Deutsche Rentenversicherung

Mammakarzinom der Frau

Krankheitsbild, Anamnese, Diagnostik, Klassifikation, Therapie / Prognose
Stand: 02.05.2023

  

Störungsspezifische Beschreibung

Die folgende Kurzübersicht basiert primär auf den umfassenden und als weiterführende Literatur empfohlenen "Onkopedia-Leitlinien" der beteiligten Fachgesellschaften DGHO, OeGHO, SSMO und AIO (www.onkopedia.com). Ergänzende Aspekte stammen aus dem detaillierten "Leitlinienprogramm Onkologie" der AWMF, DKG und DKH (www.leitlinienprogramm-onkologie.de).

Epidemiologie (bezogen auf Deutschland)

  • Das Mammakarzinom ist mit über 30% aller Krebserkrankungen der häufigste maligne Tumor bei Frauen.
  • Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei circa 64 Jahren, jedoch sind fast 3 von 10 betroffenen Frauen bei Diagnosestellung jünger als 55 Jahre.
  • Aktuell liegt die Zahl der Neuerkrankungen bei etwa 70.000 pro Jahr.
  • Derzeit erkrankt etwa eine von 8 Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs.

Pathogenese / Risikofaktoren

  • Brustkrebs ist eine heterogene Erkrankung. Biologisch distinkte Subtypen korrelieren mit genetischer Belastung und dem Risiko für präkanzeröse Veränderungen.
  • Das Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken, wird durch folgende Faktoren erhöht:
    • genetisch (ca. 5 % der Neuerkrankungen)
      • definierte genetische Krankheitsbilder:
        • hohes Risiko: Keimbahnmutationen in den BRCA1-, BRCA2- , PALB2 oder RAD51C-Genen
        • mittleres Risiko: Keimbahnmutationen in den STK11 (Peutz-Jeghers-Syndrom), ATM (Ataxia teleangiectasia), PTEN (Cowden-Syndrom), CHEK-2- oder anderen Genen
      • anamnestisch familiäre Belastung: vermehrtes Auftreten von Mamma- und / oder Ovarialkarzinom auf einer Seite der Familie
    • hormonell (frühe Menarche, späte Menopause, späte oder keine Gravidität, Adipositas, postmenopausale Gewichtszunahme, Hormonersatz-Therapie (HRT) postmenopausal
    • toxisch (Strahlenexposition der Brust im Kindes-, Jugend- und frühen Erwachsenenalter; Rauchen; hoher Alkoholkonsum)
    • kontralaterales Mammakarzinom (Erstkarzinom)


 

Klinisches Bild / Anamnese

  • Im Vordergrund stehen lokale Symptome der Brust wie tastbarer Knoten, Hautveränderungen oberhalb des Tumors einschl. der sog. Orangenhaut (peau d‘orange), Einziehungen der Haut, Veränderungen der Kontur, Asymmetrie der Brust, Einziehungen der Mamille, Sekretion oder Blutung aus der Mamille auf der betroffenen Seite, Rötung und Überwärmung bei inflammatorischem Mammakarzinom. Tastbar vergrößerte Lymphknoten in der Axilla/ Supraklavikularregion können nachweisbar sein, selten auch eine Ausbreitung auf die Brustwand (cancer en cuirasse) sowie Ulzerationen.
  • In fortgeschrittenen Stadien kann es zu Gewichtsabnahme und Leistungsminderung kommen. Symptome aufgrund von Metastasen sind Schwellung des Arms durch Lymphödem bei Lymphknotenmetastasen der Axilla, Knochenschmerzen bei Skelettmetastasen, Husten und Dyspnoe bei pulmonaler und/oder pleuraler Metastasierung, Ikterus und Leberinsuffizienz bei fortgeschrittener Lebermetastasierung oder neurologische Symptome bei zerebraler Metastasierung.
  • Neben der Erhebung der allgemeinen gynäkologischen Anamnese sind insbesondere auch Auffälligkeiten in der Brustselbstuntersuchung, Vorerkrankungen (insb. gynäkologische Vorerkrankungen, Tumoren), die Familienanamnese (insb. das Auftreten gynäkologischer Karzinome), die Einnahme von Medikamenten (insb. Hormonpräparate) sowie die Evaluation der Risikofaktoren (s. o.) bedeutsam.

Anbei finden Sie einen Link zu einem Muster für die Anamneseerhebung. Die dort gelisteten Punkte geben Hinweise auf eine vollständige Anamnese, müssen aber nicht bei jedem Krankheitsbild einzeln aufgeführt werden.


 

Diagnostische Maßnahme

  • Im Rahmen der Früherkennung werden durch die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland risikogruppenadaptiert umfangreiche diagnostische Untersuchungen angeboten (siehe Onkopedia- Früherkennung).
  • Diagnostische Maßnahmen bei neu aufgetretenen Symptomen umfassen die beidseitige Mammographie, die sonographische Untersuchung beider Mammae und der Axillen sowie die beidseitige Magnetresonanztomographie (MRT) mit Kontrastmittel und diagnosesichernd die Stanz- oder Vakuumbiopsie.
  • Die ggf. nachfolgende Ausbreitungsdiagnostik (Staging) beinhaltet zur Überprüfung der häufigsten Lokalisationen von Fernmetastasen (Skelett, Leber, Lunge) primär die Skelettszintigrafie, die Sonografie und Computertomographie (CT) des Abdomens, ein CT-Thorax sowie bei klinischem Verdacht auf ZNS-Metastasen auch ein MRT des Kopfes.


 

Klassifikation

  • Die anatomische Klassifikation basiert auf den krankheitsspezifischen TNM-Kriterien, die in der UICC-Klassifikation in Stadien zusammengefasst werden (Onkopedia - anatomische Klassifkation)
  • Die histopathologische Gradierung besitzt prognostische Bedeutung, molekularen Subtypen auf Basis von Genexpressionsprofilen sind zunehmend relevant für die Prognose und prädiktiv für den Einsatz unterschiedlicher Behandlungsstrategien im adjuvanten und palliativen Therapiesetting.


 

Therapie / Prognose

  • Die Therapieplanung ist komplex und erfolgt adaptiert gemäß Ausbreitungsstadium, Rezidivstatus und molekularen Subtypen.
  • Die Therapieoptionen umfassen neben den operativen Maßnahmen und der Bestrahlung die medikamentöse Tumortherapie: Neben den "klassischen" Chemotherapeutika (z. B. Taxane) und den endokrinen Behandlungsstrategien (z. B. Tamoxifen, Aromatasehemmer) spielen dabei zielgerichtete (Immun-)Therapien (z. B. anti-HER2-Antikörper) eine bedeutende Rolle.
  • Die fortlaufende Neuentwicklung antitumoröser Substanzen im Rahmen klinischer Therapiestudien und die stetig wachsende Zahl relevanter Forschungsergebnisse hinsichtlich distinkter molekularbiologischer Subtypen führen zu einer dynamischen Therapiestruktur mit häufigen Aktualisierungen, die individuelle Therapieplanung erfolgt deshalb in der Regel durch spezialisierte Tumorboards.
  • Eine detaillierte Übersicht der derzeitigen Therapiekonzepte gemäß Tumorstadien und Risikogruppen findet sich unter Onkopedia - Therapiekonzepte.
  • Die Heilungsraten und die Überlebenszeit haben sich durch Fortschritte in der Früherkennung und der Therapie in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert: Die krebsspezifische 5-Jahresüberlebensrate liegt in Deutschland aktuell bei etwa 80 %.
  • In der regulären Nachsorge nach initialer kurativer Behandlung ist die frühzeitige Detektion von eventuellen lokoregionären Rezidiven von spezieller Bedeutung, da auch diese Rezidive überwiegend mit kurativer und lediglich bei circa 30 % mit palliativer Zielsetzung therapiert werden können.