzung der Vortestwahrscheinlichkeit einer KHK, um die Auswahl und Interpretation der weiterführenden Diagnostik zu klären (s. Tabelle 2)

Der Vortestwahrscheinlichkeit wurden folgende Definitionen von Angina pectoris-Beschwerden zugrunde gelegt:

  1. Einengende Beschwerden, retrosternal oder im Nacken/Schulter/Kiefer oder Arm lokalisiert
  2. Durch körperliche Belastung oder emotionalen Stress verstärkt
  3. Durch Ruhe und/oder Anwendung von Nitro innerhalb von 5 Minuten gebessert

Von einer typischen Angina pectoris spricht man, wenn drei der oben genannten Punkte zutreffen. Bei einer atypischen Angina treffen zwei der oben genannten Punkte zu.

Das klinische Bild der KHK ist sehr variabel. Abhängig von der individuellen Belastungstoleranz wird die Canadian Cardiovascular Society CCS-Einteilung zur Einteilung verschiedener Schweregrade der stabilen Angina Pectoris herangezogen (s.a. Tabelle 3).

  • Die Ermittlung des kardiovaskulären Risikoprofils zur Planung der Therapie, ggf. die orientierende Diagnostik alternativer Beschwerdeursachen;
  • Die Ermittlung der Bereitschaft zur bzw. Barrieren gegen eine Veränderung des Gesundheitsverhaltens beim Vorliegen verhaltensabhängiger Risikofaktoren mit und ohne KHK;
  • Die frühzeitige Identifikation abwendbar ungünstiger Verläufe bei Patienten mit bekannter KHK
    • Situationen und Umstände, die zu Beschwerden führen: Ödeme der unteren Extremität, Anasarka und Lippenzyanose, Belastungsdyspnoe analog NYHA-Klassifikation (s. Tabelle 4)
    • Art, Häufigkeit, Dauer, Tagesrhythmik und medikamentöse Beeinflussbarkeit der Beschwerden, Beschwerdeentwicklung
    • Bekannte KHK, stabile oder instabile Angina pectoris, vorausgegangener Myokardinfarkt mit Berücksichtigung bisheriger und geplanter invasiver bzw. nicht-invasiver Diagnostik
    • Begleitende kardiale Erkrankungen: Zerebrale Durchblutungsstörungen und die periphere arterielle Verschluss­krankheit (pAVK) können bei KHK als Ausdruck eines generalisierten Gefäßleidens aufgefasst werden. Sie kommen daher immer als Begleiterkrankungen der KHK in Betracht. Die pAVK ist mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit mit einer KHK assoziiert
    • Nutzung von Therapieoptionen mit Berücksichtigung bisheriger und geplanter invasiver bzw. nicht-invasiver Therapie, insbesondere medikamentöser Behandlungen (aktueller Medikation: Dosierungen, Änderung im Verlauf) sowie therapeutischem Ergebnis und Beschwerdeentwicklung
  • Risikofaktoren und -verhalten
    • Zu den beeinflussbaren Risikofaktoren der koronaren Herzerkrankung zäh­len arterieller Hypertonus, Hypercholesterinämie, Nikotinabusus, Diabetes melli­tus, Übergewicht, Bewegungsmangel und Stressbelastung.  Nicht selten ist bei Patienten mit einer KHK ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom vorhanden, welches auch als ein Risikofaktor der KHK angesehen wird. Der Zusammenhang zwischen psychosozialen Faktoren einerseits (sozioökonomischer Status, Stress und Ängste sowie sozialer Betreuung) und dem kardiovaskulären Erkrankungsrisiko, deren Prognose und der Therapieadhärenz andererseits, ist nachgewiesen
    • Zu den nicht beeinflussbaren Risikofaktoren zählt die familiäre (also genetische) Belastung sowie das Alter und das Geschlecht, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen.

Tabelle 2: Vortestwahrscheinlichkeit für eine stenosierende KHK bei Patienten mit stabiler Brustschmerz-Symptomatik

Alter*
(Jahre)

Typische Angina pectoris

Frauen




Männer

Atypische Angina pectoris

Frauen




Männer

Nicht-anginöse
Brustschmerzen

Frauen




Männer


Andere Brustschmerzen

Frauen




Männer

30-39

31 %52 %14 %29 %14 %28 %12 %25 %

40-49

38 %59 %19 %36 %18 %35 %15 %31 %

50-59

45 %66 %24 %43 %23 %42 %20 %38 %

60-69

52 %72 %30 %51 %29 %49 %25 %45 %

70

60 %78 %37 %58 %36 %57 %32 %52 %

* Ermittelte Wahrscheinlichkeiten für die Altersgruppen stellen die jeweiligen Schätzwerte für Betroffene im Alter von 35, 45, 55, 65 und 75 Jahren dar.

Vortestwahrscheinlichkeit in gerundeten Prozentzahlen für die vier Gruppen des Brustschmerzes, gruppiert nach Alter (fünf Altersgruppen) und Geschlecht. Die bildgebenden, diagnostischen Strategien für Patient*innen mit stabilem Brustschmerz und mittleren Risiko für eine stenosierende, koronare Herzkrankheit basieren auf dem DISCHARGE Kalkulator, der auf Basis der COME-CCT (Collaborative Meta-Analysis of Cardiac CT Consortium) Kohorte mittels Individualdaten von Patient*innen mit stabilem Brustschmerz, die für eine invasive Koronarangiographie in Frage kommen, entwickelt wurde.

Quelle: Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK, Langfassung, Version 7.0. 2024, https://register.awmf.org/assets/guidelines/nvl-004l_S3_Chronische-KHK_2024-09.pdf, S. 25, Tabelle 6, letzter Aufruf: 06.06.2025.

Tabelle 3: CCS-Klassifizierung der Canadian Cardiovascular Society (CCS)

Stadium

Charakteristika

I

Keine Angina pectoris bei normaler körperlicher Aktivität, Angina pectoris bei schwerer körperlicher Aktivität

II

Geringe Beeinträchtigung der normalen körperlichen Aktivität infolge Angina pectoris

III

Erhebliche Beeinträchtigung der normalen körperlichen Aktivität infolge Angina pectoris

IV

Angina pectoris bei geringster körperlicher Aktivität oder in Ruhe

Quelle: Campeau, L (1976): Grading of angina pectoris. Circulation, 54:522-523
Tabelle 4: NYHA-Klassifikation der New York Heart Association

Stadium

Defintion

NYHA I
(asymptomatisch)

Herzerkrankung ohne körperliche Limitation. Alltägliche körperliche Belastung verursacht keine inadäquate Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris.

NYHA II
(leicht)

Herzerkrankung mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe und bei geringer Anstrengung. Stärkere körperliche Belastung (z. B. Bergaufgehen oder Treppensteigen) verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris.

NYHA III
(mittelschwer)

Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Geringe körperliche Belastung (z. B. Gehen in der Ebene) verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris.

NYHA IV
(schwer)

Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und in Ruhe, Bettlägerigkeit.

Quelle: https://leitlinien.dgk.org/files/2005_Leitlinie_Therapie_Chronische_Herzinsuffizienz.pdf. S. 491, Tabelle 3, letzter Aufruf: 06.06.2025.

Somatische und psychische Anamnese

  • Erfragung weiterer aktueller körperlicher oder psychischer Erkrankungen, ggf. Wechselwirkung zwischen psychischer Störung und somatischen Erkrankungen
  • Nicht-kardiale Erkrankungen in der Vorgeschichte einschließlich deren Therapie

Vegetative Anamnese

  • Inappetenz
  • Schlafstörung
  • Flache Liegeposition möglich
  • Schnarchen mit Apnoephasen
  • Kontinenzprobleme
  • Nykturie
  • Ernährungsgewohnheiten
  • Gewichtsveränderungen/ Ödeme der unteren Extremität
  • Hyperhidrosis / Hypohidrosis
  • Sexuelle Dysfunktionen, Erektionsstörungen sind ein Warnsignal für die KHK
  • Nutzung von Therapieoptionen:Medikamentöse Behandlungen
  • Nicht-medikamentöse Behandlungsoptionen
  • Therapieerfolge, -misserfolge: medikamentös, operativ, physikalisch
  • Risikoverhalten: Nikotin (packyears?) und Alkoholkonsum (welchen, wieviel und wie oft?)
  • Erkrankungen in der Vorgeschichte

Arbeits- und Sozialanamnese

  • Schulbildung, erreichter Schulabschluss
  • Ausbildung, berufliche Qualifikation
  • Bisherige Tätigkeiten
  • Derzeitige berufliche Tätigkeit
  • Gesundheitlich bedingter Tätigkeitswechsel / Berufswechsel
  • Soziales Umfeld
  • Entwicklung der Lebenssituation
  • Partnerschaftliche / familiäre / soziale Integration
  • Selbstständigkeit in der Lebensführung
  • Kindererziehung
  • Pflege von Angehörigen
  • Finanzielle Situation
  • Wohnsituation

Situation am Arbeitsplatz – letzte sozialversicherungspflichtige Tätigkeit

  • Arbeitsplatzbeschreibung:
    • Konkrete Beschreibung des Arbeitsplatzes, der Arbeitsinhalte, der Arbeitsatmosphäre
    • Schilderung eines üblichen Tagesablaufes auf der Arbeit
    • Kontakthäufigkeit zu Kollegen, Kunden
    • Umgang mit Konflikten
    • Handlungsspielraum / Verantwortungsspielraum auf der Arbeit
  • Tätigkeitbezogene Belastungsfaktoren:
    • Besondere physische und psychische Belastungen am Arbeitsplatz
    • Selbsteinschätzung des beruflichen Leistungsvermögens
  • Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz
  • Arbeitsunfähigkeitszeiten und deren Begründung
  • Betriebsärztliche Betreuung
  • Bisherige LTA
  • Stufenweise Wiedereingliederung (STW), Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
  • Weg zur Arbeitsstelle

Einstellungen zur Arbeit

  • Subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit
  • Leistungsanspruch / Verausgabungsbereitschaft
  • Pflichtgefühl / Perfektionsstreben
  • Durchsetzungsvermögen
  • Teamfähigkeit / Soziale Kompetenz
  • Konfliktfähigkeit / Problembewältigung
  • Distanzierungsfähigkeit von Problemen

Krankheitsbewältigung

  • Leidensdruck / subjektive Beeinträchtigung
  • Krankheitserleben / subjektives Krankheitskonzept
  • Fähigkeit zur Krankheitsbewältigung
  • Selbstwirksamkeitserleben
  • Veränderungsmotivation
  • Sekundärer Krankheitsgewinn
  • Teilnahme an Selbsthilfegruppen

Ausmaß psychosozialer Unterstützung

  • Privates Umfeld
  • Berufliches Umfeld
  • Dies ist anamnestisch für die KHK von besonderer Bedeutung und kann Aufschluss über die emotionale Belastung, die Resilienz und die Stresstoleranz geben.

Außerberufliche Aktivitäten

  • Schilderung eines üblichen Tagesablaufes / Alltagsgestaltung
  • Beeinträchtigung im Alltag und in der Freizeit
  • Hobbys, Reisen, Sport, Ausdauer, Bewegung, Belastbarkeit
  • Ausmaß durchschnittlicher Wochenbelastung
  • Teilnahme an Herzsportgruppen
  • Nebenberufliche Tätigkeiten
  • Teilnahme an Vereinen, Wahrnehmung von Ehrenämtern

Biografische Entwicklung und Familienanamnese

  • Krankheitsrelevante Belastungen in Kindheit, Jugendalter, Erwachsenenalter
  • Familiäre Belastung bezüglich psychischer / körperlicher Störungen in der Familie
  • Hypercholesterinämie

Begleitumstände der Antragsstellung / sozialversicherungsrechtlicher Status

  • GdB, GdS, Pflegestufe etc.
  • Aktuell Leistungen anderer Sozialleistungsträger
  • Bisherige Leistungen von Sozialleistungsträgern
  • Laufende Sozialgerichtsverfahren

Mobilität

  • Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln
  • Transportmittel zum Aufsuchen des Gutachters / der Gutachterin
  • Anreise zur Reha-Einrichtung
  • Fahrtauglichkeit


  

Diagnostik

Die Festlegung der Vortestwahrscheinlichkeit (siehe hierzu Störungsspezifische Anamnese) für eine stenosierende KHK ist auf kardiologischer Versorgungsebene von Bedeutung für die weiterführende apparative Diagnostik.

Klinischer Untersuchungsbefund

Spezifische körperliche Untersuchungsbefunde für die stenosierenden KHK bestehen nicht, es liegen häufig eher indirekte Hinweise vor (siehe hierzu Diagnostik > Klinischer Unterschungsbefund > Fachspezifischer Untersuchungsbefund).

Allgemeiner körperlicher Untersuchungsbefund

u.a. auch

  • Größe, Gewicht, BMI, waist-to-hip-ratio (WHR) / Taillenumfang
  • Blutdruck / Puls
  • Anämie, Zyanose
  • Atemmuster
  • Orientierende Prüfung von Hör- und Sehvermögen
  • Beschreibung der Bewegungsabläufe
  • Äußerliche körperliche Veränderungen.
  • Händigkeit

Fachspezifischer Untersuchungsbefund

Im Speziellen soll geachtet werden auf den kardiopulmonalen Befund einschließlich Herzrhythmus, Auskultationsbefund des Herzens, Blutdruckverhalten und Erfassung von Zeichen kardialer Dekompensation sowie Gefäßstatus; sie wird ergänzt durch eine orientierende Untersuchung des Bewegungsapparates.

  • Befunde der Rechtsherzinsuffizienz mit oberer Einflussstauung, Lebervergrößerung, peripheren Ödemen, Anasarka und Lippenzyanose
  • Befunde der Linksherzinsuffizienz mit Dyspnoe oder Tachypnoe
  • Herzauskultation: Vitien, Herzrhythmusstörungen
  • Auskultation der Lunge: Stauung, bronchiale Obstruktion
  • Auskultation von Hals- und Inguinalgefäßen sowie Aorta abdominalis (eventuell mit Nierengefäßen)
  • Messung des Ruheblutdrucks an beiden Armen, ggf. zusätzlich im Stand
  • Herzfrequenzvariabilität
  • Pulsdefizite
  • Palpation der Fußpulse an der unteren Extremität
  • Knöchel-Arm-Index (ABI): Quotient aus Blutdruck am Unterschenkel und Blutdruck am Oberarm. Bei gefäßgesunden Personen ist der ABI stets 1. Für die Diagnose einer pAVK ist der ABI-Wert mit dem niedrigsten Knöchel-Arteriendruck maßgeblich. Ferner ist ein pathologischer Knöchel-Arm-Index ein unabhängiger Risikoindikator für erhöhte kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität.

Psychosoziale Risikofaktoren und psychische Komorbidität

Psychosoziale Risikofaktoren steigern die KHK-Inzidenz und/oder Ereignisrate und sind für die Prognose, Therapieadhärenz und Lebensqualität relevant:

  • niedrige soziale Schicht
  • mangelnde soziale Unterstützung
  • Stress in Beruf und Familie
  • Depressivität, Angst, posttraumatische Belastungsstörung
  • Schizophrenie, bipolare Störung oder bestimmte Persönlichkeitsmuster
  • Für die klinische Praxis wird eine orientierende Erfassung der Lebensqualität mit den Items des EuroQoL (EQ-5D) - Bogens empfohlen. Dadurch werden fünf wesentliche Aspekte der Lebensqualität erfasst.
  • Zur Diagnosestellung einer psychischen Störung gehört die explizite Exploration aller Haupt- und Nebenkriterien.

Psychischer Befund

Basisfunktionen der psychischen Funktionen (z. B. Orientierung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, formales Denken, Affektivität, weitergehende Information im Anhang der DRV-Schrift 21, S. 55)

Nicht-invasive Ischämiediagnostik

Die Wahl des nicht-invasiven Verfahrens soll abhängig gemacht werden von der Vortestwahrscheinlichkeit für eine stenosierende KHK (siehe Tabelle 2), der Eignung der Patient*innen für den entsprechenden Test, dem Bedarf an zusätzlichen Informationen zur Therapieplanung eines Eingriffs aus prognostischer Indikation (z. B. präoperativ), den testbezogenen Risiken unter Berücksichtigung von Komorbiditäten der Patient*innen und Nebenwirkungen sowie der vor Ort verfügbaren diagnostischen Geräten und der lokalen Expertise. Die nicht invasive kardiovaskuläre Bildgebung stellt damit oft eine gute Alternative zur invasiven Koronarangiographie dar.

Basisdiagnostik

Patienten, bei denen aufgrund von Anamnese und Befund die Verdachtsdiagnose einer KHK besteht, sollten ein Ruhe-EKG (zwölf Ableitungen) und eine Ruhe-Echokardiographie erhalten:

Ruhe-EKG

  • Dient der Dokumentation des Grundrhythmus, zeigt Abnormalitäten in der Erregungsausbildung und-rückbildung, Änderungen der elektrischen Herzachse und Residuen einer früheren Myokardischämie, gibt Hinweise auf eine linksventrikuläre Hypertrophie
  • Besitzt bei Patienten mit stabilen Brustschmerzen bzw. als Nachweismethode einer stabilen KHK eine geringe Aussagekraft, außerdem schließt ein normaler EKG-Befund alleinig eine KHK nicht zuverlässig aus.
  • Die Auswahl eines möglichen nicht invasiven Testes kann von bestimmten Veränderungen im Ruhe EKG abhängig sein.

Transthorakale Echokardiografie (TTE)

Die Echokardiografie ist eine nicht-invasive Untersuchung zur morphologischen und funktionellen Beurteilung des Herzens (z. B. Größe der Herzkammern, Myokarddicke, Wandbewegungsstörungen und Bestimmung der linksventrikuläre Muskelmasse).

Mittels TTE:

  • gelingt die Differenzialdiagnose zum Ausschluss oder zur Bestätigung einer KHK mittels Beurteilung der globalen/regionalen Myokardfunktion unter Beachtung insbesondere regionaler Wandbewegungsstörungen (Hypo-, A- oder Dyskinesien)
  • ermöglicht der Gewebedoppler die Bestimmung des myokardialen Strain (linksventrikulärer, rechtsventrikulärer und atrialer Strain) als ein wichtiger prognostischer Parameter für das Ausmaß der Verkürzung bzw. Verdickung eines Muskelsegments zwischen Endsystole und Enddiastole, also der Abnahme der longitudinalen Deformation
  • können dank M-Mode-Echokardiografie die systolische und diastolische Dimension sowie die systemische Funktion des linken und rechten Ventrikels bestimmt werden
  • kann die Aorta ascendens mitbeurteilt werden, soweit von transthorakal einsehbar
  • kann beim Vorlegen einer diastolischen Dysfunktion diese in eine funktionelle frühdiastolische Relaxationsstörung und eine strukturelle spätdiastolische Compliancestörung differenziert werden
  • können Informationen über Klappenfunktion und mögliche Shunt-Vitien gewonnen werden

Bei schwierigen transthorakalen Untersuchungsbedingungen z. B. schlechten Schallbedingungen bei Lungenemphysem oder ausgeprägter Adipositas sowie bei besonderen Fragestellungen kann eine invasive - und damit nicht duldungspflichtige – transösophageale Echokardiografie (TEE) zu zuverlässigen Befunden führen.

Die Auswahl des nicht-invasiven Verfahrens zur Diagnostik eines stenosierenden CCS ist abhängig von der Vortestwahrscheinlichkeit (siehe hierzu Abbildung 1 bzw. Tabelle 2) Störungsspezifische Anamnese), der Eignung der Patient*innen für den entsprechenden Test (Tabelle 5); Bedarf an zusätzlichen Informationen zur Therapieplanung (z. B. Benefit eines Eingriffs aus prognostischer Indikation), testbezogenen Risiken; den vor Ort verfügbaren Gerätschaften und der lokalen Expertise.

  • niedrige Vortestwahrscheinlichkeit (< 15 %)
    • keine Anwendung eines diagnostischen Verfahrens zum Nachweis einer stenosierenden KHK, sondern Suche nach anderen Ursachen der Beschwerden
  • mittlere Vortestwahrscheinlichkeit (15 - 85 %)
    • Anwendung nicht-invasiver Verfahren zur diagnostischen Abklärung
  • hohe Vortestwahrscheinlichkeit (größer 85 %)
    • ohne weitere Diagnostik Annahme einer stenosierenden KHK als Beschwerdeursache und Therapieplanung (gemeinsame Entscheidungsfindung, konservative, nicht medikamentöse Therapie / medikamentöse Therapie / Revaskularisationstherapie)

Die nicht-invasive Diagnostik einer KHK kann durch zwei unterschiedliche Methoden erfolgen:

  • Morphologische Verfahren
    • Eine wichtige Neuerung in 2023/24 bei der ist die bevorzugte Empfehlung der CT-Koronarangiographie (CCTA) als bildgebende Untersuchung bei einer Vortestwahrscheinlichkeit von 15-50 %.
    • CT-Koronarangiographie (CCTA)
      • Native Computertomographie
      • Kontrastverstärktes Mehrschicht-Spiral-CT

Die kardiale Mehrschicht-Spiral-CT (MSCT) hat sich seit mehr als zehn Jahren in der Diagnostik der KHK etabliert. Generell muss zwischen der nativen MSCT zur Detektion und Quantifizierung von koronaren Verkalkungen und der kontrastverstärkten MSCT-Angiographie zur Detektion von Koronarstenosen differenziert werden.

Beide Verfahren ermöglichen den Nachweis von Koronarkalk als Ausdruck der koronaren Arteriosklerose. Dabei können auch subklinische Gefäßveränderungen dargestellt werden, die noch keine funktionelle Auswirkung im Sinne einer myokardialen Ischämie nach sich ziehen.

Dem kontrastverstärkte Mehrschicht-Spiral-CT gelingt sogar der direkte Nachweis von Gefäßstenosen (im Sinne einer nicht-invasiven Koronarangiographie).

Funktionelle Verfahren

  • Ergometrie (körperliche Belastung)
  • Stress-Echokardiografie
  • Nuklearmedizinische Perfusionsdiagnostik:
    • Myokard-Perfusions-SPECT und Myokard-Perfusions-PET
  • Magnetresonanztomografie ("Kardio-MRT"):
    • Dobutamin-Stress-MRT und Adenosin/Regadenoson-Stress-Perfusions-MRT
  • Spiroergometrie
  • Nähere Informationen zu den genannten Verfahren

Durch diese Verfahren lassen sich nicht nur Stenosen, sondern die Folgen der Gefäßveränderungen nachweisen. Da sogar hochgradige Stenosen unter Ruhebedingungen vollständig kompensiert (und damit nicht nachweisbar) sein können, ist immer eine körperliche oder pharmakologische Belastung erforderlich. Mittels dieser Untersuchungsmethoden können elektrophysiologische (EKG-Veränderungen), hämodynamische (Perfusionsstörung) oder metabolische (Wandbewegungsstörungen) Veränderungen nachgewiesen werden, die die Folgen einer belastungsinduzierten Myokardischämie sein können.

Die sozialmedizinische Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit erfolgt unter der aktuellen Medikation-nur bei der Ischämiediagnostik ist je nach Fragestellung eine Unterbrechung der herzwirksamen Medikation zu erwägen.

Tabelle 5: Eignungskriterien für die unterschiedlichen nicht-invasiven Verfahren
Stress-EchokardiographieMyokard-Perfusions-
Diagnostik
(SPECT und PET)
Stress-Perfusions-
MRT
CT-Angiographie
ZielmechanismusMyokard-Ischämie und -narbe
(Wandbewegung)
Myokard-Ischämie und -narbe
(Perfusion, Funktion)
Myokard-Ischämie und -narbe
(Perfusion, Funktion)
Koronarstenosen und Koronaratherosklerose
(Morphologie)
Zielstrukturgesamtes linksventrikuläres Myokardgesamtes linksventrikuläres Myokardlinksventrikuläres MyokardKoronararterien
Dauer der Untersuchung20 bis 30 min< 10 min Belastung, (2 x) 5 bis 20 min Kamera
(Gesamtdauer je nach Protokoll und Technik zwischen 45 min und 4h)
20 bis 30 min15 min
BelastungsverfahrenErgometrisch, Dobutamin, Adenosin*, Regadenoson*Ergometrisch, Regadenoson, Adenosin, selten Dobutamin*Regadenoson, Adenosin*Keine Belastung; aber häufig Beta-Blocker/Nitrate zur Vorbehandlung notwendig
Ionisierende Strahlungkeine
(Ultraschall)
Gamma Strahlungkeine
(Wechselnde Magnetfelder)
Röntgen Strahlung
KontrastmittelkeinekeineKontrastmittel
(Risiken bei schlechter Nierenfunktion)
Röntgenkontrastmittel
(Limitationen beachten)
Einschränkungen bei Schrittmachernkeinekeineabhängig vom Schrittmachersystemkeine
NachteileIntra- und Interobserver Variabilität
Evtl. eingeschränktes Schallfenster
Strahlenexposition**Strahlenexposition**
KostenerstattungGKV-LeistungSPECT: GKV-Leistung
PET: keine GKVLeistung
keine GKV-LeistungGKV-Leistung

* Bei der Anwendung dieser Arzneimittel handelt es sich um einen Off-Label-Use

** Die Strahlenexposition durch die Untersuchung ist abhängig vom Untersuchungsprotokoll, vom Verfahren und von der technischen Ausstattung. Allgemein liegt die Strahlenexposition bei den Verfahren im niedrigen Dosisbereich, d. h. unter 10 mSv (SPECT, PET) bzw. unter 5 mSv (CT-Angiografie). Untersuchungen können derzeit in bestimmten Fällen mit Strahlendosen von 1 mSv durchgeführt werden. Zum Vergleich: Die jährliche natürliche Strahlenexposition in Deutschland liegt bei etwa 2,5 mSv. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat diagnostische Referenzwerte, die regelmäßig aktualisiert werden, für die verschiedenen bildgebenden Verfahren festgelegt (siehe www.bfs.de).

Quelle: Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK, Langfassung, Version 7.0. 2024, https://register.awmf.org/assets/guidelines/nvl-004l_S3_Chronische-KHK_2024-09.pdf, S. 29, Tabelle 7, letzter Aufruf: 06.06.2025.

Invasive Diagnostik

Die Therapie der KHK beinhaltet immer eine medikamentöse Basis, die durch invasive Verfahren ergänzt werden kann. Die Wirkungsweise der perkutanen Koronarintervention (PCI) und Bypasschirurgie besteht dabei grundsätzlich aus drei Komponenten, die unterschiedlich gut durch die beiden Verfahren ausgenutzt werden:

  • Verbesserung der koronaren Flusskapazität bei belastungsinduzierter Ischämie
  • Reperfusion bei akuter Ischämie und Infarktprävention durch chirurgische Kollateralisierung oder
  • PCI von Infarkt-verursachenden Läsionen.

Beim Vorliegen einer chronischen KHK können diese beiden invasiven Verfahren die optimale konservative Therapie ergänzen: Bei anhaltenden oder ausgeprägten Symptomen kann das Verbessern der koronaren Flusskapazität zu einer Minderung der Symptome oder Steigerung der Lebensqualität beitragen. Bei anatomisch komplexer KHK, v. a. bei Diabetes mellitus und/oder Herzinsuffizienz bietet die Bypasschirurgie einen zusätzlichen prognostischen Nutzen, der vermutlich mittels Infarktprävention durch chirurgische Kollateralisierung gegeben ist.

Koronarangiografie

Die Koronarangiografie ist nicht Bestandteil des Diagnostikalgorithmus bei Verdacht auf eine chronische, stenosierende KHK bzw. erneut auftretenden Beschwerden einer bestehenden stenosierenden KHK. Davon abweichend ist das Vorgehen beim akuten Koronarsyndrom, das in anderen Leitlinien thematisiert wird. Im Rahmen der Therapieplanung soll die Koronarangiografie für diese Fälle vorgehalten werden, bei denen eine therapeutische Konsequenz im Sinne einer invasiven Therapie (PCI bzw. CABG) zu erwarten ist.

Für folgende Subgruppen kann im Fall einer invasiven Therapie ein Überlebensvorteil bestehen: Bei einer bestehenden Herzinsuffizien, einer Hauptstammstenose, bei Drei-Gefäß-Erkrankung, bei komorbidem Diabetes mellitus und bei einem Syntax-Score 33.

Für die invasiven Untersuchungen wie Links- oder Rechtsherzkatheteruntersuchung und Stress-Echokardiografie mit pharmakologischer Provokation besteht keine Duldungspflicht; das gilt auch für die Myokardszintigraphie (Radiopharmakoneinsatz) sowie Kardio-CT und Kardio-MRT mit Kontrastmitteleinsatz.

Differenzialdiagnostik

Für das Leitsymptom "Brustschmerz" kommen differenzialdiagnostisch viele alternative Ursachen in Betracht, deren Relevanz sich nicht nur aus der jeweiligen Prognose, sondern auch aus deren Prävalenz ableitet. Eine chronische KHK als Ursache für den Brustschmerz findet sich im hausärztlichen Patientengut lediglich bei 8 - 11 %.

Differenzialdiagnostisch besonders relevant sind daneben das Brustwandsyndrom, psychogene Ursachen, eine Lungenembolie, Atemwegsinfekte, ösophageale Ursachen und natürlich das akute Koronarsyndrom.


 

Therapieoptionen

  • Konservative nicht-medikamentöse Maßnahmen
  • Medikamentöse Behandlung
  • Revaskularisationstherapie

Diese Therapieoptionen können zu verschiedenen Stadien der Erkrankung indiziert sein, zeitweise auch gleichzeitig oder aufeinander abgestimmt und unterscheiden sich in ihrer Wirksamkeit und ihrem Nebenwirkungsprofil. Viele Interventionen sind Langzeittherapien mit Auswirkungen auf den Patientenalltag und erfordern darüber hinaus eine aktive Mitarbeit des Patienten.

Konservative nicht-medikamentöse Maßnahmen

Die konservative Therapie der KHK zielt darauf ab, das Fortschreiten der Atherosklerose aufzuhalten, Symptome zu vermindern und weiteren atherothrombotischen Ereignissen vorzubeugen. Dazu werden Lebensstil-verändernde Maßnahmen wie beispielsweise veränderte Bewegungs- oder Ernährungsgewohnheiten und medikamentöse Therapien miteinander kombiniert.

Trotz des großen Einflusses von Lebensstiländerungen auf das Mortalitätsrisiko von Patient*innen mit kardiovaskulären Erkrankungen, wird das Potential der sekundärpräventiven Maßnahmen nicht ausgeschöpft, dabei ist eine kontinuierliche und langfristige Änderung der Verhaltensmuster in kleinen Schritten ist meist nachhaltiger und einfacher umzusetzen.

Training und Bewegung

  • Körperliche Aktivität ist ein integraler Bestandteil der Sekundärprävention bei Patienten mit stabiler KHK und beinhaltet nicht nur Sport-bezogene Aktivitäten, sondern auch Aktivitäten des Alltags.
  • Daneben ist die Beratung des Patienten hinsichtlich seiner angstfreien Belastbarkeit im Alltag und beim Training Voraussetzung, um eine übermäßige Schonung als auch eine inadäquate körperliche Belastung zu vermeiden.
  • Risikoevaluation
    • Zur Planung des Trainingsprogramms und der Trainingsintensität sollte Patienten mit stabiler KHK eine Bestimmung ihrer maximalen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit mittels Ergometrie (mit EKG- und Blutdruckkontrolle) angeboten werden.
    • Bei Verfügbarkeit können mittels Spiroergometrie (s. hierzu Nicht-invasive Ischämiediagnostik) und/oder Laktatdiagnostik noch genauere Informationen über die individuelle kardiopulmonale und metabolische Belastungssituation gewonnen werden, zwecks Festlegung der Trainingsintensität.

Zur Klassifizierung der Intensität körperlicher Aktivität in vier Risikoklassen dient die modifizierte Einteilung der AHA.

Tabelle 6: Risikoklassifizierung modifiziert nach der Einteilung der AHA

Risikoklasse

Maßnahmen

Risikoklasse A

("Gesunde")

  • Ärztliche Überwachung nicht erforderlich;
  • Monitoring nicht erforderlich, aber wünschenswert.

Risikoklasse B

(stabile kardiovaskuläre Erkrankung; niedriges Risiko für Komplikationen bei größerer körperlicher Belastung)

Eine Risikokontrolle während des Trainings ist indiziert, wenn folgende Kriterien zutreffen:

  • Die Erkrankung ist neu entdeckt, und die Beurteilbarkeit der Belastungssicherheit ist eingeschränkt (ärztliche Überwachung plus Monitoring);
  • der Patient befindet sich in der Phase-II-Rehabilitation (ärztliche Überwachung plus Monitoring);
  • der Patient beteiligt sich weiterhin an einer ambulanten Herzgruppe (nach > 90 Übungseinheiten und fehlenden Kriterien der Klasse C).

Risikoklasse C

(mittleres bis hohes Risiko für kardiale Komplikationen bei körperlicher Belastung und/ oder unfähig zur Selbstbestimmung bzw. zum Verständnis des Aktivitätsniveaus)

Eine ärztliche Überwachung plus Monitoring ist indiziert

  • bis für den Patienten ein stabiles Belastungsniveau gefunden wurde, auf dem aufbauend in den folgenden Wochen ein monitorisiertes Trainingsprogramm durchgeführt werden kann;
  • bei Beginn der (Re-)Mobilisation;
  • in der Phase-II-Rehabilitation;
  • in der Phase-III-Rehabilitation (ambulante Herzgruppen für mindestens die ersten 90 Übungseinheiten sowie bei besonderen Risiken auch länger).

Risikoklasse D

(instabile Patienten)

  • Körperliche Aktivität zu Trainingszwecken kontraindiziert.

Quelle: Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK, Langfassung, Version 7.0. 2024, https://register.awmf.org/assets/guidelines/nvl-004l_S3_Chronische-KHK_2024-09.pdf, S. 59, Tabelle 13, letzter Aufruf: 06.06.2025.

Tabelle 7: Beispiele für die Intensität körperlicher Aktivität bei Patienten mit chronischer ischämischer Herzkrankheit

Intensität

Körperliche Aktivität

MET

Borg-Skala

Talk-Test

%VO2max

%HFmax

Leicht

Gehen/Spazieren < 4,7 km/h, leichte Hausarbeit.

1,1-2,9

10-11

 

< 40

40-54

Moderat

Schnelles Gehen (4,8-6,5 km/h), langsames Radfahren (15 km/h in der Ebene), Streichen/Dekorieren, Staubsaugen, Gartenarbeit (Rasenmähen), Golf (Ausrüstung im Golftrolley ziehen), Tennis (Doppel), Wasseraerobik.

3-5,9

12-13

Beschleunigte Atmung, Kommunikation in ganzen Sätzen möglich.

40-59

55-69

Anstrengend

Joggen/Laufen, Fahrradfahren > 15 km/h, Schwimmen (Bahnen Schwimmen), Tennis (Einzel).

6

14-16

Stark angestrengte Atmung. Entspannte Konversation nicht möglich.

60-84

70-89

Quelle: Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK, Langfassung, Version 7.0. 2024, https://register.awmf.org/assets/guidelines/nvl-004l_S3_Chronische-KHK_2024-09.pdf, S. 61, Tabelle 14, letzter Aufruf: 06.06.2025.

Ernährung

  • Empfehlungen der Nationale Versorgungsleitlinie Chronische KHK (6. Auflage, 2022)
    • Patienten mit stabiler KHK sollte eine kaloriengerechte, ballaststoffreiche Ernährung empfohlen werden, die reich an Früchten und Gemüse ist und wenig gesättigte Fette enthält.

Gewichtsmanagement

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Übergewicht zu messen und zu kategorisieren, dabei ist der Body-Mass-Index (BMI) am bekanntesten und leicht zu ermitteln. Der BMI ermöglicht keine Aussage über die Fettverteilung, die neben der Fettmenge prognostisch relevant ist. BMI, Bauchumfang und Taillen-Hüfte Umfang (Waist to hip ratio = WHR) zeigen eine ähnlich starke Assoziation zu kardiovaskulären Erkrankungen, sodass der BMI für die Praxis als ausreichend erscheint.

  • Empfehlungen der Nationale Versorgungsleitlinie Chronische KHK (7. Auflage, 2024)
    • Normalgewichtigen und übergewichtigen Patienten (BMI 30) mit chronischer KHK sollte empfohlen werden, eine Gewichtszunahme zu vermeiden.

Alkoholkonsum

  • Empfehlungen der Nationale Versorgungsleitlinie Chronische KHK (7. Auflage, 2024)
    • Der Alkoholkonsum sollte die Grenzen des risikoarmen Alkoholkonsums – definiert als bis zu 20 g Reinalkohol pro Tag für Männer und bis zu 10 g Reinalkohol für Frauen – nicht überschreiten.

Tabakkonsum

Bereits geringer Tabakkonsum und passive Tabakexposition sind bei einer nicht-linearen Dosis-Wirkungsbeziehung mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko verbunden, daher ist bei einem Patienten mit Gefäßerkrankungen die vollständige Tabakabstinenz eine grundlegende therapeutische Einzelmaßnahme.

  • Empfehlungen der Nationale Versorgungsleitlinie Chronische KHK (7. Auflage, 2024)
    • Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen soll empfohlen werden, das Rauchen aufzugeben und möglichst auch jede passive Tabakexposition zu vermeiden.
    • Für änderungsbereite Raucher sollen – je nach Bedarf – nicht-medikamentöse und medikamentöse Hilfen zur Raucherentwöhnung zur Verfügung gestellt werden.

Psychosoziale Risikofaktoren und psychische Komorbidität

Beim Vorliegen von psychosozialen Belastungen sollt den betreffenden Patienten(*innen) im Sinne der Sekundärprävention multimodale Verhaltensinterventionen angeboten werden:

  • Aufklärung über einen gesundheitsförderlichen Lebensstil
  • körperliches Training
  • psychologische Mitbehandlung psychischer Komorbiditäten und vorliegender psychosozialer Risikofaktoren

Medikamentöse Behandlung

Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) haben ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen wie verschiedene Formen von Herzrhythmusstörungen, Myokardinfarkte oder die Ausbildung einer Herzinsuffizienz unterschiedlichen Schweregrads.

Daher gibt es medikamentöse Therapie, die sich in ihrem Wirkstoffprinzip gezielt gegen die koronare Herzerkrankung und ihre Folgen richten (z.B. Thrombozytenaggregationshemmer und Lipidsenker), andere Wirkstoffe behandeln die zugrundeliegenden Risikofaktoren, die zur Ausbildung arteriosklerotischer Plaques in den Koronararterien geführt haben (z.B. Hemmer des RAA-Systems).

Thrombozytenaggregationshemmung

Grundsätzlich muss vor Beginn einer Thrombozyten-hemmenden Therapie  immer zwischen deren prognostischem Vorteil (nämlich der Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse) und ihren unerwünschten Wirkungen, insbesondere dem erhöhten Blutungsrisiko abgewogen werden.

  • Alle Patienten mit stabiler KHK: standardisiert Acetylsalicylsäure (ASS) 100 mg/d, bei Komorbiditäten (v. a. periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten: 75 mg Clopidogrel Bei erhöhtem Risiko für gastrointestinale Blutung oder gastrointestinalen Beschwerden: Fortsetzung der Behandlung mit Acetylsalicylsäure (ASS) unter zusätzlicher Gabe eines Protonenpumpenhemmers fortgesetzt oder Therapieumstellung auf Clopidogrel
  • Patienten mit stabiler KHK ohne perkutane Koronarintervention (PCI) und Indikation zur oralen Antikoagulation: keine zusätzliche Thrombozytenaggregationshemmung
  • Patienten mit stabiler KHK nach PCI mit elektiver Stent-Implantation: Duale Thrombozytenaggregationshemmung aus oraler Antikoagulation und Thrombozytenaggregationshemmung
  • Patienten mit stabiler KHK und Indikation zur oralen Antikoagulation nach elektiver Stent-Implantation: Duale Therapie aus oraler Antikoagulation und einem Thrombozytenaggregationshemmer
  • Triple-Therapie bei einzelnen Patienten mit chronischer KHK und einem hohem ischämischen Risiko nur für eine kürzestmögliche Zeit und nach individueller Risikoabwägung
  • Patienten mit stabiler KHK nach elektiver aortokoronarer Bypass (ACVB)-OP: alleinige Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS 100 mg
  • Nach elektiver ACVB-OP und Notwendigkeit zur oralen Antikoagulation: postoperativ alleinige orale Antikoagulation

Lipidsenker

  • Für alle Patienten mit KHK: Unabhängig vom Ausgangswert der Blutfettwerte wird dauerhaft ein Statin als Mittel der ersten Wahl in fester Dosis empfohlen werden, über die Dosierung (Hochdosis vs. mittlere Dosis) sollte partizipativ entschieden werden
  • Bei Nebenwirkungen unter Statinen: Dosisreduktion oder Umsetzung auf ein anderes Statinpräparat; Alternativ ist Bempedoinsäure für die Monotherapie bei Statinintoleranz zugelassen mit Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse
  • Bei zusätzlicher Herzinsuffizienz: (Bei Patienten mit KHK) Fortsetzung der Statin-Behandlung
  • Bei Patienten mit einer chronischen KHK:
  • Empfehlung der NVL KHK, Version 7(2024) als Zielwerte:
    • Senkung des LDL-Cholesterinspiegels auf < 70 mg/dl (< 1,8 mmol/l) oder – bei LDL    zwischen 70 und 135 mg/dl (1,8 und 3,5 mmol/l) – eine mindestens 50%ige Reduktion
  • Bei Patient*innen mit einer chronischen KHK soll der LDL-Cholesterinspiegel auf den Zielwert < 55 mg/dl (< 1,4 mmol/l) gesenkt werden oder der Ausgangswert um mindestens 50% reduziert werden Kombinationstherapie mit Ezetimib bei Patienten mit KHK: Bei Unverträglichkeit einer Hochdosis-Statintherapie (Strategie der festen Dosis) bzw. bei LDL-Werten > 70 mg/dl bzw. 1,8 mmol/l unter der maximal verträglichen Statindosis (Zielwertstrategie)
  • PCSK9-Inhibitoren bei Patienten mit KHK: Bei Unverträglichkeit einer Hochdosis-Statintherapie (Strategie der festen Dosis) bzw. bei LDL-Werten > 140 mg/dl bzw. 3,6 mmol/l unter der Kombinationstherapie aus maximal verträglicher Statindosis und Ezetimib (Zielwertstrategie), aber: PCSK9-Inhibitoren sollten nicht routinemäßig bei Patienten mit KHK eingesetzt werden, es sei denn, der Einsatz der PCSK9-Inhibitoren erfolgt zur Vermeidung einer Lipid-Apherese

Betarezeptorenblocker

Patienten nach Myokardinfarkt sollte für ein Jahr ein Betarezeptorenblocker empfohlen werden, danach sollte die Therapiefortsetzung oder -beendigung neu evaluiert werden.

Hemmer des RAA-Systems (ACE-Hemmer und AT1-Rezeptorantagonisten)

  • Alleinige KHK ohne Begleiterkrankungen: Keine eigenständige Indikation für eine ACE-Hemmer-Therapie
  • KHK und begleitende arterielle Hypertonie oder linksventrikuläre Dysfunktion bzw. Herzinsuffizienz: Behandlungsindikation gegeben

Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten (MRA, Aldosteronantagonisten)

  • Bei alleiniger KHK ohne Begleiterkrankungen ist keine eigenständige Indikation für eine MRA-Therapie gegeben
  • Bei KHK mit unter leitliniengerechter Medikation noch nicht ausreichend eingestellter oder  therapieresistenter arterieller Hypertonie mit und ohne begleitende Herzinsuffizienz ist eine Behandlungsindikation gegeben
  • KHK (und begleitender arteriellen Hypertonie oder) mit linksventrikulärer Dysfunktion bzw. Herzinsuffizienz: Behandlungsindikation gegeben.

Symptomatische Therapie und Prophylaxe der Angina pectoris

  • Als antianginöse Therapie trotz optimierter prognoseverbessernder Medikation bei fortbestehenden Belastungseinschränkungen stehen Betablocker, Kalziumkanalblocker, langwirksame Nitrate, Ranolazin und Ivabradin zur Verfügung.
  • Komorbiditäten der Betreffenden und unerwünschte Wirkungen beeinflussen die Auswahl der antianginösen Medikation
  • Zur symptomatischen kurzwirksamen Therapie sollten Patienten mit stabiler Angina pectoris ein schnellwirkendes Nitrat sowohl zur Anfallskupierung bei sich tragen als auch vor erwarteten Belastungssteigerungen anwenden, um so ein indiziertes Bewegungstraining durchführen zu können
  • Als symptomatische Ergänzungstherapie sind die langwirksamen Nitrate, Ranolazin und Ivabradin als Kombinations- oder Zusatzmedikation zugelassen, wenn eine Betablockertherapie nicht ausreichend wirksam ist, oder nicht toleriert wird. Eine Zulassung und Wirksamkeit von Ivabradin besteht nur bei stabilem Sinusrhythmus.

Revaskularisationstherapie

Die in diesem Kapitel dargestellten Maßnahmen dienen dazu, Gruppen zu identifizieren, die von einer Revaskularisation in Bezug auf die Therapieziele "Symptomatik und Lebensqualität" bzw. "Verbesserung der Prognose" einen Nutzen haben.

Die FFR- (Funktionale Flussreserve) -Messung zur Unterstützung der Therapieentscheidung bei geplanter invasiver Therapie ist zu empfehlen. Der Vorteil einer FFR-geleiteten Therapieentscheidung bei bestehender Indikation zur Perkutanen koronaren Intervention (PCI) besteht vor allem darin, Interventionen zu vermeiden, wenn sich aus der FFR-Messung eine zu geringe funktionelle Relevanz der Stenose ergibt.

 

Indikationen

  • Patienten (*innen) mit koronarer Eingefäßerkrankung mit proximaler RIVA-Stenose kann eine PCI oder Bypass-OP empfohlen werden (PCI ist weniger invasiv, aber bezüglich der Notwendigkeit einer Re-Intervention der Bypass-OP unterlegen)
  • Aufklärung der Patienten (*innen) über einen möglichen Überlebensvorteil der Bypass-OP abhängig von der Schwere der Erkrankung (3GE, höherer Syntax-Score (angiografischer Score zur Beschreibung der Komplexität der KHK), Diabetes, Hauptstammstenose, Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Pumpfunktion)
  • Patienten (*innen), bei denen die Bypass-OP keine Option darstellt (beispielsweise aufgrund des reduzierten Allgemeinzustandes, aufgrund von Begleiterkrankungen, der Verfügbarkeit von Grafts, fehlender Anschlussfähigkeit der nativen Koronargefäße oder Porzellanaorta), kann eine PCI angeboten werden
  • Menschen mit Diabetes mellitus und koronarer Mehrgefäßerkrankung soll als Revaskularisationsverfahren die Bypass-OP angeboten werden.

Bei komplexen Koronarbefunden soll über den Therapievorschlag im Herzteam entschieden werden.


 

Krankheitsverlauf und Prognose der Erkrankung

Eine effiziente Langzeitbetreuung setzt eine enge Verzahnung der Versorgungssektoren (Hausarzt, andere Fachärzte, Akutkrankenhaus/Fachklinik sowie stationäre und ambulante Rehabilitation) voraus. Die Langzeitbetreuung des Patienten und deren Dokumentation sowie die Koordination diagnostischer, therapeutischer und rehabilitativer Maßnahmen, z. B. im Rahmen eines strukturierten Behandlungsprogramms (DMP KHK), erfolgen durch den Hausarzt.

Eine Verlaufsbeobachtung mittels spezieller kardialer Diagnostik bei asymptomatischen Patienten trotz gesicherter stenosierender KHK wie auch bei einer geringen stabilen Symptomatik ist nicht erforderlich.

Bei Patienten mit einem besonders hohen kardiovaskulären Risiko legen Hausarzt und Kardiologe gemeinsam fest, in welchen Abständen eine routinemäßige kardiologische Verlaufskontrolle für den individuellen Patienten sinnvoll ist. Davon betroffen sind Patienten (*innen) mit relevanten Komorbiditäten (Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz) oder der Erfüllung angiographischer Kriterien einer schweren KHK (Hauptstammstenose, Mehrgefäßerkrankung, proximale RIVA-Stenose, unbefriedigendes Interventionsergebnis).

Es muss eine gleichmäßige Berücksichtigung somatischer, psychischer und sozialer (Teilhabe-) Aspekte erreicht werden, damit körperliche Minderbelastungen nicht zu einem Rückzug aus Beruf und Sozialleben führen, wodurch wiederum die körperliche Belastbarkeit weiter sinken kann. Depression und Angst können diesen Teufelskreis verstärken.