Deutsche Rentenversicherung

Chronisch obstruktive Lungenkrankheit

Krankheitsbild, Anamnese, Diagnostik, Therapie, Krankheitsverlauf und Prognose
Stand: 13.01.2025

 

Störungsspezifische Beschreibung

Eine pneumologische Begutachtung für die gesetzliche Rentenversicherung kann erforderlich werden, wenn ein Antrag auf eine medizinische oder berufliche Rehabilitation oder eine Rente wegen Erwerbsminderung mit einer Erkrankung der Lunge begründet wird. Sozialmedizinisch ist die chronisch obstruktive Lungenkrankheit [chronic obstructive pulmonary disease (COPD), chronic obstructive lung disease (COLD)] von besonderer Bedeutung, da sie sich am häufigsten unter allen Lungenerkrankungen auf das berufliche Leistungsvermögen der Versicherten auswirkt. Die COPD ist eine heterogene Lungenerkrankung, die durch respiratorische Symptome (Atemnot, Husten, Sputum-Produktion) charakterisiert ist, die wiederum auf pathologischen Veränderungen der Atemwege (Bronchitis, Bronchiolitis) und / oder der Alveolen (Lungenemphysem) beruhen, welche eine chronische, oft progressiv verlaufende, Atemwegsobstruktion verursachen.

Eine chronische Bronchitis ist durch dauerhaften Husten, in der Regel mit Auswurf über mindestens ein Jahr charakterisiert. Eine chronische obstruktive Bronchitis ist zusätzlich durch eine permanente Atemwegsobstruktion mit oder ohne Lungenüberblähung gekennzeichnet.

Die COPD ist eine multifaktorielle Erkrankung. Von zentraler Bedeutung ist eine chronische Entzündung im Bereich der kleinen Atemwege, die überwiegend durch inhalative Noxen ausgelöst wird. Dadurch kommt es zu Umbauprozessen der Atemwege, die zu einer strukturellen und funktionellen Obstruktion führen. Die Obstruktion beruht auf verschiedenen Mechanismen wie Remodeling, Parenchymverlust, bronchiale Instabilität, mukoziliäre Dysfunktion und eine unspezifische bronchiale Hyperreaktivität. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zudem über eine systemische Inflammation zur Entwicklung und Progression systemischer Auswirkungen. In der Folge entsteht eine zunehmende Fixierung der Obstruktion mit Bronchialkollaps bei forcierter Exspiration. Dies führt zu einer Überblähung der Lunge mit zunehmender Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit sowie zur ventilatorischen Verteilungsstörung. Das entstehende Lungenemphysem ist charakterisiert durch eine Abnahme der Gasaustauschfläche der Lunge und durch eine irreversible Erweiterung und Zerstörung der Bronchiolen. Im Verlauf der COPD kann sich eine pulmonale Hypertonieentwickeln. Ursache ist der durch eine hypoxisch bedingte Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Reflex) sich verringernde Querschnitt der pulmonalen Strombahn. Die dadurch anhaltende Druckerhöhung im Lungenkreislauf kann wiederum zu einer ständigen Rechtsherzüberlastung im Sinne des Cor pulmonale führen.

Die Risikofaktoren für die Entstehung einer COPD sind multifaktoriell und werden in exogene sowie endogene Faktoren unterschieden.

Rezidivierende bronchopulmonale Infekte führen oft zur akuten Exazerbation der COPD und beschleunigen somit dessen Progression. Die Exazerbation der COPD ist definiert als eine akute über mindestens zwei Tage anhaltende Verschlechterung der respiratorischen Symptome mit Notwendigkeit einer Intensivierung der COPD-Therapie. Der Exazerbation liegen eine entzündlich bedingte vermehrte Bronchokonstriktion und / oder Schleimproduktion mit Überblähung zugrunde. Klinisch kann sich dies durch eine Zunahme der Dyspnoe, des Hustens, des Sputumvolumens und -purulenz darstellen.

Tabelle: Exogene und endogene Faktoren bei einer COPD
 
Exogenen FaktorenEndogenen Faktoren
  • inhalativer Tabakkonsum und inhalativer Konsum alternativer Tabakprodukte wie Wasserpfeife, Tabakerhitzer und E-Zigaretten (auch passiv) sind mit fast 90 % die häufigste Ursache für die Entstehung einer COPD
  • berufsbedingte inhalative Noxen
  • Luftverschmutzung (z.B. Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2), Feinstaub)
  • alle Faktoren, die die Lungenentwicklung in Schwangerschaft und Kindheit hemmen (niedriges Geburtsgewicht, rezidivierende Infekte)
  • Tuberkulose
  • sozioökonomischer Status
  • Antikörpermangelsyndrome (z.B. IgA-Mangel)
  • Alpha-1-Proteinase-Inhibitor-Mangel, zilliäre Dyskinesie u.a.
  • bronchiale Hyperreaktivität
  • Störungen des Lungenwachstums
Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

 

Anamnese

Eine ausführliche Anamnese ist wesentlicher Bestandteil der initialen Diagnostik. In der folgenden Aufzählung werden orientierend diejenigen Punkte dargestellt, welche abgefragt werden sollten.

Störungsspezifische Anamnese

  • Zeitpunkt der Erstdiagnose
  • longitudinaler ärztlicher und individueller Verlauf der Erkrankung (lungenfachärztliche Betreuung, Krankenhausaufenthalte, Peak-Flow-Tagebuch)
  • Art, Dauer, Häufigkeit und Tagesrhythmik der Beschwerden
  • Die Schwere der Symptomatik einer COPD sollte strukturiert erfasst und beurteilt werden.
  • Häufigkeit von Exazerbationen mit und ohne Krankenhausaufenthalt (dafür existiert in Deutschland ein systematisch entwickelter Fragebogen MEP, bestehend aus leichtverständlichen Fragen, die mit ja oder nein beantwortet werden können)
  • B-Symptomatik
  • Risikofaktoren (endogen, exogen)
  • Arbeitsanamnese einschließlich Schadstoffexposition
  • Allergieanamnese
  • Lungenkrankheiten in der Familienanamnese
  • Angaben zu Asthma bronchiale, Allergien und andere Lungen- sowie Hals-Nasen-Ohren- Erkrankungen
  • extrapulmonale Komorbiditäten
  • gegenwärtige und frühere Medikation (unabdingbarer Bestandteil ist das Eruieren und Beraten hinsichtlich der Inhalationstechnik)
  • gegenwärtige und frühere nicht medikamentöse Therapieoptionen
  • gegenwärtige und frühere psychologische Maßnahmen
  • körperliche Aktivität, Ernährung, Lebensumstände, Vereinstätigkeiten / -sport, Hobbys

Anamnese des Tabakkonsums

  • Bei rauchenden Versicherten mit COPD spielt die Tabakentwöhnung bei der Therapie eine zentrale Rolle.
  • Da die Tabakabhängigkeit einer besonderen und gezielten Behandlung bedarf, ist deren Erfassung essenziell.
  • Der Fagerström-Test für Nikotinabhängigkeit (FTND) ist ein niederschwellig einsetzbarer und valider Test.
  • Aufgrund der hohen Prävalenz von Angst und / oder Depression als Komorbidität bei Patient*innen mit COPD besteht eine hohe Relevanz für eine frühzeitige Erfassung dieser Krankheiten. Dazu eignet sich der Gesundheitsfragebogen für Patienten (Patient Health Questionnaire-4 (PHQ-4)).

 
 

Diagnostische Maßnahmen

COPD-Diagnostik-Algorithmus

Der Algorithmus für die COPD-Diagnostik beginnt zunächst bei der systematischen Symptomerfassung, Anamneseerhebung sowie körperlichen Untersuchung und erstreckt sich weiter über die spirometrische Funktionsdiagnostik bis hin zum Ausschluss von Differentialdiagnosen.

Abbildung: Diagnostik-Algorithmus

Diagnostik-Algorithmus Diagnostik-Algorithmus

Quelle: Nationale VersorgungsLeitlinie COPD – Kurzfassung, 2. Auflage. Version 1, https://register.awmf.org/assets/guidelines/nvl-003k_S3_COPD_2024-12.pdf, letzter Aufruf: 10.06.2025.

Allgemeiner körperlicher Untersuchungsbefund

Die körperliche Untersuchung sollte in möglichst klinisch stabilem und infektfreiem Zustand erfolgen und unter Angabe der am Untersuchungstag eingenommenen Medikation.

Ärztliche Beobachtungen (Atemnot bei Bewegung, Auftreten von Husten oder pathologischen Atemmuster und -geräuschen) während der Untersuchung sind zu dokumentieren und in das Ergebnis der Begutachtung miteinzubeziehen. Sie können zur Plausibilitätsbeurteilung herangezogen werden. Ein weiterer wichtiger Bestandteil für die Untersuchung der Versicherten ist die Eruierung und Dokumentation des Umgangs mit den Inhalatoren sowie die Inhalationstechnik.

Körperliche Untersuchung

Tabelle: Körperliche Untersuchungen

Inspektion

AuskultationPerkussion
  • Gewicht, Größe, Hautkolorit
  • verlängerte Exspiration
  • Hypersonorer Klopfschall
  • Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
  • Giemen, Pfeifen und Brummen
  • verstrichene Supraklavikulargruben
  • abgeschwächtes Atemgeräusch bis hin zur "stummen Lunge"
  • Rippenverlauf waagerecht, Intercostalräume erweitert
  • Lungenüberblähung mit tiefstehenden Zwerchfellhälften
  • zentrale Zyanose
  • Verminderte Atemverschieblichkeit der Lungengrenzen
  • periphere Ödeme
  • Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel, Nikotinverfärbung der Finger(nägel)
  • Kachexie
  • Inspektion der gesamten oberen Atemwege

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Labordiagnostik

  • Differenzialblutbild (Eosinophile!)
  • BSG, CRP
  • Immunglobuline bei häufiger Exazerbation (auch IgE zur Abgrenzung Asthma bronchiale)
  • Alpha-1-Protease-Inhibitor (bei früher Manifestation einer COPD-Erkrankung)
  • erweiterte Diagnostik zum Ausschluss anderer Differenzialdiagnosen
  • Blutgasanalyse
    • Blutentnahme aus dem hyperämischen Ohrläppchen (nur in Ausnahmefällen arterielle Punktion)
    • Blutgasanalysen können in Ruhe und unter Belastung erfolgen, dabei sollte bei der Belastung ein steady state erreicht werden.
    • Die zu erreichenden Sollwerte für den arteriellen Sauerstoff Partialdruck sind altersabhängig.
    • Die zu erreichenden Sollwerte für den arteriellen Partialdruck von Kohlenstoffdioxid sind unabhängig vom Alter.

Tabelle: Normwerte Blutgasanalyse

Messwerte

Arterielle Blutwerte
Mann

Arterielle Blutwerte
Frau

Einheit

pH

7,37-7,45

7,37-7,45

 

pC02

4,7-6,1
35-46

4,3-5,7
32-42

kPa
mmHg

p02

9,5-13,9
71-104

9,5-13,9
71-104

kPa
mmHg

Aktuelles HC03

21-26

21-26

mmol/l

Base Excess

-2 - +3

2 - +3

mmol/l

Standardbicarbonat

21-26

21-26

mmol/l

Sauerstoffsättigung s02

95-98,5

95-98,5

%

Sauerstoffkonzentration ct02

180-230

180-230

ml/l

Quelle: Aus Labor und Diagnose 2000

Tabelle: Sollwerte für den Sauerstoffpartialdruck

altersabhängiger Sollwert für den Sauerstoffpartialdruck (pO2)

Normbereich

102 (mmHg) – 0,33 x Lebensjahre

95% -Bereich ∓ 10 mmHg

13,6 (kPa) – 0,044 x Lebensjahre

95% -Bereich ∓ 1,33 kPa

Quelle: Aus Labor und Diagnose 2000

Apparative Diagnostik

Tabelle: Übersicht Apparative Diagnostik
SonographieRöntgen ThoraxComputertomografieElektrokardiogramm
  • Rechtsherzbelastung
  • nicht zum Ausschluss der COPD geeignet
  • In der Basisdiagnostik gibt es keine primäre Relevanz.
  • Nachweis von Folgen der Erkrankung, wie z.B.: Rechtsherzbelastung
  • Rechtsherzfunktion
  • Nachweis von Krankheitsfolgen (Cor pulmonale)
  • Differenzialdiagnostisch bei akut relevanten Befunden im Röntgen (auch von Komorbiditäten) kann eine Computertomographie (CT) im Ausnahmefall notwendig werden
  • differentialdiagnostisch zum Nachweis anderer Ursachen der Dyspnoe (Tachykardien, KHK)
  • Beweglichkeit der Lunge
  • Differentialdiagnostisch bei Verdacht anderer, ggf. dringlich zu behandelnde, Ursachen der Symptomatik (z.B. Tumoren), welche vorrangig abzuklären wären.
  • Auch hier gilt die Notwendigkeit der Untersuchung anhand der Röntgenverordnung und aktueller Indikationskriterien streng zu prüfen.
  • Aktuelle Aufnahmen und Voraufnahmen sollten recherchiert werden, um eine Verlaufsbeurteilung zu gewährleisten.
  • Indikationsstellung zum Lungenkrebsscreening prüfen
  • Die Notwendigkeit zusätzlicher Röntgenaufnahmen für das Gutachten ist anhand der Röntgenverordnung und aktueller Indikationskriterien streng zu prüfen.
Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Lungenfunktionsdiagnostik


 

Spirometrie

Die Spirometrie ist die grundlegende Untersuchung bei jeglichen Ventilationsstörungen und dient daher zu deren Quantifizierung, von Lungenvolumina und Flussparametern. Ihre Vorteile liegen im minimalen methodischen Aufwand und der simplen Durchführung. Trotzdem ist die Untersuchung sowohl vom gesundheitlichen Zustand als auch von der Mitarbeit des Patienten abhängig, so dass diese Faktoren zu berücksichtigen und zu dokumentieren sind.

Für die detailliert beschriebene Durchführung einer Spirometrie sei auf die Deutsche Atemwegsliga oder die American Thoracic Society verwiesen. Zusammengefasst: Die Vorgaben, wie eine Spirometrie korrekt zu beurteilen ist, wurden 2005 international festgelegt. In Deutschland wurde 2015 die Leitlinie zur Spirometrie (Leitlinie der Deutschen Atemwegsliga, der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin) erarbeitet. Im Vergleich zu den bisherigen Messungen wurde neu definiert, dass von einer signifikanten Obstruktion gesprochen wird, wenn der Tiffeneau-Index unterhalb der 5. Perzentile liegt, die üblicherweise als Z-Score von -1,645 im automatisch generierten Protokoll angegeben wird.

Abbbildung: Perzentile und Z-Scores des Frequenzspektrums der Lungenfunktionsparameter der gesunden Referenzpopulation. Die spirometrischen Messparameter (hier als Beispiel FEV1) sind pathologisch, wenn sie einen Z-Score von geringer als –1,645 aufweisen, damit liegen sie unter dem 5. Perzentil, welches dem unteren Grenzwert (lower limit of normal, LLN). ULN = upper limit of normal.

Perzentile und Z-Scores des Frequenzspektrums der Lungenfunktionsparameter der gesunden Referenzpopulation Perzentile und Z-Scores des Frequenzspektrums der Lungenfunktionsparameter der gesunden Referenzpopulation

Quelle: Grafik aus der Leitlinie der Spirometrie 2015, Deutsche Atemwegsliga, S. 19

Dies bedeutet, dass 5 % der lungenphysiologisch gesunden Bevölkerung ein auffälliges Untersuchungsergebnis zeigen. Voraussetzung ist, dass die Software die modernen Global-Lung-Function-Initiative (GLI)-Normwerte enthält und die Patientendaten (Geschlecht, Alter, Größe,) eingegeben wurden. Die Festlegung des Schweregrades einer Obstruktion basiert auf dem Ausmaß der Minderung der FEV1 in Bezug auf den individuellen Normwert.

Die Mindestanforderung an die Durchführung einer Spirometrie umfasst das Sitzen mit Nasenklemme und mindestens drei (forcierte) Atemzüge. Anhand dieser drei sachgerecht in Folge durchgeführten Messungen kann die Reproduzierbarkeit geprüft werden.

Die Atemzüge werden registriert und in einem Koordinatensystem als Fluss-Volumen-Kurve und Volumen-Zeit-Kurve grafisch eingetragen. Darüber hinaus erfolgt zusätzlich die Angabe der einzelnen Absolutwerte im Vergleich zu den Sollwerten. Die spirometrischen Kurven sollten immer auf ihren dargestellten Verlauf und ihre Reproduzierbarkeit überprüft werden.

Dabei sind die wesentlichen Messwerte folgende:

Abbildung: Statische und dynamische Lungenfunktionsparameter und maximale exspiratorische Flüsse

Statische und dynamische Lungenfunktionsparameter und maximale exspiratorische Flüsse Statische und dynamische Lungenfunktionsparameter und maximale exspiratorische Flüsse

Abkürzungen: IRV = inspiratorisches Reservevolumen. ERV = exspiratorisches Reservevolumen, VT = Atemzugvolumen, FRC = Funktionelle Residualkapazität, TLC = Totale Lungenkapazität, IC = Inspiratorische Kapazität

Quelle: Grafik aus der Leitlinie der Spirometrie 2015, Deutsche Atemwegsliga, S. 10

Tabelle: Schweregradeinteilung der Atemwegsliga

Parameter

Einheit

Definition

Inspiratorische Vitalkapazität (IVC)

L

Atemvolumen, welches nach kompletter Exspiration maximal eingeatmet werden kann

Forcierte Vitalkapazität (FVC)

L

Atemvolumen, welches nach kompletter Inspiration forciert maximal ausgeatmet werden kann

Einsekundenkapazität (FEV)

L

Atemvolumen, welches nach maximaler Inspiration forciert in der ersten Sekunde ausgeatmet werden kann

Maximaler Spitzenfluss (PEF)

L x s-1

Spitzenfluss bei maximaler exspiratorischer Anstrengung

Maximaler exspiratorischer Fluss bei 25 % der FVC (FEF 25)

L x s-1

Maximale Atemstromstärke nach Ausatmung von 25 % der FVC

Maximaler exspiratorischer Fluss bei 50 % der FVC (FEF 50)

L x s-1

Maximale Atemstromstärke nach Ausatmung von 50 % der FVC

Maximaler exspiratorischer Fluss bei 75 % der FVC (FEF 75)

L x s-1

Maximale Atemstromstärke nach Ausatmung von 75 % der FVC

Mittlerer exspiratorischer Fluss zwischen 25 % und 75% der FVC (FEF25-75)

L x s-1

Mittlere Atemstromstärke nach Ausatmung von 25 % bis 75 % der FVC

Quelle: Grafik aus der Leitlinie der Spirometrie 2015, Deutsche Atemwegsliga

Messwerte aus früheren Untersuchungen sind in das Gutachten miteinzubeziehen und in einem longitudinalen Verlauf darzustellen, da gerade der intraindividuelle Vergleich der Messwerte aussagekräftiger sein kann als der Vergleich mit einem statistischen Kollektiv.

Einteilung der obstruktiven Ventilationsstörungen nach den Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

  • Definition: FEV1/ FVC < LLN (LLN = Z Score< -1,645 bzw. < 5. Perzentile)

Tabelle: Schweregradeinteilung

I

leicht

FEV1 > 60 % Soll

II

mittel

FEV1    40-60 % Soll

III

schwer

FEV1 < 40 % Soll

Quelle: Criée et al.: Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga zur Spirometrie, 2015, https://www.atemwegsliga.de/files/eigene-dateien/Lungenfunktion/2024-Vorlagen/1-Spirometrie.pdf, letzter Aufruf: 10.06.2025.

Tabelle: Graduierung der spirometrischen Funktionseinschränkungen bei Begutachtungen

Wenn FEV1/FVC < LLN (< 5. Perzentile)
FEV1


Einschränkung

≥85 % LLN

leichtgradig

< 85 % LLN und 55 % LLN

mittelgradig

< 55 % LLN

schwergradig

Quelle: https://www.atemwegsliga.de/files/eigene-dateien/Lungenfunktion/2024-Vorlagen/1-Spirometrie.pdf, letzter Aufruf: 10.06.2025.

Messungen vor und

  • 15 Minuten nach Inhalation eines Short- Acting Beta-2-Agonist (SABA) - bis zu 400 μg Salbutamol oder
  • 30 Minuten nach Inhalation eines Short-Acting Muscarinic-Antagonist (SAMA) - 160 μg Ipratropiumbromid oder
  • 30 Minuten nach Inhalation von SAMA plus SABA

 

Reversibilitätstest unter Kortikosteroidtherapie erfolgt nur in Ausnahmefällen

  • 4-6 Wochen mit hoher ICS-Dosis
  • alternativ: 14 Tage 20-40 mg Prednisolon oral

 

Verbessert sich dadurch die FEV1 um mindestens 200 ml und 12 %, liegt eine signifikante Reversibilität vor, welche als ein Hinweis auf Asthma bronchiale gewertet werden kann. Eine COPD kann dabei nur bei vollständiger Normalisierung der Obstruktion ausgeschlossen werden.

 

Kriterien für die Reproduzierbarkeit

  • Mindestens 3 akzeptierte Versuche.
  • Die Differenz zwischen dem größten und zweitgrößten Wert für die Einsekundenkapazität darf nicht mehr als 5 % und 150 ml betragen.
  • Die Differenz zwischen dem größten und zweitgrößten Wert für die forcierte Vitalkapazität darf nicht mehr als 5 % und 150 ml betragen.

 

Kriterien für die Akzeptanz

  • Der maximale exspiratorische Spitzenfluss soll innerhalb von 120 ms erreicht werden.
  • Exspirationszeit länger als 6 s
  • keine Artefakte (Husten, Leckagen)
  • Die Exspiration ist erst beendet, wenn das ausgeatmete Volumen ein Plateau erreicht hat, bzw. die Volumenänderung in der letzten Sekunde unterhalb von 25 ml bleibt
  • Das rückextrapolierte Volumen ist kleiner als 5% und 150 ml der Einsekundenkapazität, bzw. der forcierten Vitalkapazität.

 

Ganzkörperplethysmografie

Die Ganzkörperplethysmografie ist eine ergänzende Untersuchung zur Spirometrie, die von der Mitarbeit der Versicherten unabhängig ist. Die Aufzeichnung des Kammer- und des Alveolardrucks in der Plethysmografenkammer ergeben die Verschlussdruckkurve aus der das intrathorakale Gasvolumen (TGV) gemessen wird. Damit ergibt sich die Möglichkeit, das Residualvolumen (RV) und die totale Lungenkapazität (TLC) zu errechnen. Darüber hinaus kann der Atemwegswiderstand (Raw) über die Kammerdruckänderung bei Ein- und Ausatmung bestimmt werden. Die zeitsynchrone Aufzeichnung der Widerstandsverhältnisse in der In- und Exspirationsphase ergibt in einem Diagramm die Resistance-Schleife. Die Obstruktion ist durch eine zunehmende Neigung der Resistance-Schleife Richtung Horizontale charakterisiert. Eine keulenförmige Deformierung der Resistance-Kurve in der Exspirationsphase ist typisch für die Lungenüberblähung. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, den effektiven Atemwegswiderstand (Reff) und den spezifischen effektiven Atemwegswiderstand (sReff) zu bestimmen. Der unter Ruheatmung ermittelte Atemwegswiderstand lässt auf den Schweregrad der Obstruktion vorwiegend der zentralen Atemwege schließen. Der spirometrisch ermittelte Tiffeneau-Index repräsentiert hingegen eher die Obstruktion im Bereich der kleinen Atemwege. Da der Absolutwert der Resistance vom Lungenvolumen (abhängig von Alter und Größe) abhängig ist, kann bei einer kleinen Lunge ein erhöhter Resistance-Wert resultieren, obwohl keine Obstruktion vorliegt. Eine Volumenkorrektur ist bei Angabe der spezifischen Resistance (sRaw) berücksichtigt.

Auch bei nicht pathologischen FEV1 / FVC Werten kann so eine erhöhte funktionelle Residualkapazität gemessen werden, um damit die Diagnose des nicht obstruktiven Lungenemphysems zu stellen.

Abbildung: Beispiel einer Originalregistrierung der spirometrischen und bodyplethysmographischen Messparameter eines Gesunden

Beispiel einer Originalregistrierung der spirometrischen und bodyplethysmographischen Messparameter eines Gesunden Beispiel einer Originalregistrierung der spirometrischen und bodyplethysmographischen Messparameter eines Gesunden

Quelle:Abbildung nach Petro (1998) aus der Leitlinien für die sozialmedizinische Begutachtung, COPD (2010), S. 21

Tabelle: Graduierung der Resistance (Raw)

Raw in kPas/l

Erhöhung

Stufe

< 0,35

Keine

 

0,35-0,5

Leicht

I

0,5-1,0

Mittel

II

>1,0

Schwer

III

Quelle: nach Fischer 2003, Bezug auf Kroidl, Nowak, Seysen 2000

Tabelle: Graduierung der spezifischen Resistance (sRaw)

Raw in kPas/l

Erhöhung

Stufe

< 1

Keine

 

1-2

Leicht

I

2-4

Mittel

II

>4

Schwer

III

Quelle: Leitlinie für sozialmedizinische Begutachtung, COPD, 2000

Tabelle: Graduierung der Lungenüberblähung

Totalkapazität

Erhöhung

Stufe

< 120 % v. Soll

Keine

 

120-135 % v. Soll

Leicht

I

135-150 % v. Soll

Mittel

II

>150 % v. Soll

Schwer

III

Quelle: nach Nowak, Kroidl 2009

Diffusionskapazität für Kohlenstoffmonoxid

An der alveolären Membran findet der Gasaustausch zwischen Lunge und Blut statt. Dieser Gasaustausch (durch Diffusion) kann gemessen werden. Dabei wird eine definierte kleine Menge Kohlenmonoxid eingeatmet und nach kurzer Verweildauer wieder ausgeatmet. Dies bezeichnet man als Single-Breath-Methode. Das Kohlenmonoxid wird statt des Sauerstoffs an das Hämoglobin gebunden und kann im Gegensatz zu Sauerstoff nicht so schnell zurück diffundieren und ausgeatmet werden, da die Affinität zu Hämoglobin 300-fach stärker ist. Die CO-Aufnahme errechnet sich aus einer Konzentrationsdifferenz pro Zeiteinheit zwischen eingeatmetem und ausgeatmetem Kohlenmonoxid und wird als Transferfaktor (TLCO) beziehungsweise als Diffusionskapazität (DLCO) bezeichnet.

Wird dieser Wert auf das Alveolarvolumen bezogen, erhält man den Transfer - oder Diffusionskoeffizienten.

Aus dem Vergleich mit den bodyplethysmographisch bestimmten Lungenvolumen können weitere Rückschlüsse gezogen werden. Somit werden nicht nur die Diffusionseigenschaften der Lunge untersucht, sondern es zeigen sich gleichwohl auch Verteilungsstörungen. Auf diese Weise kann die Gasaustauschfläche abgeschätzt werden, die am Gasaustausch teilnimmt. Bei eingeschränkter Diffusionskapazität sollte via Blutgasanalyse der arterielle Partialdruck für Sauerstoff bestimmt werden, um zu eruieren, ob die Diffusionsstörung bereits für Sauerstoff relevant ist. Außerdem ist eine Belastungsuntersuchung (Spiroergometrie) zu empfehlen, um die alveolo-arterielle Sauerstoffdifferenz zu erfassen. Damit wird die Funktionsfähigkeit der Lunge gemessen und es ist ein semiquantitatives Maß für den physiologischen Rechts-Links-Shunt. Es werden immer mindestens zwei Messungen durchgeführt, wobei die Ergebnisse nicht mehr als 10 % voneinander abweichen sollen. Das eingeatmete Gasvolumen soll dabei mindestens 85 % der spirometrisch gemessenen Vitalkapazität betragen. Sowohl Tabakkonsum als auch eine Anämie beeinflussen die Messergebnisse

 

Tabelle: Graduierung der Diffusionskapazität bzw. des Transferfaktors

DLCO bzw. TLCO

Erhöhung

Stufe

>80 % v. Soll

keine

 

60-80 % v. Soll

leicht

I

50-60 % v. Soll

mittel

II

<50 % v. Soll

schwer

III

Quelle: nach Nowak, Kroidl 2009

Spiroergometrie

Die Spiroergometrie ist eine Kombinationsuntersuchung aus Ergometrie, Spirometrie und Blutgasanalyse. Über eine luftdicht abgeschlossene Atemmaske erfolgt unter ergometrischer Belastung eine kontinuierliche Messung der Sauerstoffaufnahme, der Kohledioxidabgabe, des Atemminutenvolumens und der Atemfrequenz. Die Spiroergometrie kann zur differentialdiagnostischen Abklärung und zur Prüfung der Belastbarkeit der Versicherten genutzt werden. Sie stellt bei der Begutachtung der COPD aber keine zwingend erforderliche Untersuchung dar. Die Durchführungs- und Auswertungskriterien sind der Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM)-Leitlinie Lungenfunktionsprüfung in der Arbeitsmedizin zu entnehmen. Zusammengefasst: Die Spiroergometrie sollte immer mit Blutgasanalysen kombiniert werden. Mit dieser Untersuchung lässt sich die atemmechanische Begrenzung anhand einer unter Belastung aufgezeichneten Fluss-Volumen-Kurve erkennen.

Es gibt zwei Arten von Belastungsprotokollen: Bei dem einen erfolgt die Belastung im Stufen-Verfahren und bei dem anderen im Rampen-Verfahren. Zur Beurteilung der Lungenfunktion wird eine stufenförmige Belastung empfohlen. Dabei wird das Steady-State des arteriellen Partialdruckes für Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid abgewartet. Somit sind die entnommenen Blutgase am Ende der vierminütigen Belastungsstufe repräsentativ für die definierte Belastung. Bei einer COPD (ohne schweres Lungenemphysem) kommt es aufgrund der Verteilungsstörung häufig zu einem Anstieg des Sauerstoffpartialdrucks unter Belastung.

Ein in Ruhe erniedrigter Sauerstoffpartialdruck, der sich unter ergometrischer Belastung normalisiert, spricht gegen eine Leistungseinschränkung. Eine Hyperventilation, die subjektiv als Dyspnoe empfunden wird, geht mit einem erniedrigten Partialdruck für Kohlenstoffdioxis (PaCO2-Wert) einher, der sich unter körperlicher Belastung normalisieren kann.

Auch hier gilt es zu beachten, dass die maximal erreichte Watt-Zahl von der Mitarbeit des Versicherten abhängig ist. Eine fehlende oder unzureichende Kooperation des Versicherten kann man jedoch gut mit dem respiratorischen Quotienten und dem Übergang von der aeroben zur anaeroben Stoffwechsellage erkennen.

Folgende Werte werden in Ruhe und unter Belastung erfasst:

  • Herzfrequenz und Herzrhythmus (EKG)
  • Blutdruck
  • Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe (anaerobe Schwelle)
  • ventilatorische Parameter (Flussvolumenkurve unter Belastung und in Ruhe, Atemzugvolumen, Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung)
  • arterielle Blutgase (Serumlaktatspiegel, Säure-Basen-Status, Alveo-arterielle Sauerstoffdruckdifferenz PA02-a02, Maximale Sauerstoffaufnahme V02max

Dabei sind V02max (maximale Sauerstoffaufnahme) und die anaerobe Schwelle die wichtigsten Parameter für die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Tabelle: Graduierung der Ergebnisse aus der Blutgasanalyse

PaO2 in mmHg

Erhöhung

PaCo2 in mmHg

> Soll

keine

<45

< 5 unter Soll

leicht

45-50

5-10 unter Soll

mittel

50-60

>10 unter Soll

schwer

>60

Quelle: Nach Kroidl,Nowak,Seysen 2000

Tabelle: Graduierung der ergometrischen Belastung

Maximalleistung

in Watt

Dauerbelastbarkeit

Körperliche Belastbarkeit

ca. 75 Watt

ca.1 Watt/kgKG

ca. 50 Watt

Leicht

>75-125 Watt

>1-1,5 Watt/kgKG

>50-75 Watt

Mittelschwer

>125-150 Watt

>1,5-2 Watt/kgKG

>75-100 Watt

Schwer

ab 150 Watt

> 2 Watt/kgKG

>100 Watt

Schwerst

Quelle: Nach Franz, 2003

Tabelle: Graduierung der Leistungsfähigkeit mittels der maximalen Sauerstoffaufnahme (Ludwigshafen-Schema)

Leistungsfähigkeit

(in Prozent des Sollwertes)

normal

> 85 %

leicht eingeschränkt

70-84 %

mittelgradig eingeschränkt

50-69 %

schwer eingeschränkt

<50 %

Quelle: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Experten/infos_fuer_aerzte/begutachtung/leitlinien_rehabeduerftigkeit_
khk_langfassung_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=1, letzter Aufruf: 10.06.2025.

Kontraindikationen für die Spiroergometrie kann eine fortgeschrittene Lungenfunktionsstörung sein, aber auch Erkrankungen, die keine intrathorakalen Druckerhöhungen tolerieren (Pneumothorax, Gefäßaneurysmen, schwere Hypertonie).

 

6-Minuten-Gehtest

Der 6-Minuten-Gehtest ist vor allem zur Verlaufsbeurteilung der COPD hilfreich. Für die korrekte Durchführung sei auf die Empfehlungen der American Thoracic Society verwiesen.

Der Untersucher lässt den Patienten 6 Minuten über einen steigungslosen Rundkurs oder einen Gang von mindestens 30 Meter Länge laufen. Innerhalb von 6 Minuten ist eine möglichst weite Strecke zu schaffen. Richtungswechsel sind zu vermeiden, da sie das Ergebnis verfälschen können. Laufen, Tempoänderungen und Pausen sind hingegen erlaubt.

Der Test ist nicht primär für die Messung des Gasaustausches validiert worden, kann aber hierfür sehr hilfreich sein. Ein Abfall des arteriellen Partialdruckes für Sauerstoff in der Blutgasanalyse ist ein Zeichen für eine Diffusionsstörung.

Tabelle: Auswertung 6-Minuten-Gehtest

 

6MGS

6MGS
unterer Bereich

Lerneffekt
Wiederholung

Pneumologische Rehabilitation

Gesunde 40 Lj.

600

400

0-40

 

Gesunde 80 Lj.

400

250

0-40

 


leicht COPD

300

200

30-90

+0-50

mittel COPD

250

150

25-75

 

schwer COPD

200

100

20-60

 

MGS=Meter-Gehstrecke, Lj=Lebensjahre

Quelle: https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/s-2002-33850.pdf, letzter Aufruf: 10.06.2025.

COPD-Bewertung (Assessment)

Unverändert und international anerkannt wird die COPD-Diagnose nach klinischen und spirometrischen Kriterien gestellt.

Grenzwerte nach GOLD

Bei den internationalen GOLD-Empfehlungen wird eine obstruktive Ventilationsstörung weiterhin über eine altersunabhängige Reduktion des postbronchodilatatorischen FEV1/FVC-Quotienten < 70 % definiert. Bei den zur Bezugsrechnung benutzten Sollwerten handelt es sich um die sogenannten EGKS-Werte (Europäische Gesellschaft für Kohle und Stahl).

Gold 2023 ändert hingegen die Risikobewertung: die ursprüngliche Vierfeldertafel wurde verlassen und die Risikogruppen C und D wurden jetzt durch die Risikogruppe E (Exazerbation) ersetzt. Diese Einteilung soll zur besseren Bewertung des Risikofaktors Exazerbationshäufigkeit und -schwere dienen und deren klinische Relevanz unabhängig von der Symptomschwere hervorheben.

Abbildung: COPD-Bewertung nach GOLD 2017

COPD-Bewertung nach GOLD 2017 COPD-Bewertung nach GOLD 2017

Quelle: https://www.universimed.com/ch/article/pneumologie/gold-aktualisierte-empfehlungen-fuer-das-management-der-copd-2101148, letzter Aufruf: 10.06.2025.

Grenzwerte nach der deutschen Atemwegsliga

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und die Deutsche Atemwegsliga empfehlen eine neue Grenzwertdefinition zur Diagnose und Schweregradeinteilung der COPD. Die neue untere Normgrenze wird nun als LLN bezeichnet (Lower Limit of Normal). Das LLN entspricht der 5. Perzentile der neuen Sollwerte. Die Global Lung Function Initiative publizierte 2012 diese neuen spirometrischen Referenzwerte. Diese spirometrisch erhobenen Werte gesunder Probanden zeigen annäherungsweise eine Normalverteilung. Daraus ergibt sich mathematisch die 5. Perzentile, die dem Soll-Mittelwert -1,645 multipliziert mit der Streuung entspricht.

Bei den neuen Sollwerten handelt es sich um die sogenannten GLI-Werte. In 72 Zentren aus 33 Ländern wurden Messergebnisse in die Datenbank der GLI gespeist, in der sich qualitätsgeprüfte Messdaten von annähernd 75.000 gesunden, nichtrauchenden Personen im Alter zwischen 3 und 95 Jahren befinden (s.a. http://www.lungfunction.org). Damit wird ein deutlich breiterer Altersbereich abgedeckt, als es bei den Daten der EGKS der Fall war. Ferner wurden ein höherer Anteil von Frauen als bei EGKS berücksichtigt sowie neben der kaukasischen Bevölkerung auch andere ethnische Gruppen. Basierend auf umfangreichen Messdaten wurden Formeln entwickelt, mit denen sich die Werte für die unterschiedlichen Funktionsparameter mittel Software berechnen lassen (Quanjer et al. 2012). Die klinische Schweregradbeurteilung ergibt sich weiterhin aus der Einschränkung der FEV, ausgedrückt in Prozent des Sollwertes. Allerdings sind den neuen Sollwerten die GLI-Werte (vor Bronchodilatation) zugrunde gelegt.

Auch die European Respiratory Society und die American Thoracic Society raten dringend von dem Grenzwert von 70 % für das FEV1/FVC Verhältnis ab. Der Prozentsatz des vorher gesagten Wertes berücksichtigt nicht die beobachtete altersbedingte Veränderung der Messvariabilität. Die Einfachheit dieser Grenzwerte hat dazu geführt, dass ihre Anwendung im gesamten Altersspektrum zur systemischen Fehlinterpretation der Ergebnisse geführt hat. Es erfolgte eine systematische Überdiagnostik bei älteren Patienten und eine damit einhergehende Unterdiagnostik bei jüngeren Patienten. Falls die derzeitigen Geräte eine automatische Berechnung der GLI-Werte nicht ermöglichen, gibt es die Option, die Referenzwerte und die untere Sollwertgrenze über die Homepage www.lugfunction.org eigenständig zu berechnen.

Ausblick auf ein kombiniertes Assessment nach Criée

Diese Modifikation der Klassifikation stellt eine Möglichkeit dar, das Diagnosekriterium anhand der neuen GLI-Sollwerte zu nutzen und dies mit der Schweregradeinteilung nach GOLD zu kombinieren, da diese das Exazerbationsrisiko und die Intensität der Symptome inkludiert.

Abbildung: Die COPD-Klassifikation modifiziert nach Criée et al

Ausblick auf ein kombiniertes Assessment nach Criée Ausblick auf ein kombiniertes Assessment nach Criée

Quelle: nach Criée C-P et al. Leitlinie zur Spirometrie… Pneumologie 2015; 69: 1-18, nicht  in der COPD-LL enthalten

Differentialdiagnostik

Die häufigsten Komorbiditäten im Rahmen einer COPD sind:

  • Tabakabhängigkeit
  • kardiovaskuläre Erkrankungen:
    • arterielle Hypertonie
    • KHK
    • Herzrhythmusstörungen
    • Herzinsuffizienz
    • periphere arterielle Verschlusskrankheit
  • metabolisches Syndrom/Diabetes/ Adipositas
  • Angststörung und Depression
  • Lungenkarzinom
  • pulmonale Hypertonie

Die wichtigste Differentialdiagnose bei der Diagnosestellung einer COPD ist das Asthma bronchiale. Chronisch obstruktive Bronchitis und Asthma bronchiale sind Krankheiten mit unterschiedlicher Pathogenese, Therapie und Prognose. Mitunter kann es zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung kommen und zusätzlich können beide Krankheiten auch nebeneinander auftreten.

Tabelle: Vergleich COPD und Asthma bronchiale

Merkmal

Asthma

COPD

Familienanamnese

positiv

-

Tabakkonsum

kein Kausalzusammenhang

direkter Kausalzusammenhang

Atemnot

anfallsartig, wechselnd, Auslöser getriggert

Atemnot bei Belastung

Verlauf

variabel, episodisch

Progredient

Allergie

häufig

kein Kausalzusammenhang

Obstruktion

variabel, reversibel, oft aktuell nicht vorhanden

immer nachweisbar

DLCO

meistens normal

meistens erniedrigt

FeNo

oft erhöht

normal bis niedrig

Reversibilität der Obstruktion

Ja

nein

Überempfindlichkeit der Atemwege

Ja

ja

Quelle: COPD-Leitlinie, 2018


 

Therapie

Trotz intensiver klinischer Forschung ist die COPD bis dato nicht heilbar. Die Ziele einer Therapie sind somit vorrangig das Fortschreiten zu stoppen oder zu minimieren, um eine möglichst hohe Lebensqualität zu erreichen. In diesem Sinne sollte, durch eine Optimierung des gesamten Gesundheitszustandes und eine Reduktion der aktuellen Symptome, die Belastbarkeit des Versicherten verbessert werden. Ein weiteres Ziel stellt die Prävention von Exazerbationen, Komplikationen und Begleiterkrankungen dar.

Um diese Ziele umzusetzen, stehen multiple nicht-medikamentöse und medikamentöse Therapieoptionen zur Verfügung.

Nicht-medikamentöse Behandlung

Tabakentwöhnung

Die Tabakabhängigkeit ist die häufigste Komorbidität der COPD und hat einen negativen Effekt auf den Verlauf der Erkrankung. Das Angebot einer Entwöhnungsbehandlung zeigt allen Betroffenen eine konkrete Handlungsoptionen auf. Eine relevante Verbesserung der COPD kann nur mit totaler Tabakabstinenz erreicht werden. Des Weiteren hat die Tabakabstinenz auch in Bezug auf allgemeine Gesundheitsparameter einen zu erwartenden hohen Nutzen. Es sollte eine kombinierte Therapie aus Verhaltenstherapie und medikamentöser Entzugssyndrom-Behandlung empfohlen und angeboten werden. Um dem Risiko der Stigmatisierung und Frustration bei nicht Erreichen des Therapieziels bestmöglich entgegenzuwirken, ist eine nicht direktive und wertschätzende Unterstützung des Versicherten wichtig.

Medikamentöse Unterstützung des Nikotinentzuges:

  • Nikotinersatztherapie mit Nasenspray, Kaugummi, Pflaster (untereinander auch kombinierbar)
  • Bupropion: 12 Monate Therapie (ebenfalls mit Nikotinersatzmitteln kombinierbar)
  • Vareniclin: partieller Nikotinagonist, 12 bis 24 Wochen Therapiedauer

Körperliches Training

Unabhängig vom Krankheitsstadium hat körperliches Training einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung. Alle Betroffenen sollten hierüber aufgeklärt werden. Ängste / Barrieren (Angst vor Dyspnoe, psychische Störungen, Übergewicht) sollten aktiv angesprochen und gegebenenfalls gemeinsam nach Lösungsansätze gesucht werden.

  • Die wesentlichen Komponenten sind Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination.
  • Bei schwerer Beeinträchtigung ist ein Intervalltraining mit Pausen möglich.
  • Teilnahme an ambulanten Lungensportgruppen.

Atemphysiotherapie

Die Atemphysiotherapie zielt auf die Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung der normalen Atemfunktion ab. Außerdem soll die Sekretelimination verbessert und der Husten reduziert werden. Es existieren eine große Zahl an Interventionsmöglichkeiten. Die wichtigsten Empfehlungen sind bei der Deutschen Atemwegsliga beschrieben:

  • Schulung der Atemwahrnehmung und willkürliche Atmungskontrolle
  • Anwendung von PEEP-Geräten (Positive End Expiratory Pressure)
  • Manuelle-, thermische- und Bewegungs- Reize
  • Aufbau der Atemhilfsmuskulatur

Schulungen in Selbsthilfetechnik bei Atemnot sind dabei ein essenzieller Teil der Therapie:

  • Lippenbremse
  • Oberkörpervorneigung (Kutschersitz)
  • Abstützen der Arme auf den Knien (Torwartstellung)

Ernährung

Für eine krankheitsbedingte Gewichtsabnahme im Rahmen einer COPD-Erkrankung gibt es eine 2008 formulierte Konsensdefinition für Kachexie.

  • Gewichtsverlust von mehr als 5 % in 12 Monaten oder
  • BMI unter 20 kg / m² und zusätzlich
  • 3 von 5 der folgenden Kriterien: verringerte Muskelkraft, Müdigkeit, Magersucht, niedriger FFMI (Fat Free Mass Index) und erhöhte Entzündungswerte.

Eine COPD, welche mit Kachexie vergesellschaftet ist, zeigt eine dreifach erhöhte Mortalität. Aufgrund dessen sollte eine hochkalorische Nahrungsergänzung zur Erhöhung des Körpergewichts empfohlen werden. Zur Gewichtsförderung haben sich der Einsatz mehrerer kleiner Mahlzeiten am Tag sowie das Aufnehmen von fester Nahrung vor dem Trinken bewährt. Sowohl untergewichtigen als auch adipösen Patienten mit COPD sollte eine Ernährungsberatung angeboten werden. Bei ungewolltem Gewichtsverlust muss dringend die differenzialdiagnostische Abklärung erfolgen.

Ergotherapie und Hilfsmittelberatung

Ziel dabei ist es, die Selbstversorgung, Produktivität und Gestaltung der persönlichen Umwelt zu stärken und damit die gesellschaftliche Teilhabe zu verbessern und die Lebensqualität deutlich zu erhöhen. Ergotherapeutische Maßnahmen müssen hierfür individuell angepasst und ressourcenorientiert eingesetzt werden.

Dabei kann der ergotherapeutische Effekt sowohl auf Körperfunktionen als auch auf Aktivitäten, Teilhabe oder Kontextfaktoren ausgerichtet sein:

  • gemeinsame Betrachtung konkreter Alltagsaufgaben (z.B. Einkaufen)
  • Erarbeiten von Anpassung des Arbeitsplatzes oder der häuslichen Umgebung (z.B. Anpassung zeitlicher Abläufe an die Belastbarkeit)
  • Hilfsmittelberatung, um Gefahrenquellen zu vermeiden (z.B. Stolpergefahr durch Sauerstoffschläuche)
  • den regelmäßigen Einsatz der Atemtechnik integrieren und üben

Rehabilitation

Die pneumologische Rehabilitation bei COPD ist ein evidenzbasiertes, interdisziplinäres, multimodales Maßnahmenpaket. Wichtige nicht-medikamentöse Therapiekomponenten sind dabei die oben genannten: Patientenschulung, medizinische Trainingstherapie, Atemtherapie, Physiotherapie, Ergotherapie, Hilfsmittelberatung, psychologische Hilfen, Ernährungsberatung, Tabakentwöhnung sowie Sozial- und Berufsberatung. Zudem erfolgt regelhaft eine Überprüfung und gegebenenfalls Optimierung der medikamentösen Therapie.

Impfschutz

  • Influenzaschutzimpfung jährlich
  • Pneumokokkenschutzimpfung
  • Sonst Impfempfehlungen laut STIKO (Ständige Impfkomission)

Medikamentöse Behandlung

Das medikamentöse Schema richtet sich nicht nach der Schweregradeinteilung, sondern nach der Symptomstärke und Exazerbationshäufigkeit.

Abbildung: Das Therapieschema bei COPD beginnend mit nicht-medikamentösen Maßnahmen

Medikamentöse Langzeitbehandlung Medikamentöse Langzeitbehandlung

Quelle: Nationale VersorgungsLeitlinie COPD – Kurzfassung, 2. Auflage. Version 1, https://register.awmf.org/assets/guidelines/nvl-003k_S3_COPD_2024-12.pdf, letzter Aufruf: 10.06.2025.

Allgemeine Informationen zu Inhalationssystemen

  • Inhalationssysteme werden unterschieden in Dosieraerosole, Pulver-Inhalatoren, Sprühvernebler und elektrische Vernebler zur Feuchtinhalation.
  • Es ist wichtig, die individuellen Fähigkeiten und Präferenzen zu berücksichtigen
  • Schwierigkeiten in der Handhabung sind kein Grund für eine orale Applikation.
  • Die aktive Aerosolerzeugung erfordert eine forcierte Einatmung.
  • Je größer der Gerätewiderstand, umso größer ist der Druckabfall im Inhalator und umso geringer der Beitrag der Atemstromstärke für eine hinreichende Aerosolqualität.
  • Umgekehrt erfordern Systeme mit geringem Gerätewiderstand und einem geringen Druckabfall hohe Flussraten, die Personen mit schlechter Lungenfunktion oft nicht erreichen.
  • Dem steht die subjektive Wahrnehmung entgegen: Versicherte empfinden Systeme mit geringem Widerstand als angenehmer und der Gebrauch von Systemen mit hohem Widerstand wird als anstrengend wahrgenommen.

Bronchodilatatoren

Zunächst erfolgt in diesem Unterkapitel eine kurze Übersicht zu den Möglichkeiten der medikamentösen Therapie. Danach wird diese in Bezug zu dem aktuellen Stufenschema der COPD-Therapie gesetzt. Die Wirkstoffe der Basistherapie sind zunächst die kurzwirksamen Bronchodilatatoren als Inhalationstherapie, welche als Bedarfsmedikation genutzt werden. In der nächsten Stufe wird dann eine Dauertherapie mit den langwirksamen Bronchodilatatoren als Inhalation durchgeführt. Unterschieden wird in beiden Gruppen in die Muskarin-Rezeptorantagonisten und die Beta-2-Rezeptoragonisten.

 

Tabelle: Kurzwirksame Substanzen

Substanz/ Wirkstoff

Handelsname

Nebenwirkungen

short-acting muscarinic antagonists (SAMA

Ipratropiumbromid

Mundtrockenheit, Harnverhalt bei Prostatahyperplasie, Anstieg Augeninnendruck bei Glaukom

short-acting beta-2-agonist (SABA

Feneterol, Salbutamol, Terbutalin

Palpitationen, Tremor, Herzrhythmusstörungen, Hypoglykämie 

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund
Tabelle: Langwirksame Substanzen

Substanz/ Wirkstoff

Handelsname

Nebenwirkungen

long-acting muscarinic antagonists (LAMA)

Aclidinum (12 Stunden wirksam)

Glycopyrronium, Tiotropium, Umeclidinium (24 Stunden wirksam)

Mundtrockenheit, Harnverhalt bei Prostatahyperplasie, Anstieg Augeninnendruck bei Glaukom

long-acting beta-2-agonist (LABA)

Formeterol, Salmeterol (12 Stunden wirksam)

Indacaterol, Olodaterol, Vilanterol (24 Stunden wirksam)

Palpitationen, Tremor, Herzrhythmusstörungen, Hypoglykämie

 

Quelle: Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Kortikosteroide als Zusatzmedikation

Inhalative Kortikosteroide (ICS)

  • begrenzte Effekte auf pulmonale und systemische Entzündungsreaktion bei COPD
  • Einsatz auf spezielle Situationen begrenzt, wenn eine duale Bronchodilatation nicht mehr ausreicht
  • Als Monotherapie kontraindiziert
  • Nebenwirkungen: Pneumonie, Hautatrophie, Einblutungen

Systemische Kortikosteroide

  • Nur für begrenzte Zeiträume innerhalb einer Exazerbation, maximal 14 Tage

Adjuvante Medikation

Tabelle: Adjuvante Medikation
TheophyllinMedikamentöse Prophylaxe mit Phosphordiesterase-4-Inhibitor (Roflumilast)Dauertherapie mit Antibiotika
  • Aufgrund schwerer Nebenwirkungen Mittel der letzten Wahl
  • Exazerbationsprophylaxe als orale Zusatztherapie
  • Als Add-on zur inhalativen Therapie zur Senkung der Exazerbationsrate bei Besiedlung mit Pseudomonas aeruginosa
  • Schwachwirksamer Bronchodilatator
  • Nebenwirkungen: gastrointestinale Störungen, Gewichtsabnahme, Kopfschmerzen
  • Azithromycin mit 250 mg / Tag oder Erythromycin mit 2 x 500 mg / Tag oral
  • Nebenwirkungen: Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Schlafstörungen, Muskelkrämpfe, gastrointestinale Störungen
  • Nebenwirkungen: Resistenzen, Hörverlust, Herzrhythmusstörungen, gastrointestinale Beschwerden
  • Eine Langzeitbehandlung mit Makroliden länger als 12 Monate wird gegenwärtig nicht empfohlen
Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Fortsetzung der Tabelle: Adjuvante Medikation
Substitutionstherapie bei Alpha-1-Proteaseinhibitor-MangelMukolytikaAntitussiva
  • Bei angeborenem homozygotem Mangel
  • ACC, Ambroxol und Cineol
  • Bei nächtlichem Reizhusten: Codein (30-60 mg) oder Dihydrocodein (20-30 mg)
  • Zur Verlangsamung der Emphysem-Progredienz wöchentliche i.v. Applikation
  • Relative Indikation bei viel viskösem Sekret, Effekt meist gering
  • Additiver Effekt der atemdepressiven Wirkung bei Patienten mit Hyperkapnie
  • Nur unter strikter Nikotinkarenz
  • Eine Einnahme länger als 3 Wochen wird nicht empfohlen
Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Stufentherapie

Die medikamentösen Therapieempfehlungen richten sich nicht nach der Schweregradeinteilung (basierend auf der FEV1), sondern nach den bestehenden Symptomen und dem Exazerbationsrisiko.

Tabelle: Stufentherapie der COPD

Gruppe A

Gruppe B

Gruppe C und D (nach Gold 2023 zusammengefasste Gruppe E)

  • Keine medikamentöse Dauertherapie, falls keine Beschwerden vorliegen
  • Zunächst LAMA oder LABA
  • LABA + LAMA
  • Zunächst Bedarfsmedikation mit SABA und / oder SAMA
  • Bei unzureichender Wirkung: Kombination LABA und LAMA
  • Bei häufigen Exazerbationen: Eskalation zur Triple-Therapie LAMA+LABA+ICS
  • Bei unzureichender Wirkung: Basismedikation mit LABA oder LAMA
  • Falls sich darunter Exazerbationen nicht minimieren: ICS wieder absetzen
  • Bei FEV1 unter 50 % und chronischer Bronchitis: Roflumilast
  • Keine generelle Empfehlung für Makrolide
Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Operative Behandlung

Tabelle: Operative Behandlung
LungenvolumenreduktionLungentransplantation
  • Durch operative Lungenvolumenreduktion (LVRS), endoskopische Lungenvolumenreduktion mit endobronchialer Ventilapplikation, Coils oder thermische Dampfablation
  • Die COPD ist die häufigste Indikation für eine Lungentransplantation
  • Zur Steigerung der Effizienz der Atemmuskulatur, der Belastbarkeit und Linderung der Dyspnoe
  • Altersgrenze etwa 65 Jahre
  • Erst nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen einschließlich der Rehabilitation
  • Erst wenn alle anderen Therapieverfahren ausgeschöpft sind (Langzeitsauerstoff, non-invasive Beatmung, Rehabilitation)
  • Das Residualvolumen muss bei 175 % > des Solls liegen und die FEV1 < 45 % sein
  • Vorstellung in Transplantationszentrum zur Evaluation
  • Kontraindikationen sind eine Hyperkapnie > 55mmHg, eine Kohlenstoffmonoxid-Diffusionskapazität < 20 % und diverse Komorbiditäten (z.B.: instabile KHK, schwere Adipositas, pulmonaler Hypertonus)

Quelle: Eigene Darstellung, Deutsche Rentenversicherung Bund

Therapie der respiratorischen Insuffizienz

  • Die Diagnose der respiratorischen Insuffizienz, welche partial oder global sein kann, wird auf Grundlage der Blutgasanalyse gestellt.
  • Eine Partialinsuffizienz liegt bei reduzierten Sauerstoffpartialdrücken im Blut vor, während die Partialdrücke für Kohlenstofftdioxid noch im Normbereich sind.
  • Die Partialinsuffizienz beruht meist auf einer reduzierten Gasaustauschfläche, sodass nicht mehr genügend Sauerstoff über die Lunge aufgenommen werden (paO2 < 55 mmHg) kann. Hier wäre die erste Therapieoption die Langzeitsauerstofftherapie (LTOT), welche über mindestens 15 Stunden täglich erfolgen sollte.
  • Eine Globalinsuffizienz stellt sich ein, wenn der Sauerstoffpartialdruck im Blut sinkt und der Partialdruck für Kohlenstoffdioxid steigt.
  • Bei der Globalinsuffizienz handelt es sich um eine Einschränkung der gesamten Atempumpe, bei der nicht mehr genügend CO2 eliminiert werden (PaCO2 > 53 mmHg) kann. Hier bleibt als Therapieoption nur noch die Beatmung.
  • Bei der Beatmung unterscheidet man die invasive außerklinische Beatmung über eine Trachealkanüle und die nicht-invasive außerklinische Beatmung über eine Maske.
  • Bei der nicht-invasiven Beatmung wird meist ein intermittierender im Modus von mindestens 6 Stunden täglich gewählt, vorwiegend während des Nachtschlafes.

 
 

Krankheitsverlauf und Prognose

Der Krankheitsverlauf und die Prognose der COPD sind abhängig von der bereits bestehenden Ausprägung der Erkrankung, der begleitenden Komorbiditäten und vor allem von der Compliance der Betroffenen. Mit einer COPD-Erkrankung verringert sich die durchschnittliche Lebenserwartung um ca. 5 - 7 Jahre. Dese Prognose kann aber mit einer optimalen Therapie und konsequentem Selbstmanagement wieder verbessert werden. Auch mögliche Komplikationen wie Atemwegsinfekte, Lungenentzündungen und das Cor pulmonale können durch eine geeignete Behandlung und Prävention weitgehend vermieden werden. In langen Phasen kann sich die Verengung der Bronchien noch als reversibel erweisen. Bei der COPD sinkt die Einsekundenkapazität jährlich um etwa 30 ml. Wenn das Rauchen fortgeführt wird, sinkt dieser Wert sogar um 90 ml / Jahr ab. Um die gewohnte Lebensqualität möglichst langfristig zu erhalten, sollten vor allem die nicht-medikamentösen Therapieempfehlungen ausgeschöpft werden. Hierbei kann eine medizinische Rehabilitation umfassend unterstützen und den pulmonalen Gesamtstatus positiv beeinflussen.

Es ist dennoch zu berücksichtigen, dass obstruktive Lungenkrankheiten sehr unterschiedlich verlaufen und das neben dem Krankheitsverständnis und der Compliance auch das Ansprechen auf Pharmaka die prognostische Einschätzung wesentlich beeinflussen kann. Zusätzlich ist auch die (frühere) Exposition mit Noxen (beruflich, Rauchen) für die Prognose des Krankheitsverlaufes bedeutsam.