Deutsche Rentenversicherung

Untere Extremitäten

Krankheitsbild, Anamnese, Diagnostik, Therapie, Krankheitsverlauf und Prognose
Stand: 01.03.2025

 

Untere Extremität

Eine orthopädische Begutachtung für die gesetzliche Rentenversicherung kann erforderlich werden, wenn ein Antrag auf eine medizinische oder berufliche Rehabilitation oder eine Rente wegen Erwerbsminderung mit einer Erkrankung des Bewegungsapparates begründet wird. Dabei sind Verletzungen der unteren Extremität häufig und sehr variabel und können beispielsweise bei Hochrasanz-traumata auch lebensbedrohlich werden. Eine gute Funktionalität und eine ausreichende Kraftentfaltung sind für den Einsatz der unteren Extremität im Alltag wie im Erwerbsleben wesentlich. Eine funktionale Mobilität ist darüber hinaus ein wichtiger Prädiktor der Lebensqualität.

Eine Beeinträchtigung der Gelenkfunktionalität der unteren Extremität kann Kompensationsmechanismen erfordern und die Kraftentfaltung und Stabilität reduzieren.  Auch ein chronisches Schmerzsyndrom nach komplexen Verletzungen, Nervenschäden (z. B.: direkte Verletzung, Folge Kompartmentsyndrome) oder komplexe Frakturen führen häufig zu langfristigen Funktionseinschränkungen.

Eine eingeschränkte Funktion der unteren Extremität kann in bestimmten Berufsfeldern mit qualitativen und quantitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens im Erwerbsleben einhergehen. Diese betreffen oftmals die Arbeitshaltung, die dann überwiegend im Sitzen eingenommen werden kann, die Arbeit mit Anforderungen an Gang- und Standsicherheit, Tätigkeiten im Knien, Hocken und / oder Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie die Exposition von Witterungseinflüssen sollte reduziert werden.

Anamnese und allgemeine Untersuchung

Die körperliche Untersuchung sollte bei einem bis auf die Unterwäsche entkleideten, stehenden und im Verlauf sitzenden und liegenden Versicherten erfolgen, die Untersuchungsliege sollte dabei von beiden Seiten frei zugänglich sein. Ärztliche Beobachtungen (hinsichtlich der Bewegungsabläufe) während der Untersuchung sind zu dokumentieren und das Ergebnis in die Begutachtung miteinzubeziehen. Sie können zur Plausibilitätsbeurteilung herangezogen werden. Zunächst sollte eine orientierende Untersuchung des Allgemeinzustandes erfolgen.

Die traumatologisch-orthopädische Anamnese sollte eine detaillierte Erkrankungs- und Therapieanamnese des Bewegungsapparates beinhalten.

Schwerpunktfragen dabei sind:

  • Frühere Erkrankungen des Bewegungsapparates (z. B. Hüftdysplasie, Tumore, Verletzungen, Operationen)
  • Unfallhergang: Was ist wann, wo und wie passiert? Erstmaliges Auftreten? Fortschreitender Erkrankungsverlauf?
  • Mechanische / Muskuloskelettale Funktionseinschränkung
  • Instabilitätsgefühl
  • Welche Therapien wurden und werden durchgeführt?
  • Detaillierte Schmerzanamnese: Schmerzcharakter, auslösenden Faktoren, Schmerzstärke, bisherige Behandlungen etc. (Schmerzanamnese s. Kapitel chronische Schmerzen)
  • Aktivitätsniveau: Beruf? Familie? Sport? Freizeit?
  • Gehstrecke? Mobilität? Hilfsmittel (z. B. Gehhilfen)?
  • Mechanische Phänomene? (Einklemmungsgefühl? Schnappen? Blockade? Krepitation?)
  • Beschreibung der funktionellen Einschränkungen (z. B. Schwierigkeiten beim Treppensteigen oder Anziehen von Schuhen, Beschwerden beim tiefen Sitzen)
  • Regelmäßige Medikation und Bedarfsmedikation (Schmerzmedikation, ASS, orale Antidiabetika, Marcumar, Steroide etc.)
  • Familienanamnese
  • Anamnese zu Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
  • Psychische Belastungssituation durch die Verletzung / Funktionsstörung
  • Nebenerkrankungen (bei diversen Schmerzphänomenen organische Erkrankungen ausschließen)

Fachspezifische körperliche Untersuchung

Inspektion

  • Standbild, Körper- / Gelenkhaltung: aufrecht, gebeugt, Schonhaltung
  • Gangbild, Zehengang, Fersengang, Einbeinstand, Einnehmen des tiefen Hocksitzes, Aufrichten aus gebückter Körperhaltung, Abrollvorgang des Fußes
  • Gehstrecke
  • Treppen steigen
  • Beckenstand, Michaelisraute, Spinae auf einer Höhe (resultierender Wirbelsäulenverformung als Folge Beckenschiefstand), Glutealfalten, Kniebeugefalten
  • Fehlstellungen, Deformitäten, Kontrakturen, Verkürzungen
  • Achsenfehlstellungen (Varus /Valgus)
  • Hautverhältnisse: intakt, Schürfungen / Wunden, Rötungen, Hämatome, Blässe, Narben, Varizen, Schwellungen, Haarwuchs, Verschwielung / Verhornung, Infektionen, Ulcera
  • Mechanische Phänomene: Schnappen, Blockaden, Krepitationen
  • Muskelatrophien im Seitenvergleich
  • Hilfsmittel
  • Inspektion der Schuhsohlen (Abnutzungszeichen als Hinweis für Fehlbelastungen)

Tabelle: Pathologische Inspektionsbefunde

Befund

Definition

Pathophysiologie

Muskelatrophie

  • Rückbildung von Muskelgewebe durch Reduktion der Zellgröße oder Zellzahl.
  • Lokal:
    • Verminderte Muskelaktivität z. B. bei Immobilität und / oder Nervenläsion.
  • Generalisiert:
    • Mangelernährung, Immobilität, konsumierende Erkrankung, erbliche Muskeldystrophie. 

Kontrakturen

  • Bewegungseinschränkung eines Gelenkes.
  • Tendomyogene Kontraktur (häufigste Form).
  • Dermatogen / arthrogene / neurogene Kontraktur.

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Fortsetzung Tabelle: Pathologische Inspektionsbefunde, hier: Befund "Unwillkürliche Muskelaktivität"

Befund

Definition

Pathophysiologie

Faszikulationen

  • Kurze sichtbare Kontraktionen einzelner Muskelfaszikel.
  • Läsion des zweiten Motoneurons.

Myoklonien

  • Kurze ruckartige Zuckungen einzelner Muskeln oder Muskelgruppen
  • Essenzielle Myoklonien.
  • Epileptisch Myoklonien.

Hyperkinesien

  • Tremor,
  • Choreaforme Bewegungsstörung
  • Erkrankung der Basalganglien oder des Kleinhirns.

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Das Gangbild

  • Beurteilung von der Standbein- und Schwungphase (flüssig, kleinschrittig, unsicher)
  • Schrittweite, Gehgeschwindigkeit
  • Wichtig ist die Unterscheidung, ob die Gangstörung symmetrisch oder asymmetrisch ist.
  • Verkürzungshinken
    • Besteht eine Beinlängendifferenz so senkt sich das Becken während der Standbeinphase des kürzeren Beines ab.
  • Schonhinken
    • kurze Standbeinphase aufgrund von Schmerzen.
  • Versteifungshinken
    • Vorbringen des Beines nur durch Drehung des Beckens möglich.
  • Hinken bei peripherer Lähmung
    • Dabei muss das Bein in der Schwungbeinphase hochgehoben werden, damit die hängende Fußspitze nicht am Boden schleift. Die Fußspitze wird zuerst aufgesetzt (Steppergang).
  • Hüfthinken
    • Durch insuffiziente Muskulatur der Standbeinseite sinkt das Becken auf der Schwungbeinseite ab (Trendelenburg-Hinken) oder der Oberkörper wird auf die Gegenseite geneigt (Duchenne-Hinken)

 

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Palpation

Im Rahmen der Palpation lassen sich auch Temperaturunterschiede der Haut feststellen. Mechanische Phänomene (aus der Anamnese) können ertastet werden. Die Palpation umfasst Knochenpunkte, Sehnenansätze und Weichteilstrukturen.

Dabei sollte auf Druckschmerzhaftigkeit, Schwellung, Verhärtungen und Funktionalität geachtet werden, z. B.:

  • Knochenpunk
    • telateraler und dorsaler Trochanter major, Spinae iliacae
    • Kniegelenksspalt, Condylen, Epikondylen, Tuberositas tibiae, Patella
    • Malleolen, Fußknochen
  • Tendinae (Insertionstendinopathie), Ligamentae, Capsulae
  • Muskulatur
  • Weichteile (Gelenkerguss, Ödem, Tumor)
  • Stabilitätsprüfung

 

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Bewegungsausmaße

Tabelle: Bewegungsausmaße
Art der BewegungGrad der Bewegung
Bewegungsmaße des Hüftgelenkes

Extension / Flexion

5-10° / 0°/ 110°-130°

Abduktion / Adduktion

30-45° / 0° / 20-30°

Außenrotation / Innenrotation

Rückenlage Hüfte gebeugt 90° 

40-50° / 0° / 30-45°

Bewegungsmaße des Kniegelenkes

Extension/Flexion

10° / 0° / 130°

Außenrotation / Innenrotation in Rückenlage bei 90° gebeugtem Knie

25° / 0° / 10°

Bewegungsausmaße des Sprunggelenkes

Dorsalflexion / Plantarflexion

20° / 0° / 40°

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Umfangsmessung

Als Referenzlinie zur Abstandsmessung dient zumeist der Gelenkspalt.

  • 10 oder 20 cm oberhalb Kniegelenkspalt
  • Kniescheibenmitte
  • 15cm unterhalb Kniegelenkspalt
  • Unterschenkel, kleinster Umfang
  • Knöchelgabel
  • Rist über Kahnbein
  • Vorfußballen

Längendifferenzen

  • Beinlängenmessung von der Spina iliaca anterior superior zum Malleolus lateralis
  • Es ist zu unterscheiden, ob eine echte Beinverkürzung vorliegt (z. B. Hüftkopfnekrose oder verkürzter Schenkelhals) oder eine funktionelle Beinverkürzung oder variable Beinlängendifferenz bei einer Beckenverwringung (Beuge- oder Adduktionskontraktur).

 

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Untersuchung der Motorik

Tonus

Der Muskeltonus wird als Widerstand gegen passive Beuge- und Streckbewegung getestet.

Der Patient lässt die Extremität entspannt und es wird in unterschiedlichen Tempi und für den Patienten nicht vorhersehbar, in den Gelenken gebeugt oder gestreckt.

Grobe Kraft

Die Muskelkraft wird systematisch für die wichtigsten Bewegungen geprüft. Abhängig von der Fragestellung müssen gezielt einzelne Muskelgruppen getestet werden.

Die Quantifizierung der Paresen erfolgt nach der BMRC (British Medical Research Council) -Skala:

  • 5 = volles Bewegungsausmaß gegen starken Widerstand (ca. 100 %)
  • 4 = volles Bewegungsausmaß gegen leichten Widerstand (ca. 75 %)
  • 3 = volles Bewegungsausmaß gegen die Schwerkraft (ca. 50 %)
  • 2 = volles Bewegungsausmaß ohne Einwirkung der Schwerkraft (ca. 25 %)
  • 1 = sicht- und / oder tastbare Muskelaktivität, kein volles Bewegungsausmaß (ca. 10 %)
  • 0 = komplette Lähmung, keine Kontraktion

 

Tabelle: Beispielhafte Untersuchungen im Bereich des Hüftgelenkes

Name des Tests

Klinische Durchführung und Symptomatik

Diagnostischer Hinweis auf:

Trendelenburg-Zeichen

  • Abkippen des Beckens zur gesunden Seite beim Stehen auf dem erkrankten Bein im Einbeinstand.
  • Ausfall Glutealmuskulatur, Luxation Hüftgelenk, Hüftgelenksschäden, Veränderung der Hebelverhältnisse (Trauma oder OP)

Duchenne-Zeichen

  • Beim Eintreten des Trendelenburg Zeichen wird der Oberkörper kompensatorisch zur gesunden Seite geneigt.
  • Ausfall Gluteal Muskulatur, Luxation Hüftgelenk, Hüftgelenksschäden, Veränderung der Hebelverhältnisse (Trauma oder OP)

Mennell-Zeichen

  • Bauchlage. Rasches Anheben des Beines mit der einen Hand. dabei Fixation des Os Sacrum mit der andern Hand.
  •  Hinweis auf Affektionen des Iliosakralgelenkes

Thomas-Test

  • Der / die Versicherte zieht in Rückenlage eines seiner Knie maximal zum Thorax. Der Test ist positiv, wenn sich der kontralaterale Oberschenkel mit anhebt.
  • Verkürzter M. Iliopsoas,
  • Beginn einer Koxarthrose

Vierer-Zeichen

  • Der / die Versicherte spreizt das Bein in einer Flexionsstellung von ca. 45° im Hüft- und 90° im Kniegelenk so, dass die Außenseite des Knies im Liegen (nahezu) die Unterlage der Untersucherliege berührt. Entscheidend sind Seitendifferenzen
  • Hinweis auf Koxitis, M. Perthes, ISG-Affektionen

Drehmann‘sches Zeichen

  • Das Knie- und Hüftgelenk des Patienten werden passiv gebeugt.
  • Positives Zeichen: Zunehmende Außenrotation im Hüftgelenk des betroffenen Beines bei Flexion im Hüftgelenk
  • femoroazetabuläres Impingement, Koxarthrose.

Axialer Stauchungsschmerz

  •  Rückenlage. Auf das gebeugte und außenrotierte Bein wird ein intermittierender axialer Druck ausgeübt.
  • Schmerzen in der Leiste = Hinweis auf eine Koxarthrose.
  • Nach Implantation einer Hüftendoprothese Hinweis auf eine Implantatlockerung.

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Tabelle: Beispielhafte Untersuchungen im Bereich des Kniegelenkes

Name des Tests

Klinische Durchführung und Symptomatik

Diagnostischer Hinweis auf:

Tanzende Patella

  • Druck auf die Patella nach Ausstreichen des oberen Rezessus
  • Erguss

Steinmann-I-Zeichen

 

  • Mit einer Hand wird das gebeugte Knie, mit der anderen der Unterschenkel gefasst und forcierte Rotationsbewegungen des Unterschenkels bei unterschiedlich stark gebeugtem Kniegelenk durchgeführt.
  • Schmerz bei Außenrotation am medialen Gelenkspalt = Hinweis auf Läsion des Meniskus medialis.
  • Schmerz bei Innenrotation am äußeren Gelenkspalt= Hinweis auf Schädigung des Meniskus lateralis.

Steinmann-II-Zeichen

  • Bei gestrecktem Unterschenkel wird mit einer Hand der Unterschenkel umfasst, mit der anderen Hand wird der Gelenkspalt des Knieglenks palpiert. Dann Beugung des Kniegelenks in Außen- und Innenrotations-stellungen des Gelenks.
  • Im Wesentlichen Test alsHinweis für Innenmeniskusläsion (medialer Gelenkspalt). Schmerz im Gelenkspalt, wandert typischerweise bei Flexion nach dorsal.
  • Steinmann I und II weisen gemeinsam eine hohe Sensitivität und Spezifität für die Diagnostik von Meniskusläsionen auf.

Böhler-Krömer-Test

  • Unter Valgus- / Varus Stress wird das Kniegelenk gebeugt und gestreckt
  • Schmerz am äußeren Gelenkspalt unter Valgusstreß = Hinweis auf Außenmeniskusläsion.
  • Medialer Schmerz unter Varusstress= Hinweis auf Innenmeniskusläsion

Payr-Zeichen

  • Pat. im Schneidersitz. Auf das betroffene, gebeugte und außenrotierte Knie wird ein intermittierender Druck ausgeübt.
  • Schmerzen am medialen Gelenkspalt = Hinweis auf Innenmeniskusläsion. Typisch ist ein "Schnappen" 

Mc Murray-Zeichen

  • Rückenlage. Maximale Flexion in Hüft- und Knie-gelenk.Dann Extension bis 90° bei gleichzeitiger Palpation Gelenkspalts In Außenrotation des Unterschenkels Palpation des medialen Gelenkspaltes. In Innenrotation Palpation des lateralen Gelenkspaltes
  • Typisches "Schnappen", Blockierungen am Gelenkspalt.
  • Im Wesentlichen Test für Läsionen der Hinterhörner der Menisken.
  • Mäßig in der Sensitivität zur Diagnostik.
  • Schwach zum Ausschluss einer Meniskusläsion (Spezifität)

Vagus-/ Valgus-Stress

  • Rückenlage. Umfassen des Kniegelenkes mit beiden Händen und gleichzeitiges Palpieren des medialen und lateralen Gelenkspalts. Aufbringen von Varus- und Valgus- stress am Unterschenkel, der zwischen Taille und patientennahem untersuchendenArm eingeklemmt wird. Prüfen des Aufklappens am Gelenkspalt in 20° Flexion und voller Streckung.
  • Gelenkstabilität in der Frontalebene.
  • In 20° Flexion isolierte  Prüfung der Seitenbänder möglich.
  • In voller Streckung stabilisieren die dorsale Kapsel und die Kreuzbänder mit.
  • In 20° Flexion kann die Stabilität der Seitenbänder isolierter geprüft werden.
  • Grad der Aufklappung und Qualität des Anschlags sind relevant.

Lachman-Test

  • Rückenlage. Das Knie wird in 15 °-30° Beugung gehalten, Ferse hat Kontakt zur Liege, Die Oberschenkelmuskulatur muss entspannt sein. Eine Hand umfasst den Tibiakopf von dorsal, die andere Hand fixiert den Femur oberhalb der Patella. Die Tibia wird dann mit kurzem Impuls und mäßiger Kraft nach ventral gezogen
  • Vermehrte Translation des Tibiakopfes mit weichem endgradigem Anschlag der Translation.
  • Der positive Test weist bei korrekter Durchführung mit hoher Sensitivität eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes nach.
  •  Es ist immer der Seitenvergleich mit der gesunden Gegenseite zu prüfen.

Schubladentest

  • Rückenlage. Hüftgelenk in 45° Flexion, Kniegelenk in 90° Flexion. Mit dem Gesäß fixiert der Untersucher den Fuß. Der Schienbeinkopf wird mit beiden Händen umfasst und eine ventrale und dorsale Translation geprüft.
  • ("vorderer Schubladentest") ("hinterer Schubladentest").
  • Eine vermehrte ventrale Translation mit weichem Anschlag weist auf eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes hin. Eine hintere Schublade muss dafür ausgeschlossen worden sein.
  • Typischerweise weist der Test chronische Instabilitäten nach.

Pivot- Shift Test

  • Der / die Versicherte liegt in Rückenlage. Das gestreckte Kniegelenk wird unter Valgusdruck, leichter Innenrotation und axialem Druck schnell gebeugt.
  • Positiv: Die Tibia wird bei 20°-30° Beugung aus vorderer Subluxation nach dorsal reponiert
  • Ruptur Ligamentum cruciatum anterius

Apley-Grinding-Test

  • Der / die Versicherte liegt auf dem Bauch und das Knie ist 90°angewinkelt. Fixierung des Oberschenkels durch Knie des Untersuchenden. Rotationsbewegungen des Kniegelenkes unter Zug und danach unter Druck.

 

  • Ein positiver Distraktionstest ist hinweisend auf einen Kapsel- /Band-schaden.
  • Ein positiver Kompressionstest ist hinweisend auf eine Meniskusläsion.
  • Mit berichtetet Sensitivität von 60 % und 70 % Spezifität als alleiniger Test nicht aussagekräftig genug.

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Tabelle: Beispielhafte Untersuchungen im Bereich des Sprunggelenks

Name des Tests

Klinische Durchführung und Symptomatik

Diagnostischer Hinweis auf:

Klaiger-Test

  • Sitzende Position mit herabhängendem Unterschenkel
  • Der / die Untersucher*in fixiert den Unterschenkel von dorsal  oberhalb  des Sprunggelenks und mit der anderen Hand den Rückfuß . In Rechtwinkelstellung des Fußes erfolgt ein Außenrotationsstress.
  • Der Test ist positiv, wenn Schmerzen am ventrolateralen  Sprunggelenk in Syndesmosenhöhe auftreten.
  • Syndesmosenverletzung

Schubladentest

  • Sitzende Position mit herabhängendem Unterschenkel Eine Hand umgreift die Ferse und übt Druck nach ventral aus, die andere Hand drückt von vorne gegen die Tibia. Der Fuß ist in 20° Plantarflexion. Beurteilt wird die Translation des Talus gegen die Tibia.

 

  • Riss des Ligamentum fibulotalare anterius (LFTA)

Varus-Stresstest (Talar-Tilt-Test)

  • Sitzende Position mit herabhängendem Unterschenkel
  • Laterales "Aufklappen" des Sprunggelenkes bei Supinationsstress in 20° Plantarflexion
  • Eine sicht-/tastbare Aufklappbarkeit oder Differenz zwischen beiden Sprunggelenken dient als
  • Hinweis auf Verletzung des Ligamentum fibulocalcaneare und fibulotalare anterius.
  • Die Kombination aus vorderer Schublade von > 5 mm und > 10° Aufklappbarkeit sind Hinweise auf eine kombinierte Verletzung des Lig. fibulotalare anterius und des Lig. fibulocalcaneare.
  • Zu beachten ist eine möglich Bewegung im unteren Sprunggelenk, die zu falsch positiven Ergebnissen führen kann.

Thompson-Drucktest

  • In Bauchlage hängen die Füße frei über den Rand der Untersuchungsliege. Der / die Untersucher*in komprimiert die Wadenmuskulatur, dies führt bei Gesunden zu einer Plantarflexion des Fußes.
  • Bei Ausbleiben der Plantarflexion: Hinweis auf Achillessehnenruptur

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Tabelle: Reflexe

Muskeleigenreflexe​

Pathologische Reflexe

Der auslösende Reiz ist eine Dehnung des Muskels mit Aktivierung der Muskelspindel, die Reizantwort ist die Kontraktion des Muskels. Dieser Reflex ist nicht ermüdbar.

Zu prüfen sind:

  • Patellarsehnenreflex (PSR)
  • Achillessehnenreflex (ASR)

Bei nicht oder nur schwach auslösbaren Beinreflexen kann durch den Jendrassik-Handgriff das Reflexverhalten leichter geprüft werden. Dabei verschränkt der Patient seine Hände vor dem Oberkörper und zieht diese kräftig auseinander, während der Untersucher die Beinreflexe testet.

Diese Fremdreflexe sind ein sicheres Zeichen einer Störung der zentral motorischen Bahnen und werden deshalb auch Pyramidenbahnzeichen genannt. Es kommt zu einer tonischen Dorsalextension der Großzehe bei gleichzeitiger Plantarflexion der übrigen Zehen.

  • Babinski-Reflex: forciertes Bestreichen des lateralen Fußrandes
  • Chaddock-Reflex: Druck auf einen Punkt hinter dem Malleolus lateralis
  • Gordon-Reflex: Druck auf die Wadenmuskulatur
  • Mendel-Bechterew-Reflex: Schlag auf proximalen lateralen Fußrücken
  • Oppenheim-Reflex: Forciertes Bestreichen der Tibiavorderkante
Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

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Sensibilität

Allgemeine Hinweise zur Untersuchung der Sensibilität:

  • Patient sollte die Augen während der Untersuchung geschlossen halten
  • Untersuchung immer im Seitenvergleich
  • Erhebung der Befunde immer in Bezug zu radikulären Dermatomen und sensiblen Innervationsgebiet peripherer Nerven
  • Vermeidung von Suggestivfragen

 

Tabelle: Sensible Qualitäten

Sensible Qualität

Pathologischer Befund

Definition

Berührungsempfinden

Hypästhesie

Verminderte Wahrnehmung nicht schmerzhafter Berührungsreize

Anästhesie

Fehlende Wahrnehmung nicht schmerzhafter Berührungsreize

Hyperästhesie

Verstärkte Wahrnehmung nicht schmerzhafter Berührungsreize

Allodynie

Missempfindung im Sinne einer falschen qualitativen Wahrnehmung von Berührungsreizen

Parästhesie

Missempfindung wie Taubheit, Brennen oder Kribbeln, auch ohne Reizung.

Vibrationsempfinden

Pallhypästhesie

Herabgesetztes Vibrationsempfinden

Pallanästhesie

Fehlendes Vibrationsempfinden

Schmerzempfinden

Hypalgesie

Verminderte Schmerzwahrnehmung

Analgesie

Fehlende Schmerzwahrnehmung

Hyperalgesie

Übermäßige Schmerzwahrnehmung

Temperaturempfinden

Thermhypästhesie

Verminderte Temperaturwahrnehmung

Termanästhesie

Fehlende Temperaturwahrnehmung

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

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Durchblutung

  • Tasten der Pulse: A. femoralis (Leistenpuls), A. poplitea, A. tibialis posterior (hinter Malleolus med.), A. dorsalis pedis (Vorfußrücken zwischen D1 und D2)
  • Venöse Insuffizienz
  • Hautkolorit und Temperatur
  • Rekapillarisierungszeit

 

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Bildgebende Verfahren

Röntgen

Röntgenuntersuchungen sind nicht erforderlich, wenn

  • die klinischen Befunde die Einschränkungen ausreichend dokumentieren und es erlauben eine entsprechende Funktionsdiagnose zu stellen,
  • aus den überlassenen medizinischen Unterlagen der Umfang der Funktionsdefizite bereits erkennbar ist,
  • die Beurteilung der Leistungsfähigkeit schon durch den klinischen Befund erfolgen kann oder
  • keinerlei Hinweise auf eine organbezogene Leistungseinschränkung bestehen.

Röntgenuntersuchungen können nur erforderlich sein, falls die entsprechenden Beschwerden neu sind und noch nicht zu einem Arztkontakt geführt haben.

Zu prüfen und aktiv zu erfragen ist auch, ob und zu welchem Zeitpunkt bereits radiologische Untersuchungen der betroffenen Region durchgeführt wurden.

Sonographie

  • Befundung der Weichteile und Gelenke.
  • Die Sonografie ist zur Beurteilung von weichteilbezogenen Fragestellungen gut geeignet. Allerdings ist die untersucherabhängige Reproduzierbarkeit und Qualität zu beachten.