Orientierungshilfe Gutachtenerstellung
Hier stellen wir Ihnen eine Orientierungshilfe in Form von Stichpunkten für die Erstellung des freien Teils des Gutachtens zur Verfügung. Detailliertere Informationen finden Sie in der DRV-Schrift Band 21.
- Anamneseerhebung
- Klinischer Untersuchungsbefund
- Diagnostische Maßnahmen
- Therapieoptionen
- Krankheitsverlauf und Prognose
Anamneseerhebung
Die Anamnese zählt zu den wichtigsten Bestandteilen des Gutachtens und ist eine wesentliche Grundlage für die sozialmedizinische Beurteilung. Die Beschreibung muss unvoreingenommen und wertfrei erfolgen.
Bei der Darstellung der Anamnese werden folgende Inhalte erwartet:
- Anamnese nach Aktenlage mit Aufführung aller sozialmedizinisch relevanten Unterlagen mit Angabe von Quelle, Datum und Kernaussagen
- Anamnese nach Angaben der Probanden.
Die folgende Aufzählung gibt Ihnen in Form von Stichpunkten eine Hilfestellung für die Erhebung einer vollständigen Anamnese.
Störungsspezifische Anamnese
- Störungsspezifische Beschreibung der Symptome
- Nutzung von Therapieoptionen (medikamentöse Behandlungen, weitere therapeutische Behandlungsoptionen)
Somatische und psychische Anamnese
- Erfragung weiterer aktueller körperlicher oder psychischer Erkrankungen, ggf. Wechselwirkung zwischen psychischer Störung und somatischen Erkrankungen
- Erkrankungen in der Vorgeschichte
Vegetative Anamnese
- Risikofaktoren
- Suchtmittelgebrauch
- Inappetenz
- Schlafstörung
- Schnarchen mit Apnoephasen
- Kontinenzprobleme
- Gewichtsveränderungen
- Hyperhidrosis / Hypohidrosis
- Sexuelle Dysfunktionen
Arbeits- und Sozialanamnese
- Schulbildung, erreichter Schulabschluss
- Ausbildung, berufliche Qualifikation
- Bisherige Tätigkeiten
- Derzeitige berufliche Tätigkeit
- Gesundheitlich bedingter Tätigkeitswechsel / Berufswechsel
- Soziales Umfeld
- Entwicklung der Lebenssituation
- Partnerschaftliche / familiäre / soziale Integration
- Selbstständigkeit in der Lebensführung
- Kindererziehung
- Pflege von Angehörigen
- Finanzielle Situation
- Wohnsituation
Letzte sozialversicherungspflichtige Tätigkeit
- Arbeitsplatzbeschreibung:
- Konkrete Beschreibung des Arbeitsplatzes, der Arbeitsinhalte, der Arbeitsatmosphäre
- Schilderung eines üblichen Tagesablaufes auf der Arbeit
- Kontakthäufigkeit zu Kollegen, Kunden
- Umgang mit Konflikten
- Handlungsspielraum / Verantwortungsspielraum auf der Arbeit
- Tätigkeitbezogene Belastungsfaktoren:
- Besondere physische und psychische Belastungen am Arbeitsplatz
- Selbsteinschätzung des beruflichen Leistungsvermögens
- Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz
- Arbeitsunfähigkeitszeiten und deren Begründung
- Betriebsärztliche Betreuung
- Bisherige LTA
- Weg zur Arbeitsstelle
Einstellungen zur Arbeit
- Subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit
- Leistungsanspruch / Verausgabungsbereitschaft
- Pflichtgefühl / Perfektionsstreben
- Durchsetzungsvermögen
- Teamfähigkeit / Soziale Kompetenz
- Konfliktfähigkeit / Problembewältigung
- Distanzierungsfähigkeit von Problemen
Krankheitsbewältigung
- Leidensdruck / subjektive Beeinträchtigung
- Krankheitserleben / subjektives Krankheitskonzept
- Fähigkeit zur Krankheitsbewältigung
- Selbstwirksamkeitserleben
- Veränderungsmotivation
- Sekundärer Krankheitsgewinn
- Teilnahme an Selbsthilfegruppen
Ausmaß psychosozialer Unterstützung
- Privates Umfeld
- Berufliches Umfeld
Außerberufliche Aktivitäten
- Schilderung eines üblichen Tagesablaufes / Alltagsgestaltung
- Hobbys, Reisen, Sport
- Nebenberufliche Tätigkeiten
- Teilnahme an Vereinen, Wahrnehmung von Ehrenämtern
Biografische Entwicklung und Familienanamnese
- Krankheitsrelevante Belastungen in Kindheit, Jugendalter, Erwachsenenalter
- Familiäre Belastung bezüglich psychischer oder körperlicher Störungen in der Familie
Antragsstellung und sozialversicherungsrechtlicher Status
- Wie / durch wen erfolgte die Antragsstellung
- Grad der Behinderung (GdB), Grad der Schädigungsfolgen (GdS), Pflegestufe etc.
- Aktuell Inanspruchnahme von Leistungen anderer Sozialleistungsträger
- Bisherige Leistungen von Sozialleistungsträgern
- Laufende Sozialgerichtsverfahren
Angaben zur Mobilität
- Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln
- Transportmittel zum Aufsuchen des Gutachters / der Gutachterin
- Anreise zur Reha-Einrichtung
- Fahrtauglichkeit
Klinischer Untersuchungsbefund
Allgemeiner körperlicher Untersuchungsbefund
- Größe und Gewicht
- Blutdruck und Puls
- Orientierende Prüfung von Hör- und Sehvermögen
- Beschreibung der Bewegungsabläufe
- Äußerliche körperliche Veränderungen
- Händigkeit
- Hautbeschaffenheit
Fachspezifischer Untersuchungsbefund
- Normalbefunde
- Pathologische Befunde
Psychischer Befund
- Basisfunktionen der psychischen Funktionen (u.a. Orientierung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, formales Denken, Affektivität)
Diagnostische Maßnahmen
- Labordiagnostik
- apparative Diagnostik
- Testpsychologische Diagnostik
- Differenzialdiagnostik
Therapieoptionen
- Medikamentöse Behandlung
- Nicht-medikamentöse Behandlung
Krankheitsverlauf und Prognose
Die Epikrise ist die zusammenfassende Darstellung der vorgebrachten Erkrankungen mit den Ausführungen, was davon als gesichert angesehen werden kann, der Ergebnisse der gutachterlichen Plausibilitätsprüfung und der daraus folgenden Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Probanden. Die Epikrise ist damit die Grundlage für die folgende sozialmedizinische Beurteilung. Krankheiten mit und ohne Einfluss auf das Leistungsvermögen sollten jeweils als solche bezeichnet werden.
Die Epikrise muss enthalten:
- den Verlauf und die Prognose jeder sozialmedizinisch relevanten Erkrankung unter kritischer Würdigung der Anamnese, der erhobenen Befunde, der bisherigen Therapie und weiterer therapeutischer und rehabilitativer Möglichkeiten,
- die Diskussion wichtiger Vorbefunde (Krankenhaus- und Rehabilitations-Entlassungsberichte, Untersuchungsergebnisse, Gutachten anderer Sozialleistungsträger) und ggf. differenzialdiagnostische Überlegungen,
- Darstellung von Diskrepanzen, wenn medizinische Aussagen in Berichten und Attesten sich gutachterlich nicht bestätigen lassen, oder bei Inkonsistenzen innerhalb der Begutachtungssituation,
- Aussagen zum Längsschnitt insbesondere bei Krankheiten mit schubweisem Verlauf (Dauer und Frequenz der Schübe),
- Darstellung der Mobilität mit Angaben zur Gehstrecke und ggf. der Nutzung von Hilfsmitteln; Führen von Fahrzeugen und Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel,
- Hinweise auf Besonderheiten bei der Begutachtung (wie z. B. Sprachschwierigkeiten, auffällige Verhaltensweisen),
- die Anregung weiterer Sachaufklärung mit Begründung.
Diese und weiterführende Informationen zur Erstellung einer Epikrise stammen aus DRV-Schriften Band 21: Das ärztliche Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung – Hinweise zur Begutachtung (Ausgabe September 2018).