Störungsspezifische Beschreibung
Die folgende Kurzübersicht basiert primär auf den umfassenden und als weiterführende Literatur empfohlenen "Onkopedia-Leitlinien" der beteiligten Fachgesellschaften DGHO, OeGHO, SSMO und AIO (www.onkopedia.com). Ergänzende Aspekte stammen aus dem detaillierten "Leitlinienprogramm Onkologie" der AWMF, DKG und DKH (www.leitlinienprogramm-onkologie.de).
Epidemiologie (bezogen auf Deutschland)
- Das Magenkarzinom ist die achthäufigste Krebslokalisation des Mannes und die zehnthäufigste Tumorerkrankung der Frau.
- Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 72 (Männern) bzw. 76 Jahren (Frauen).
- Jährlich werden ungefähr 9.500 Neuerkrankungsfälle bei Männern und ca. 6.000 Neuerkrankungsfälle bei Frauen diagnostiziert.
Pathogenese / Risikofaktoren
- Magenkarzinome entwickeln sich sequenziell über präkanzeröse Zwischenstufen und histologisch definierte Läsionen.
- Histologisch fassbare Bestandteile der sequenziellen Entstehung des Magenkarzinoms umfassen insbesondere:
- Helicobacter-pylori-Infektion
- atrophische Gastritis
- intestinale Metaplasie, intraepitheliale Neoplasie
- Das Risiko, an einem Adenokarzinom des Magens zu erkranken, wird durch Vorliegen der folgenden Risikofaktoren erhöht:
- genetisch
- hereditäres kolorektales Karzinom ohne Polyposis (HNPCC, Lynch Syndrom)
- hereditäres diffuses Magenkarzinom (HDGC) mit Mutationen im Cadherin 1- (CDH-) oder im Catenin-alpha-1 (CTNNA1) Gen
- Peutz-Jeghers Syndrom
- Verwandte ersten Grades mit einem Magenkarzinom
- männliches Geschlecht (Inzidenz Männer -:- Frauen etwa 2:1)
- Blutgruppe A
- erworben
- Helicobacter-pylori-Infektion der Magenschleimhaut
- inhalativer Tabakkonsum
- atrophische Gastritis
- partielle Gastrektomie
- Morbus Ménétrier (Hyperplastische Gastropathie)
- genetisch
Klinisches Bild / Anamnese
- Magenfrühkarzinome sind in aller Regel symptomlos.
- Symptome treten häufig erst bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Karzinomen auf:
- Dysphagie
- Dyspepsie
- Rezidivierendes Erbrechen
- Inappetenz
- Frühes Sättigungsgefühl
- Gewichtsverlust
- Zeichen einer gastrointestinalen Blutung und ggf. anämische Symptome
- Das Magenkarzinom kann mit unterschiedlichsten, primär kutanen, paraneoplastischen Syndromen einhergehen.
Anbei finden Sie einen Link zu einem Muster für die Anamneseerhebung. Die dort gelisteten Punkte geben Hinweise auf eine vollständige Anamnese, müssen aber nicht bei jedem Krankheitsbild einzeln aufgeführt werden.
Diagnostische Maßnahme
- Die Endoskopie ist die sensitivste und spezifischste diagnostische Methode.
- Die Diagnose des Magenkarzinoms sollte aus einer gastroskopisch oder chirurgisch gewonnenen Biopsie erfolgen, welche durch zwei erfahrene Pathologen beurteilt wird.
- Die Ausbreitungsdiagnostik (Staging) umfasst zumindest Laboruntersuchungen (Blutbild, Leber- und Nierenfunktionsparameter, Gerinnung, TSH) sowie ein CT Thorax/Abdomen/Becken mit Kontrastmittel.
Klassifikation
- Histologisch zeichnet sich das Magenkarzinom durch eine starke Heterogenität aus, oftmals existieren in einem Tumor mehrere unterschiedliche histologische Elemente, führend ist die Laurén Klassifikation:
- intestinaler Typ, ca. 54 %
- diffuser Typ, ca. 32 %
- unbestimmbar, ca. 15 %
- Die anatomische Klassifikation basiert auf den krankheitsspezifischen TNM-Kriterien, die in der UICC-Klassifikation in Stadien zusammengefasst werden (Onkopedia - UICC-Klassifikation).
- Eine Unterteilung in molekulare Subtypen hat derzeit noch begrenzte Auswirkungen auf die Auswahl der Behandlung.
Therapie / Prognose
- Jede initiale Behandlungsempfehlung sollte in einem qualifizierten multidisziplinären Tumorboard (Viszeralchirurgie, Medizinische Onkologie, Radioonkologie, Gastroenterologie, Radiologie und Pathologie) erarbeitet werden.
- Wann immer möglich, sollten die Patienten und Patientinnen im Rahmen von klinischen Studien therapiert werden.
- Die Behandlung erfolgt Stadien-adaptiert. Eine detaillierte Übersicht der derzeitigen Therapiekonzepte findet sich unter Onkopedia - Therapiekonzepte
- Die chirurgische Resektion (speziell auch mit extensiver Exstirpation der regionalen Lymphknoten aufgrund häufig frühzeitiger regionaler Metastasierung) stellt derzeit die einzige Möglichkeit zur kurativen Behandlung und damit die Standardtherapie für alle potenziell resektablen Magenkarzinome dar und wird ggf. durch eine primär perioperative Chemotherapie flankiert (Stadium IB – III).
- Im Stadium I beträgt die 10-Jahres-Überlebensrate etwa 60 - 70 %, im Stadium II bereits nur noch circa 30 - 40 %.
- Beim metastasierten Magenkarzinom (Stadium IV) liegt das mediane Gesamtüberleben trotz Chemotherapie nur bei etwa 12 Monaten, der Erhalt bzw. Verbesserung der Lebensqualität ist somit in dieser Gruppe ein wesentliches palliativmedizinisches Interventionsziel.