Deutsche Rentenversicherung

Schlaganfall

Sozialmedizinische Beurteilung
Stand: 11.03.2024

Sozialmedizinische Beurteilung

  • Sozialmedizinische Fragestellungen bei Schlaganfall aus Sicht der Rentenversicherung sind:
    • Kostenträger im neurologischen Phasenmodell – wann erfolgt in Phase C der Wechsel zur Rentenversicherung (RV)? – positive Erwerbsprognose (s.a. med. Rehabilitation)?
    • Besteht Bedarf an medizinischer Rehabilitation bei Gefährdung der Erwerbsfähigkeit (persönliche Voraussetzungen i.S. § 10 SGB VI) – Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (LzmR) erforderlich? – Rehabilitationsbedarf
    • Welcher Bedarf an medizinischer Rehabilitation zugeordnet im Phasenmodell besteht?
    • Sind Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben – berufliche Rehabilitation (LTA im engeren Sinne) erforderlich? Welche?
    • Gutachterliche Einschätzung des quantitativen und qualitativen Leistungsvermögens im Erwerbsleben – Positives und Negatives Leistungsvermögen (LV)
  • Die sozialmedizinische Beurteilung erfolgt auf Grundlage der vorhandenen Befunde. Die Sachaufklärung dient entsprechend der ICF (s.u.) vornehmlich der Klärung der Funktionsstörungen und der damit verbundenen Störungen auf der Ebene der Aktivitäten sowie den daraus resultierenden Einschränkungen in Bezug auf die Teilhabe. Sie umfasst ebenso die Kontextfaktoren
  • Die Sachaufklärung soll so ausgerichtet sein, dass eine Aussage über das quantitative und qualitative Leistungsvermögen getroffen werden kann

 
 

Grundlagen der sozialmedizinischen Beurteilung

Hierzu zählen:

  • Diagnosen
  • Beschreibung der Funktionsstörungen und daraus resultierende Beeinträchtigungen der Aktivitäten
  • Verbindung von Querschnitts- und Längsschnittverlauf
  • Ausschöpfung therapeutischer Optionen
  • Krankheitsbewältigung
  • Beschwerdenvalidierung
  • Verbindung von Funktionsstörung, Beeinträchtigung von Aktivitäten mit dem Arbeits- und Sozialleben
  • Kriterien zur sozialmedizinischen Prognosebeurteilung

Nähere Informationen zu den o.g. Punkten erhalten Sie auf der Seite "Leitfaden für die Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens".

Störungsspezifische Darstellung der Beeinträchtigungen der Aktivitäten

  • Ausprägungsgrad der Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Anforderungen am Arbeitsplatz:
    • Strukturierung nach ICF:
      • Gesundheitsproblem – Körperfunktionen (b) und -strukturen (s)
      • Aktivitäten (d) – Teilhabe (d) – Umweltfaktoren – Personbezogene Faktoren (Alter, Geschlecht, sozialer Status, …)
  • Fördernde Faktoren als auch hemmende Faktoren (Barrieren)

Krankheitsbewältigung

  • Bestehen Probleme in der Krankheitsbewältigung, die ggf. psychosomatische Rehabilitation oder besondere Psychotherapie innerhalb einer neurologischen Rehabilitation erfordern?

Beschwerdenvalidierung

  • Ziel der Beschwerdenvalidierung:
    • Klärung, ob die vom Probanden berichteten Beschwerden und Funktionsstörungen mit dem gutachterlichen Untersuchungsbefund erklärt werden können
    • Bei eingeschränkter Plausibilität der Beschwerdedarstellung sollte gutachterlicherseits eine Einordnung bezüglich Aggravation – Dissimulation oder Simulation unternommen werden. Bei Schlaganfallfolgen besteht oft eine Tendenz der Betroffenen, Defizite zu negieren, bei z.B. nicht ausreichend erfolgter psychischer Krankheitsverarbeitung. Darüber hinaus muss die Möglichkeit einer eingeschränkten Störungswahrnehmung bedacht und ggf. diskutiert werden.
  • Abgleich mit den durch den Untersuchenden erhobenen Befunden
    • Neuropsychologische Zusatz-Begutachtung, um kognitive Defizite und ihre Auswirkungen auf die Teilhabe einschätzen zu können

Kriterien zur sozialmedizinischen Prognosebeurteilung

Bei Begutachtung der Folgen cerebrovaskulärer Erkrankungen stellen sich folgende grundsätzliche Überlegungen:

  • Sind die festgestellten neurologischen Defizite irreversibel?

Falls ja sind im Rahmen einer medizinischen Rehabilitation Kompensationstechniken erlernbar? Dabei ist zu beachten, dass sowohl grundlegende neurologische Eigenschaften des ZNS wie neuronale Plastizität, als auch durch komplexe Lernprozesse, die Übernahme ausgefallener sensomotorischer Funktionen oder höherer kognitiver Funktionen durch vom Schlaganfall nicht betroffene Hirnareale möglich ist. Außerdem können dem/ der Schlaganfallpatient*in im Rahmen der medizinischen Rehabilitation Kompensationsstrategien vermittelt bzw. durch die Rehabilitandin erlernt/ trainiert werden. Daher kann eine medizinische Rehabilitation vorzeitig (4-Jahres Frist) aus medizinischer Sicht erforderlich werden.

Empirisch lässt sich nicht eindeutig belegen, dass nach der Lokalisation der cerebralen Läsion  auf die Prognose der beruflichen Wiedereingliederung geschlossen werden kann. Gleichwohl hat die Lokalisation Einfluss auf die funktionellen Beeinträchtigungen des/ der Proband*in und wird im Gutachten in die prognostische Einschätzung miteinfließen.

Weiterhin sollte bei der Prognose beurteilt werden, ob ggf. Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation (Leistungen Teilhabe am Arbeitsleben) bei der Wiedereingliederung ins Arbeitsleben unterstützen können.

Sollte eine negative Erwerbsprognose und eine negative Rehabilitationsprognose gutachterlicherseits gesehen werden, ist im Sinne des weiteren Rehabedarfs (der sich aus SGB IX und dem § 40 SGB V ergibt) zu prüfen, ob medizinische Rehabilitation zur Abwendung von Pflegebedürftigkeit notwendig ist. Bei negativer Erwerbsprognose wird ggf. von Seiten der Rentenversicherung z.B. an die Krankenkasse als Reha-Träger abgegeben oder es wird nach Durchführung der medizinischen Rehabilitation ein Erstattungsanspruch der Rentenversicherung an die Krankenkasse gestellt.

Positiv umschrieben sind Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach Schlaganfall aus Sicht der Rentenversicherung dann indiziert, wenn überdauernde neurologische Defizite bestehen, die die berufliche Teilhabe beeinträchtigen und eine überwiegend positive Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese durch eine medizinische  Rehabilitation positiv beeinflusst werden können und damit auch die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben günstig eingeschätzt wird.

Die sozialmedizinische Prognose ergibt sich aus allen bislang gelisteten Aspekten, z.B.:

  • Verlauf der Erkrankung (Schweregrad, Dauer, Chronifizierung)
  • Bisherige Therapien/Rehabilitationsmaßnahmen:
    • Angemessenheit der Vorbehandlungen
    • Wirksamkeit der Therapiemaßnahmen
    • Ausschöpfung der Therapieoptionen
  • Beurteilung, ob der Einsatz von weiteren therapeutischen/rehabilitativen Maßnahmen die Leistungsfähigkeit günstig beeinflusst

 
 

Medizinische Rehabilitation

Ablauf der Rehabilitation nach Schlaganfall in Deutschland

  • Die Erstrehabilitation erfolgt als neurologische Komplexbehandlung im Akutkrankenhaus oder als geriatrische Komplexbehandlung.
  • Kennzeichnend für die neurologische Rehabilitation in Deutschland ist das Phasenmodell

Abbildung: Phasenmodell

Phasenmodell Phasenmodell

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

U.a. für die Akutbehandlung (Phase A) und die rehabilitative Phase B ist die gesetzliche Krankenkasse zuständig. Zur Begutachtung des Übergangs von den Phasen A C sei daher auf die Begutachtungsanleitung des MD-Bund (vormals MDS) der Medizinischen Dienste verwiesen.

Der Wechsel der Kostenträgerschaft in der Phase C erfolgt, wenn eine positive Erwerbsprognose gestellt werden kann nach den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation für die neurologische Rehabilitation der Phase C.

Nach dieser BAR-Empfehlung, der Anlage 3 und den darin aufgeführten Reha-Assessments wird durch die Reha-Klinik  der Wechsel der Kostenträgerschaft von der Krankenkasse zur gesetzlichen Rentenversicherung beantragt.

Neben anderen funktionellen Assessments wird dabei regelmäßig die Vorlage des Barthel-Index verlangt.

Eine ausreichende Rehabilitationsfähigkeit im Sinne der Phase-D dürfte in einem Bereich des Barthel-Index von >/= 75 Punkten vorliegen. Dies dient aber nur als Anhalt und korrespondiert mit der Einteilung für die ICD-10 GM, die sozialmedizinische gutachterliche Einschätzung muss für den konkreten Einzelfall erfolgen. Bei Grenzfällen empfiehlt sich eine telefonische Fallbesprechung mit der angestrebten Rehabilitationsklinik.

Ggf. wird von Seiten des Kostenträgers unter Einschaltung des beratungsärztlichen Dienstes geprüft, ob die (höheren) Kosten für eine behandlungsintensivere Rehaphase übernommen werden können. Da realistische Behandlungsalternativen regelmäßig nicht vorliegen ist diese Anfrage vor dem Hintergrund des individuellen Anspruchs des jeweiligen/ der jeweiligen Versicherten gemäß § 10 SGB VI zu prüfen.

Grundsätzliche Überlegungen zur sozialmedizinischen Beurteilung bei cerebrovaskulären Krankheitsfolgen:

  • Da bei cerebrovaskulären Erkrankungen das Gehirn als entscheidendes koordinierendes und integrierendes biologisches System betroffen ist, das für alle Formen der Teilhabe entscheidend ist, gestaltet sich der zeitliche und rehabilitative Aufwand regelmäßig höher als bei anderen-  Erkrankungen daher neurologisches Phasenmodell der Rehabilitation
  • Neurologische Erkrankungen betreffen oft auch motivationale und kognitive Fähigkeiten der Rehabilitand*innen und können so die Rehabilitation komplexer und langwieriger gestalten
  • Die Überprüfung der Prognosestellung (z.B. durch beratungsärztliche Dienste der Rentenversicherung) sollte daher auf ärztliche Befundberichte abstellen, die von Ärzten mit Erfahrung in neurologischer Rehabilitation unter Verwendung geeigneter Assessments erstellt wurden. Schwierige (Grenz-) fälle sollten ggf. unter Einbeziehung von neurologischen Ärzten/-innen beurteilt werden
  • Da neurologische Defizite über lange Zeit bestehen können und die berufliche Teilhabe stark beeinträchtigen können, sollte gutachterlicherseits regelmäßig zur Frage Stellung genommen werden, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) / berufliche Rehabilitation angezeigt sind (nach dem Grundsatz Rehabilitation vor Rente)

Ggf. Stellungnahme zur zutreffenden neurologischen Phasenrehabilitation (Fragestellung an die beratungsärztlichen Dienste der Kostenträger)

  • Zunächst sollte aus neurologischer Sicht der Rehabilitationsbedarf des Probanden/ der Probandin beschrieben werden. In einem zweiten Schritt sollte die zutreffende Reha-Phase festgelegt werden. Dann ergibt sich nach den Erläuterungen in Kap. 1.3 die zuständige Kostenträgerschaft.
  • Wichtig ist – gerade bei grenzwertig niedrigen Werten in Assessments (z.B. ein Barthel-Index von 70 Punkten) – dass die gegebene medizinische Situation aus gutachterlicher oder beratungsärztlicher Sicht unter Berücksichtigung aller vorliegenden medizinischen Befunde auf den Einzelfall bezogen vorgenommen wird. Eine schematische Ablehnung, die sich alleine auf einen grenzwertigen Funktionstest stützt, wird einer solchen Gutachtenanfrage aus sozialmedizinischer Sicht regelmäßig nicht gerecht.
  • Aufgrund der Komplexität des Rehabilitationsbedarfs bei Menschen mit Schlaganfallfolgen, sind Abweichungen vom Regelfall häufig und bedürfen ggf. der ärztlichen-gutachterlichen Einschätzung (z.B. erhöhter Pflegesatz in Phase C bei positiver Erwerbsprognose, oder eine ganztägig ambulante Durchführung der medizinischen Rehabilitation in Phase C).

Einschätzung von Rehabilitationsbedarf, Rehabilitationsfähigkeit, Rehabilitationsprognose

  • Ein Rehabilitationsbedarf ist nach einem akuten Schlaganfall regelmäßig anzunehmen. Deshalb ist Schlaganfall eine medizinische Indikation, die von einigen RV-Trägern und bestimmten Krankenkassen als Anschlussrehabilitation oder sogenanntes Direkteinweisungsverfahren ohne weitere Prüfung durch den sozialmedizinischen Dienst rehabilitiert wird.
  • Häufig werden sowohl von Seiten der Betroffenen als auch von Seiten der behandelnden Ärzt*innen diskrete kognitive Funktionsdefizite in ihrer Auswirkung auf die berufliche Teilhabe unterschätzt. Gutachterlicherseits sollte an solche neuropsychologischen Funktionsdefizite gedacht werden, wenn die Länge der Arbeitsunfähigkeit prima vista nicht mit den neurologischen motorischen oder sensorischen Defiziten zu erklären ist. Der Rehabedarf sollte dann für den Kostenträger genauer beschrieben werden (spezielle Rehabilitationsmöglichkeiten s. LTA).
  • Ein besonderer Rehabilitationsbedarf liegt bei Versicherten mit einer besonderen beruflichen Problemlage vor (BBPL). Das sind u.a. Versicherte, die die Screeningfrage nach ihrer Erwartung, ob sie glauben, wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren zu können, verneint haben (subjektive negative Erwerbsprognose) oder in Fällen längerer Arbeitsunfähigkeit (AU).

Für diese Versichertengruppe mit BBPL hat die Rentenversicherung die Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR) der Stufe B vorgesehen. Dabei sind die üblichen medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen der Phase D einer MBOR-A zuzuordnen und für Versicherte bei denen die oben beschriebene spezielle Situation vordergründig vor der neurologischen Problematik erscheint, ist eine neurologische Rehabilitation in einer Fachabteilung der MBOR-B zu empfehlen

  • Die Rehabilitationsfähigkeit wird im Hinblick auf das Phasenmodell der neurologischen Rehabilitation beurteilt (s.o. / Begutachtungskriterien med. Reha-Bedarf).

    Nach Widder/ Gaidzik kann sie folgendermaßen beschrieben werden: "[die Rehabilitationsfähigkeit] umfasst die Möglichkeit, im Rahmen der körperlichen und psychischen Verfassung in der Lage zu sein, das Angebot der Gesamtheit der therapeutischen Leistungen wahrnehmen zu können sowie die Bereitschaft dazu [..] Einschränkungen der Rehabilitationsfähigkeit können u.a. in der Mobilität liegen.".
  • Die Rehabilitationsprognose ist im Hinblick auf das Ziel der Rentenversicherung zu beurteilen eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit (s. § 10 SGB VI) durch die Schlaganfallfolgen abzuwenden. Bei einer negativen Erwerbsprognose erfolgt die Beurteilung im Hinblick auf das Ziel, eine Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu vermindern (s. § 40 SGB V). Kostenträger ist in diesem Fall die gesetzliche Krankenversicherung. Eine positive Rehabilitationsprognose besteht, wenn voraussichtlich – d.h. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine - Besserung im Hinblick auf die obigen Ziele zu erwarten ist. Es kann diskutiert werden, ob für die Durchführung der .medizinischen Rehabilitation ein ganztägig ambulantes Setting oder ein stationäres zu bevorzugen ist. Wünsche der Probanden/ Versicherten sollten dabei – im Sinne der partizipativen Teilhabe als auch der Motivation der Betroffenen – soweit das Rehabilitationsziel nicht gefährdet wird –, berücksichtigt werden.

 
 

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA; berufliche Rehabilitation) dienen dem Ziel einen Arbeitsplatz zu erhalten oder wieder in eine berufliche Tätigkeit eingegliedert zu werden. Dazu gehören Leistungen zur Förderung der beruflichen Anpassung, Berufsvorbereitung, Fort- und Weiterbildung, Ausbildung und Qualifizierung und sie umfassen auch finanzielle Leistungen.

Eine Sonderstellung nehmen neurologische Rehabilitationskliniken der Phase-II ein. Sie umfassen sowohl Leistungen der medizinisch-neurologischen Rehabilitation als auch Leistungen der beruflichen Rehabilitation.

  • Phase-I-Kliniken
    • Kliniken der medizinischen Rehabilitation. Dies entspricht formal MBOR-A.
  • Phase-II-Kliniken
    • Reha-Kliniken, die neben Leistungen der neurologisch-medizinischen Rehabilitation auch berufliche Reha-Leistungen wie z.B. medizinisch-berufliches Training anbieten. Dies entspricht dann MBOR-C.
  • Phase-III-Einrichtungen
    • hier werden LTA, bzw. Maßnahme der beruflichen Rehabilitation angeboten (z.B. berufsqualifizierende Maßnahmen oder Umschulungen).

Gutachterlicherseits sollte immer an LTA gedacht werden, wenn der/ die Betroffene aufgrund der Schlaganfallfolgen nicht mehr in den bisherigen Beruf zurückkehren kann, wenn aber eine Rückkehr ins Berufsleben in den allgemeinen Arbeitsmarkt (AAM) oder an den bisherigen Arbeitsplatz dann möglich erscheint, wenn LTA angeboten werden. Dazu gehören auch Maßnahmen, die die Wegefähigkeit des Versicherten wiederherstellen (z.B. speziell ausgerüstete/ umgebaute KFZ, die von Rollstuhlfahrenden benutzt werden können).

Die Auswahl der geeigneten LTA geschieht durch die Rentenversicherung als Kostenträger. Nach grundsätzlicher Befürwortung einer LTA durch den sozialmedizinischen Dienst wird der/ die Versicherte vom Rehaberatungsdienst des Rentenversicherungsträgers weiter betreut, mit der Zielsetzung eine geeignete Einrichtung und eine geeignete Maßnahme für den Versicherten zu finden.

Neu im Bereich der Rehabilitation sind die ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungen (EUTB), an die sich Betroffene wenden können und die im Dialog mit den Kostenträgern die Betroffenen beraten.

 
 

Leistungsvermögen

Konkrete Beschreibung der Auswirkung der Beeinträchtigung der Aktivitäten auf das Leistungsvermögen:

  • Zuletzt ausgeübte Tätigkeit
  • Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
  • Beruf

Desweiteren zählen dazu:

  • Qualitatives Leistungsvermögen
  • Quantitatives Leistungsvermögen
  • Voraussichtliche Dauer der Leistungseinschränkung

Nähere Informationen zu den o.g. Punkten erhalten Sie auf der Seite "Leitfaden für die Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens".

Qualitatives Leistungsvermögen

  • Bei Einschätzung des positiven Leistungsvermögens sind sowohl die direkt auffallenden motorischen oder sensiblen Defizite zu beachten (z.B. Halbseitenlähmung), als auch Störungen der Sprache / bzw. des Wortverständnisses bei Aphasien, zentrale Schmerzsyndrome, neurokognitive Defizite, eine Fatigue und emotionale Störungen ("post stroke emotional disorders") in die Beurteilung mit einzubeziehen
  • Umgekehrt werden für das negative Leistungsvermögen, die Tätigkeiten benannt, die vom Versicherten nicht mehr erwartbar sind

Positives Leistungsvermögen

  • Beschreibt Fähigkeiten des Versicherten/ der Versicherten, über die er/ sie noch verfügt
  • Im Hinblick auf zumutbare körperliche Arbeitsschwere, Arbeitshaltung, Arbeitsorganisation
  • Mindestens eine Körperhaltung muss überwiegend möglich sein (51-90% der Arbeitszeit)

Negatives Leistungsvermögen

  • Umfasst die Fähigkeiten, die erkrankungs- oder behinderungsbedingt nicht mehr bestehen
  • Umfasst die Fähigkeiten, die aufgrund der Gefahr einer gesundheitlichen Verschlechterung nicht mehr umsetzbar sind
  • Folgende Leistungseinschränkungen sind häufig und seien beispielhaft erwähnt: schwere oder mittelschwere körperliche Tätigkeiten nicht mehr möglich; Nachtschicht; besondere Anforderungen an Konzentration, Reaktion und Flexibilität; Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung für Personen und Maschinen, Berufskraftfahrer/ -in, überwiegende Reisetätigkeit, besondere Anforderung an Feinmotorik, Arbeiten in großer Höhe oder auf Leitern/ Gerüsten, Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr. Tätigkeiten mit Anforderungen an feinmotorische Fähigkeiten.
  • Zur Problematik der Begutachtung der Kraftfahreignung sei auf die medizinische Fachliteratur hingewiesen. Ein besonderes Problem stellt die Gefährdung der Wegefähigkeit dar, wenn der / die Versicherte seinen/ ihren Arbeitsplatz nur mit dem PKW erreichen kann.

Quantitatives Leistungsvermögen

  • Zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen als Folge von cerebro-vaskulären Erkrankungen können beispielsweise höhergradige (Hemi-) Paresen, die zu Beeinträchtigungen beim Gehen, Sitzen oder Stehen führen, beitragen
  • Paresen, die zu einer stark beeinträchtigten Funktion der Hände bzw. Feinmotorik führen
  • Kognitive Defizite
  • Globale hirnorganische Beeinträchtigungen wie ausgeprägte Erschöpfbarkeit
  • Neuropsychiatrische Folgen (s.o. z.B. post-stroke-Depression)

Gutachterlicherseits sollten die neurologischen Befunde, die zur Aufhebung des beruflichen Leistungsvermögens führen, kurz angeführt werden.

Sowohl das qualitative als auch das quantitative Leistungsvermögen werden sowohl im Hinblick auf den bisherigen Beruf als auch im Hinblick auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (AAM) beurteilt. Wenn eine Minderung festgestellt wird, sollte geprüft werden, ob LTA geeignet sind, den Versicherten wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Rehakliniken der Phase-II können hier z.B. in Frage kommen.

Voraussichtliche Dauer der Leistungseinschränkung

  • Prüfung, ob eine Besserung der Leistungsfähigkeit wahrscheinlich ist
  • Dies ist anzunehmen, wenn aus ärztlicher Sicht bei Betrachtung des bisherigen Verlaufs nach medizinischen Erkenntnissen unter Berücksichtigung der noch vorhandenen therapeutischen Optionen eine Steigerung des qualitativen und/oder quantitativen Leistungsvermögens noch möglich ist
  • Zeitliche Befristung der Renten aufgrund verminderter Erwerbsfähigkeit für längstens 3 Jahre nach Rentenbeginn